25.08.2023

Gefährdungsbeurteilung einfach erklärt – von der Definition bis zur Erstellung

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein grundlegendes Verfahren, um Gefährdungen zu erkennen, zu bewerten und entsprechende Schutzmaßnahmen zu definieren. In unserem Beitrag erfahren Sie mehr über die rechtlichen Hintergründe und wir zeigen Ihnen, wie Sie bei der Erstellung von Anfang bis Ende vorgehen.

Gefährdungsbeurteilungen - das sollten Sie als Arbeitgeber wissen

Definition: Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?

Kurz und knapp: Eine Gefährdungsbeurteilung (Abkürzung: GBU) ist ein Instrument im Arbeitsschutz. Hier sollen Unternehmen Gefährdungen erfassen, analysieren und kontrollieren, die bei einem Arbeitsplatz oder bei einer Tätigkeit auftreten. Ziel einer umfassenden Gefährdungsbeurteilung ist die Prävention von Unfällen und Berufskrankheiten. Denn: Wenn Unternehmen bestehende Gefahren erkennen, können sie geeignete Maßnahmen entwickeln und so Gefährdungen abwenden.

Achtung: Im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung tauchen die Begriffe „Gefahr“ und „Gefährdung“ häufig auf. Obwohl sie ähnlich klingen, haben sie jedoch unterschiedliche Bedeutungen: Eine Gefahr ist eine potenzielle Quelle von Schaden oder Verletzung. Eine Gefährdung ist die Möglichkeit, dass diese Gefahr eintritt und das Ausmaß des möglichen Schadens. Was bedeutet das konkret? Wir veranschaulichen es mit einem Beispiel:

Beispiel in einer Gefährdungsbeurteilung:

Die Exposition gegenüber einer giftigen Chemikalie ist eine Gefahr, da sie bei Kontakt Gesundheitsschäden verursachen kann. Die Gefährdung durch die genannte giftige Chemikalie hängt von Faktoren wie der Konzentration der Chemikalie, der Dauer der Exposition und den vorhandenen Schutzmaßnahmen ab.

Rechtliche Grundlage

Die Notwendigkeit für Gefährdungsbeurteilungen im Arbeitsschutz entsteht durch den Gesetzgeber. Im Folgenden schlüsseln wir Ihnen die rechtlichen Hintergründe zu Gefährdungsbeurteilungen im Arbeitsschutz auf.

Rechtliche Grundlagen aus dem Arbeitsschutzgesetz

Schauen wir uns zunächst die rechtliche Basis jeder Gefährdungsbeurteilung an. Es ist § 5 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) und dort heißt es:

(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.

(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.

(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch

    1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
    2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
    3. Gestaltung, Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln sowie vor allem durch den Umgang mit Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen,
    4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
    5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
    6. psychische Belastungen bei der Arbeit.

Achtung: In alten Dokumenten ist die Rede von Gefährdungsanalyse. Der Begriff wird heute nicht mehr synonym mit Gefährdungsbeurteilung verwendet, sondern bezieht sich auf die erste Phase der Durchführung einer Gefährdungsanalyse.

Rechtliche Grundlagen aus der Betriebssicherheitsverordnung

Konkretisiert werden die Vorgaben zur Gefährdungsbeurteilung in einer Reihe von Vorschriften, wie im Arbeitssicherheitsgesetz, in zahlreichen Verordnungen, in technischen Regelwerken zu den Verordnungen im Arbeitsschutz sowie in den Vorschriften der Unfallversicherungsträger.

An dieser Stelle soll außerdem ein besonderes Augenmerk auf die Betriebssicherheitsverordnung und ihre Bedeutung für die Gefährdungsbeurteilung gelegt werden. Gemäß § 3 BetrSichV hat der Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG unter Berücksichtigung der Anhänge 1 bis 5, des § 7 GefStoffV und der allgemeinen Grundsätze des § 4 ArbSchG die notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel zu ermitteln.

Deshalb hat er sämtliche Gefährdungen zu berücksichtigen, die mit der Benutzung des Arbeitsmittels selbst verbunden sind. Großen Einfluss haben folgerichtig auch die Risiken am Arbeitsplatz, die durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander oder mit Arbeitsstoffen oder der Arbeitsumgebung hervorgerufen werden.

Wussten Sie schon: Rechtssichere Gefährdungsbeurteilungen können Sie einfach und komfortabel mit der innovativen Software „Gefährdungsbeurteilungen plus“ erstellen. Machen Sie den kostenlosen Test!

FAQ: Die wichtigsten Fragen zu Gefährdungsbeurteilungen

Aus den genannten rechtlichen Grundlagen ergeben sich die Antworten auf eine Reihe von Fragen, die im Zusammenhang mit dem Thema „Gefährdungsbeurteilung“ auftreten können.

Welche Betriebe müssen eine Gefährdungsbeurteilung durchführen?

Jeder Unternehmer muss vor Beginn der Arbeit und in regelmäßigen Abständen die Arbeitsbedingungen in seinem Unternehmen auf Gefährdungen hin kontrollieren und bewerten.

Wer muss die Gefährdungen im Betrieb beurteilen?

Zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung tragen mehrere Parteien bei. Zusammengefasst trägt der Arbeitgeber die Verantwortung für die Gefährdungsbeurteilung. Konkret durchgeführt wird sie jedoch meist von Sicherheitsfachkräften.

Der Arbeitgeber

Verantwortlich für den Arbeitsschutz und damit auch für die Gefährdungsbeurteilung ist in erster Linie der Arbeitgeber. Er hat – in der Regel aufgrund eines Vertrags – das Weisungs- oder Direktionsrecht gegenüber seinen Beschäftigten. Auf der anderen Seite hat er aber auch eine Schutzpflicht gegenüber den Beschäftigten.

Delegation von Aufgaben

Der Arbeitgeber kann diese Schutzpflicht nicht abgeben. Er kann sie aber delegieren. Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen ist nicht offensichtlich, aber für die Praxis wesentlich. Die Delegation von Aufgaben schafft nämlich eine neue Aufgabe – diejenige der Überwachung. Wenn der Arbeitgeber die Schutzpflicht delegiert, muss er die Person kontrollieren, an die er sie delegiert. Damit bleibt er mit in der Verantwortung für die Erfüllung dieser Pflicht.

Die Rolle von Sicherheitsfachkräften

Sicherheitsfachkräfte sind beratend für den Arbeitgeber tätig. Eine Übertragung von Arbeitgeberpflichten ist damit nicht verbunden. Das schließt nicht aus, dass Sicherheitsfachkräfte als Person Führungsaufgaben oder Arbeitgeberpflichten übernehmen – aber eben als Person und nicht in ihrer Eigenschaft als Sicherheitsfachkraft.

Oft werden Sicherheitsfachkräfte die Gefährdungsbeurteilung durchführen. Dabei sollte allen Beteiligten immer bewusst sein, dass diese Aufgabe als Beratung innerhalb der Aufgaben als Sicherheitsfachkraft gemäß § 6 Nr. 1 ASiG durchgeführt wird. Beratung heißt hier konkret, dass dem Arbeitgeber alle Entscheidungen überlassen werden müssen. Entscheidet die Sicherheitsfachkraft dagegen selbst, führt sie faktisch die Gefährdungsbeurteilung in eigener Verantwortung durch und handelt nicht mehr als Sicherheitsfachkraft, sondern unter Umständen als beauftragte Person nach § 13 Satz 2 ArbSchG.

Wann und wie oft muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden?

Eine erstmalige Gefährdungsbeurteilung ist erforderlich, wenn ein neuer Arbeitsplatz eingerichtet oder die Arbeit wieder aufgenommen wird.

Nach jeder Änderung im Betrieb, die einen Einfluss auf die Sicherheit der Beschäftigten haben kann, müssen Sie die Gefährungsbeurteilung anpassen. Anlässe dafür können zum Beispiel sein:

  • neue Arbeitsverfahren
  • neue Maschinen
  • neue Arbeitsstoffe
  • Auftreten von Unfällen oder Beinaheunfällen

In regelmäßigen Abständen sollten Sie außerdem prüfen, ob es Änderungen bei Vorschriften oder beim Stand der Technik gibt. Sollte dies der Fall sein, müssen Sie die Gefährdungsbeurteilung erneut durchführen.

Damit Sie den Überblick behalten, ist eine Dokumentation unerlässlich und in einigen Fällen sogar gesetzlich vorgeschrieben. Informieren Sie sich über Ihre Dokumentationspflichten.

Wichtig: Eine Gefährdungsbeurteilung steht ebenfalls an, wenn Sie Menschen mit Behinderung einstellen. In diesem Fall müssen Sie eine individuelle sogenannte inkludierte Gefährdungsbeurteilung erstellen.

Was passiert, wenn keine Gefährdungsbeurteilung vorliegt?

Wenn keine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, führt dies in erster Linie zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Arbeitsunfällen, Verletzungen und berufsbedingten Erkrankungen, da keine gezielten Schutzmaßnahmen implementiert wurden.

Darüber hinaus hat das Fehlen einer betrieblichen Gefährdungsbeurteilung rechtliche Konsequenzen. Die Sanktionen reichen je nach Schwere von Geldstrafen bis hin zu zivilrechtlichen Klagen und strafrechtlichen Sanktionen, wenn Personen zu Schaden kommen. In diesem Fall haftet der Arbeitgeber, der in letzter Instanz die Verantwortung und Schutzpflicht gegenüber den Angestellten trägt.

Die Einhaltung der Gefährdungsbeurteilung wird von Behörden, wie dem Gewerbeaufsichtsamt oder Berufsgenossenschaften sowie durch Unfallversicherungsträger überprüft. Zudem stellen auch Betriebsräte eine Kontrollinstanz dar und dürfen die Gefährdungsbeurteilung einsehen.

Erfahren Sie, wie Aufsichtsbeamte prüfen und worauf es zu achten gilt.

Was ist die Vorgehensweise bei einer Gefährdungsbeurteilung?

Für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung beschreibt die ASR V3 folgende Prozessschritte:

  1. Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung
  2. Ermitteln von Gefährdungen
  3. Beurteilen der Gefährdungen
  4. Festlegen von Maßnahmen
  5. Umsetzen der Maßnahmen
  6. Überprüfen der Wirksamkeit
  7. Dokumentation
  8. Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung

Es handelt sich hier um einen immer wiederkehrenden Prozess. Das heißt: Sind Sie bei Punkt 8 angekommen, müssen Sie bei einer Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung wieder bei Punkt 1 beginnen und den kompletten Prozess wiederholen.

Welche Arten von Gefährdungsbeurteilungen gibt es?

Wo stecken nun die Gefahren und Gefährdungen am Arbeitsplatz? Kurz gesagt: Sie sind überall. Die wichtigsten Gefährdungen beziehungsweise die wichtigsten Arten von Gefährdungsbeurteilungen stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Mutterschutz

Das neue Mutterschutzgesetz (§ 10 Absatz 1 MuSchG) schreibt seit 1. Januar 2018 die anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung vor: Unternehmen müssen Gefährdungen für schwangere oder stillende Frauen abschätzen und beurteilen – und zwar für jede Tätigkeit,

  • unabhängig davon, ob hier aktuell schwangere oder stillende Frauen arbeiten und
  • unabhängig davon, ob es im Betrieb überhaupt weibliche Mitarbeiter gibt.

Wir zeigen Ihnen, wie Sie bei der Gefährdungsbeurteilung im Mutterschutz richtig vorgehen.

Unser Tipp: Lesen Sie, welche Pflichten Sie als Arbeitgeber hinsichtlich des Mutterschutzes haben und wie Sie Schutzmaßnahmen für schwangere und stillende Frauen ergreifen können.

Gefahrstoffe

Die Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe (GefStoffV) betrifft alles vom Reinigungsmittel bis zum hochspezialisierten Stoff für Herstellungsprozesse und umfasst sowohl die Verwendung als auch die Lagerung. Ob Sie mit Gasen oder Biostoffen hantieren oder Geräte betreiben, die unter die Legionellenverordnung (42. BImSchV) fallen: Informieren Sie sich, wie Sie bei Gefährdungsbeurteilungen für Gefahrstoffe vorgehen.

Unser Tipp: Mit der Checkliste „Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe“ von WEKA haben Sie alle Gefahrstoffe im Überblick und können sie nacheinander abhaken.

Grundsätzlich gibt es für alle Arbeitsmittel Gefährdungsbeurteilungen. Orientieren Sie sich bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung an der Betriebssicherheitsverordnung.

Arbeitsplatz- und Umgebungsbedingungen

Wie für die Arbeitsmittel gibt es auch für die Arbeitsplätze Gefährdungsbeurteilungen. Diese decken ein breites Spektrum ab, das von Bildschirmarbeitsplätzen über mobiles Arbeiten bis hin zu speziellen Anforderungen an Arbeitsplätze wie etwa in der Elektrotechnik oder im Labor reicht.

Unser Tipp: Nutzen Sie unsere kostenlosen Muster für Außendienst, Büro, Arztpraxen, Baustellen und weitere Arbeitsplätze um sich einen Überblick über die Gefährdungen zu verschaffen und Ihre eigene Beurteilung zu erstellen.

Darüber hinaus sind auch Aufzüge und Brandschutz Gegenstand von Gefährdungsbeurteilungen. Da es im Brandschutz viele Gefährdungsquellen und unterschiedliche Schutzmaßnahmen gibt, lohnt es sich hier auf eine Software zurückzugreifen, die Ihnen mithilfe von Automatisierung das Erstellen der Gefährdungsbeurteilung nach TRS 800 vereinfacht.

Unsere Empfehlung

Gefährdungsbeurteilung Brandschutz plus

Führen Sie in einfacher und zeitsparender Weise die Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 800 und gemäß ASR A2.2 durch und setzen Sie dabei alle gesetzlichen Anforderungen sowie Ihre Dokumentationspflicht um.

Physische Belastung

Neben der Arbeitsumgebung und den Arbeitsmitteln sind die Tätigkeiten aufgrund der physischen Belastung ein häufiger Grund für Unfälle und Berufskrankheiten. Auch hier können Sie als Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen und die Gefährdungen minimieren. Übliche Gefährdungsbeurteilungen betreffen:

Psychische Belastung

Nicht zuletzt stellen psychische Belastungen ein Gesundheitsrisiko für Arbeitnehmer dar. Die häufigsten Probleme, aber auch die Vorteile und Chancen für Unternehmen erfahren Sie in unserem Ratgeber zur Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungeninklusive Checkliste.

Unser Tipp: Laden Sie sich unser kostenloses Muster für Gefährdungsbeurteilungen zu psychischen Belastungen herunter und übernehmen Sie die Vorlage für Ihre eigene Dokumentation. Finden Sie außerdem geeignete Maßnahmenvorschläge, um psychische Belastungen zu reduzieren.

Wie führen Sie eine Gefährdungsbeurteilung durch?

Die optimale Durchführung einer umfassenden Gefährdungsbeurteilung lässt sich in acht Schritte unterteilen. Gehen Sie wie folgt vor.

1. Gefährdungsbeurteilung vorbereiten

Zunächst sollten Sie die Betriebsorganisation erfassen und die Aufgaben aller Beteiligten klar definieren.

2. Gefährdungen ermitteln

Überprüfen Sie für jeden Tätigkeitsbereich in Ihrer Einrichtung, welche Gefährdungen und Belastungen dort auftreten können. Hilfsmittel sind Stellenbeschreibungen, Arbeits-, Verfahrens- oder Betriebsanweisungen, Mitarbeiterbefragungen.

In der betrieblichen Praxis bewährt es sich, die denkbaren Gefährdungsfaktoren systematisch anhand einer Liste durchzugehen, zum Beispiel: Mechanische Gefährdung – ja, Temperaturgefährdung – nein. Betrachten Sie insbesondere

  • den Arbeitsplatz,
  • die verwendeten Arbeitsmittel,
  • die Arbeitsumgebung sowie
  • die Schnittstellen zu anderen Arbeitssystemen.

3. Gefährdungen beurteilen

Die Gefährdungen werten Sie aus, indem Sie Risiken einschätzen und bewerten.  Wie wahrscheinlich ist es, dass eine bestimmte Bedingung zu einem Schaden führt? Da sich das Risiko immer zum einen aus den möglichen Folgen und zum anderen aus der Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens ergibt, müssen diese beiden Faktoren betrachtet werden.

Das Spektrum der Folgen reicht dabei grundsätzlich von einem folgenlosen Verlauf bis zum Tod eines Beschäftigten. Die Eintrittswahrscheinlichkeit lässt sich ohne eine statistische Grundlage (zum Beispiel das Unfallgeschehen der letzten Jahre) noch deutlich schlechter abschätzen, da ein einzelnes Ereignis, auch wenn es sehr selten eintritt, eben passiert.

Die Risiko-Matrix nach Nohl ist ein bewährtes Werkzeug zur Beurteilung von Risiken. So lassen sich die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schwere eines Schadens fundiert quantifizieren.

4. Maßnahmen festlegen

Schutzmaßnahmen müssen auf das TOP-Prinzip ausgerichtet sein, welches vorgibt, Gefährdungen – sofern möglich – zuerst durch technische und nachrangig durch organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen zu verhindern. Außerdem müssen Sie Maßnahmen entsprechend ihrer Dringlichkeit und ihrer Durchführbarkeit organisieren.

5. Maßnahmen umsetzen

Hat der Arbeitgeber seine Wahl zwischen verschiedenen Schutzmaßnahmen getroffen, muss die Maßnahme durch die Führungskräfte und Beschäftigten umgesetzt werden. Ihre Rolle als Sicherheitsfachkraft ist dabei vor allem die des Beobachters: Denn es kann immer sein, dass sich eine vermeintlich ausreichende Lösung am Ende als unzureichend entpuppt.

Dies sollten Sie nach Möglichkeit frühzeitig erkennen, denn es ist natürlich umso schwerer, eine Maßnahme zu stoppen, je mehr Kosten sie bereits verursacht hat.

6. Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen

Alle umgesetzten Maßnahmen überprüfen Sie auf ihre Wirksamkeit. Kommt der Arbeitgeber mit Ihrer Unterstützung als Sicherheitsfachkraft zu dem Schluss, dass das erreichte Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz nicht erreicht wurde, beginnt der Handlungszyklus mit einer erneuten Gefährdungsbeurteilung von vorn.

Ein neuer Handlungszyklus beginnt auch dann, wenn die getroffene Maßnahme an anderer Stelle dazu führt, dass das Sicherheitsniveau absinkt. Da im Unternehmen in aller Regel viele Prozesse zusammenspielen, tritt dieser Fall gar nicht so selten ein.

7. Gefährdungsbeurteilung fortschreiben

Legen Sie Fristen fest, innerhalb derer Sie die Gefährdungsbeurteilungen auf Aktualität hin überprüfen.

8. Gefährdungsbeurteilung dokumentieren

Dokumentieren Sie den kompletten Ablauf einer Gefährdungsbeurteilung. Ob Sie eine Gefährdungsbeurteilung auf Papier oder im Rechner dokumentieren, ist Ihre Sache. Kann der Aufsichtsbeamte daraus mühelos ersehen, dass Sie wie oben vorgegangen sind, ist das schon die halbe Miete. Die Gefährdungsbeurteilung muss natürlich Ihrer betrieblichen Realität entsprechen und aktuell sein.

Aus der Dokumentation sollte auch klar ersichtlich sein, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um den ermittelten Gefährdungen zu begegnen, und wer dafür verantwortlich ist, diese fristgerecht umzusetzen. Halten Sie sicherheitshalber auch andere Dokumente wie Protokolle Ihrer Unterweisungen, Prüfprotokolle oder Wartungsverträge griffbereit.

So prüfen Aufsichtsbeamte die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen

Allgemein sollten Sie bereits an die Prüfung durch den Aufsichtsbeamten denken, während Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung erstellen. Wenn Sie wissen, wie Prüfer bei der Kontrolle der Gefährdungsbeurteilungen vorgehen, ist dies schon einmal eine sehr gute Voraussetzung, dass Sie den Test durch die Prüfer ohne Komplikationen überstehen.

Zwar gibt es meist selbst dann noch eine zweite Chance. Aber warum sollten Sie darauf ankommen und sich nochmal unter die Lupe nehmen lassen?

Das prüfen Aufsichtsbeamte

Selbst den kleinsten Betrieb kann der Aufsichtsbeamte nicht komplett ansehen. Er wird sich deshalb auf wenige Stichproben beschränken. Dabei sollte es sich um Arbeitsplätze oder Tätigkeiten handeln, die für Ihren Betrieb repräsentativ sind. In diesem Zusammenhang wird er auch mit dem Chef beziehungsweise mit der für die Arbeitssicherheit zuständigen Führungskraft und mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit reden wollen.

Vorinformationen der Prüfer

Die Prüfer versuchen zunächst, anhand der Betriebsakte beziehungsweise anhand der digitalen Speicherung Hinweise zu erhalten, in welche Richtung sich eine Prüfung lohnen könnte. So machen Prüfer gerne grundsätzlich gefährdende Arbeitsverfahren (in der Elektrotechnik beispielsweise Galvanik) sowie Arbeitsplätze von werdenden Müttern und minderjährigen Auszubildenden zum Prüfgegenstand. Ist die Prüfung wegen eines Unfalls anlassbezogen, werden natürlich mögliche Unfallursachen (Maschinen, Arbeitsverfahren, Arbeitsstätten und Arbeitszeiten) genauer untersucht.

Erstgespräch: Wie ist die Vorgehensweise?

Meist begnügen sich die Prüfer nicht damit, mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit oder dem Betriebsarzt zu reden, da diese Personen für sie nur beratende Funktion besitzen. In der Regel möchten sie das Erstgespräch mit einem Mitglied der Geschäftsleitung oder einer verantwortlichen Führungskraft führen.

Nach und nach werden dann die Akteure der Arbeitssicherheit und zum Teil auch einzelne Arbeitnehmer dazugeholt oder in Einzelgesprächen befragt. Dabei handelt es sich meist um strukturierte Interviews auf der Basis der Vorinformationen. Es soll nachvollzogen werden, wie die Gefährdungsbeurteilung im Betrieb erarbeitet wurde. Den Prüfern ist außerdem wichtig, dass in diesen Gesprächen die Verantwortlichkeiten unter den Beteiligten geklärt werden.

Prüfung der Gefährdungsbeurteilungen

Die eigentliche Prüfung von einzelnen Gefährdungsbeurteilungen führt der Aufsichtsbeamte meist im Betrieb, bei größeren Umfängen oder temporär fehlenden Ansprechpartnern gelegentlich auch anhand von Unterlagen vor oder nach dem Unternehmensbesuch durch.

Dafür zieht er diese fünf Kriterien heran:

  • Gefährdungen: Haben Sie sie im Wesentlichen beurteilt und zutreffend bewertet?
  • Maßnahmen: Sind sie ausreichend und geeignet?
  • Maßnahmen: Haben Sie kontrolliert, ob sie wirksam sind?
  • Gefährdungsbeurteilung: Ist sie aktuell?
  • Dokumentation: Ist sie in Form und Inhalt angemessen?

Ergebnisse der Prüfung

Erfüllen Sie eines oder mehrere dieser Kriterien nicht, haben Sie die Gefährdungsbeurteilung nicht angemessen durchgeführt und müssen nachbessern. Wie viel Zeit Ihnen dafür bleibt, hängt von den konkreten Mängeln ab. Sie sollten aber binnen der angesetzten Frist nachbessern, um ein Bußgeld zu vermeiden.

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Fazit: Gefährdungsbeurteilungen sind wichtiger Teil des Arbeitsschutzes

Gefährdungsbeurteilungen sind ein unverzichtbares Instrument im Arbeitsschutz. Sie tragen maßgeblich dazu bei, ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.

Dabei basiert die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen auf gesetzlichen Grundlagen, insbesondere dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung wird durch verschiedene Verordnungen wie die Gefahrstoffverordnung, Betriebssicherheitsverordnung und Arbeitsstättenverordnung konkretisiert. Diese legen spezifische Pflichten und Anforderungen für Arbeitgeber fest.

Mit der Software für Gefährdungsbeurteilungen von WEKA erstellen Sie digital individualisierte Gefährdungsbeurteilungen, die auf Ihre Anforderungen zugeschnitten sind. Je nach Größenordnung erhalten Sie unterschiedliche Packages, die sich mit weiteren Modulen von WEKA kombinieren lassen.

Autor*innen: Martin Weyde, Dr. Hans-Christoph Klockmann