12.02.2021

Die Gefährdungsbeurteilung für Gase

Die Gefährdungsbeurteilung für Gase zu erstellen, ist aus verschiedenen Gründen aufwendig.  In der TRGS 407 finden sich zahlreiche Hinweise, wie Sie die Gefährdungsbeurteilung durchführen können.  

Gas

Die TRGS 407 „Tätigkeiten mit Gasen – Gefährdungsbeurteilung“ ergänzt die TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“. In ihr sind einige Definitionen genannt, die hier kurz vorgestellt werden.

Gase sind Stoffe oder Gemische bzw. Zubereitungen, die entweder bei 50 °C einen Dampfdruck von 300 kPa (3 bar) haben oder bei 20 °C und einem Standarddruck von 101,3 kPa vollständig gasförmig sind.

Tiefgekühlt verflüssigte Gase sind Gase, deren flüssiger Zustand durch Kühlung, Verdampfung oder Wärmedämmung bei einer Temperatur gehalten wird, die unter der Temperatur der Umgebung liegt.

Druckgasbehälter sind Druckbehälter für Gase, unabhängig vom Druck. Zum Druckgasbehälter gehören die Ausrüstungsteile, die seine Sicherheit beeinflussen können. Es werden ortsbewegliche und ortsfeste Druckgasbehälter unterschieden.

Es werden verschiedene Druckgasbehälter nach den folgenden rechtlichen Vorgaben definiert:

  • ortsbewegliche Druckgeräte im Sinne der Richtlinie 2010/35/EU (TPED = Transportable Pressure Equipment Directive) bzw. der Ortsbewegliche-Druckgeräte-Verordnung (ODV),
  • Druckgefäße im Sinne des Gefahrgutrechts (Flaschen, Großflaschen, Druckfässer, verschlossene Kryo-Behälter und Flaschenbündel),
  • Multiple-Element Gas Container (MEGC), Tanks und Batteriefahrzeuge im Sinne des Gefahrgutrechts,
  • einfache Druckbehälter im Sinne der Richtlinie 2009/105/EG (zukünftig Richtlinie 2014/29/EU) bzw. der Verordnung über die Bereitstellung von einfachen Druckbehältern auf dem Markt (6. ProdSV),
  • Druckgeräte im Sinne der Richtlinie 97/23/EG (zukünftig Richtlinie 2014/68/EU) (PED) bzw. der Druckgeräteverordnung (14. ProdSV) für Gase sowie
  • andere Druckgasbehälter oder Kryo-Behälter für Gase, die von diesen Rechtsbereichen nicht erfasst sind, wie z.B. Behälter, die vor Inkrafttreten der PED in Verkehr gebracht worden sind.

Aspekte, die bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind

Bei der Gefährdungsbeurteilung sind zuerst einmal die gefährlichen Eigenschaften von Gasen zu berücksichtigen, die durch die gefahrstoffrechtliche Einstufung und Kennzeichnung erkennbar sind. Daneben können auch aus der Farbkennzeichnung der Gasflaschen auf die gefährlichen Eigenschaften geschlossen werden.

Zusätzlich dazu gibt es noch weitere Parameter, die die Risiken beim Umgang beeinflussen. Dies sind:

  • Temperatur und Druck (Temperaturerhöhung führt zu Druckerhöhung im Druckgasbehälter)
  • Entzündbare Gase können zusätzlich selbstentzündlich sein (erhöhte Brand- und Explosionsgefährdungen).
  • Gase können chemisch instabil sein.
  • Gase können korrosiv wirken (Behälter- bzw. Konstruktionswerkstoffe können angegriffen werden).
  • Gase können polymerisieren.
  • Explosionsgrenzen können sich bei erhöhter Temperatur und/oder erhöhtem Druck ausweiten (UEG nach unten, OEG nach oben verschoben).
  • Andere Eigenschaften können sich ebenfalls in Abhängigkeit von Temperatur und Druck verändern (oxidierende Eigenschaften oder chemische Instabilität).
  • Fast alle Gase wirken bei genügend hohen Konzentrationen erstickend (Ausnahme Sauerstoff oder Luft).
  • Schwere Gase können sich in Bodennähe ansammeln.
  • Unterhalb ihrer kritischen Temperatur können sich Gase verflüssigen (Unterdruck im Druckgasbehälter).
  • Tiefgekühlte verflüssigte Gase und druckverflüssigte Gase können bei Entspannung zu Kälteverbrennungen führen (Gase selbst oder Armaturen).

Bei der Handhabung der Gase ergeben sich besonders in folgenden Situationen Gefährdungen, die analysiert und bewertet werden müssen:

  • betriebsbedingte Freisetzung von Gasen
  • unbeabsichtigte Freisetzung von Gasen
  • Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb
  • Einwirkungen von außerhalb auf den Druckgasbehälter
  • Mischen von Gasen
  • unsachgemäße Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten

Verweise zu Schutzmaßnahmen

Da die Eigenschaften von Gasen so vielfältig sind, sind auch die möglichen Gefährdungen zahlreich. Durch eine Ursachenbetrachtung möglicher Gefährdungen können Sie weitere Hinweise darauf erhalten, wie sich die Risiken verringern lassen. Da es sich in vielen Fällen auch um technische Abweichungen handeln kann, sollten Sie bei der Ursachenforschung die Techniker oder Bediener der Anlagen ebenfalls einbeziehen. Dadurch ist es besser möglich, mehrere Ursachen zu bedenken, die ansonsten nicht beachtet würden.

Neben der TRGS 407 gibt es zahlreiche andere Vorgaben, in denen Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gasen zu finden sind. Dies sind hauptsächlich:

  • TRGS 500 Schutzmaßnahmen
  • TRGS 800 Brandschutzmaßnahmen
  • TRGS 526 Laboratorien
  • TRBS 2141 Gefährdungen durch Dampf und Druck (alle Teile)
Technische Regeln zum Explosionsschutz:
  • TRGS 720 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Allgemeines“,
  • TRGS 721 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Beurteilung der Explosionsgefährdung“,
  • TRGS 722 „Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre“,
  • TRBS 2152 Teil 3 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre“,
  • TRBS 2152 Teil 4 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken“ und
  • TRGS 727 „Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen“.
Regelungen zu Schutzmaßnahmen bei bestimmten Tätigkeiten finden sich in
  • TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“,
  • TRGS 512 „Begasungen“,
    TRGS 513 „Tätigkeiten an Sterilisatoren mit Ethylenoxid und Formaldehyd“,
    TRGS 522 „Raumdesinfektionen mit Formaldehyd“,
  • TRGS 525 „Gefahrstoffe in Einrichtungen der medizinischen Versorgung“,
  • TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“,
  • TRGS 529 „Tätigkeiten bei der Herstellung von Biogas“,
  • TRBS 3151/TRGS 751 „Vermeidung von Brand-, Explosions- und Druckgefährdungen an Tankstellen und Füllanlagen zur Befüllung von Landfahrzeugen“.
Spezifische Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gasen sind geregelt in
  • TRBS 3145/TRGS 745 „Ortsbewegliche Druckgasbehälter – Füllen, Bereithalten, innerbetriebliche Beförderung, Entleeren“,
  • TRBS 3146/TRGS 746 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“.

Weitere Hinweise finden sich u.a. im Informationsportal Gase unter Druck der BGRCI (https://www.bgrci.de/gase-unter-druck/startseite/), in DGUV Regel 113-001 „Explosionsschutzregeln“ Anlage 4 (Beispielsammlung zur Zoneneinteilung) sowie in der DGUV Information 213-073 „Sauerstoff“, der DGUV Information 213-075 „Liste der nichtmetallischen Materialien“ (zu 231-073) und der DGUV Information 213-076 „Liste der Armaturen, Schläuche und Anlagenteile“ (zu 213-073).

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Autor*in: Dr. Jürgen Hirsch (SIC Consulting GmbH. Seit mehr als 10 Jahren beratend in Arbeitsschutz, Umweltschutz und Qualitätsmanagement tätig.)