02.11.2021

Gefährdungsbeurteilung gemäß Betriebssicherheitsverordnung erstellen

Mit der Gefährdungsbeurteilung sollen Sie gemäß Betriebssicherheitsverordnung bereits beginnen, bevor Arbeitsmittel überhaupt ausgewählt und eingekauft werden. Was Sie bei dieser Gefährdungsbeurteilung noch alles beachten sollten und wann Sie sogar auf sie verzichten können? Das lesen Sie in diesem Beitrag.

Arbeiter zersägt einen Baumstamm - dabei ist er vielen Gefaehrdungen ausgesetzt, für die Sie gemäß Betriebssicherheitsverordnung eine Gefährdungsbeurteilung erstellen müssen

Die Forderung nach einer Gefährdungsbeurteilung ist auch in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ganz zentral. In § 3 BetrSichV finden sich konkrete Hinweise zu den Inhalten einer Gefährdungsbeurteilung.

Die §§ 4, 5, 6, 7, 8 und 9 der BetrSichV ergänzen diese Hinweise um viele weitere Punkte. Die zahlreichen detaillierten Regelungen für Schutzmaßnahmen geben Arbeitgebern eine Hilfestellung in Form von Maßnahmenkatalogen für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung an die Hand (Checklisten).

Schutzmaßnahmen sind abzuleiten

  • für die Verwendung von Arbeitsmitteln durch Beschäftigte,
  • zum Schutz anderer Personen im Gefahrenbereich überwachungsbedürftiger Anlagen.

Führen Sie die Gefährdungsbeurteilung für alle Arbeitsmittel durch

Zentraler Grundsatz in der Betriebssicherheitsverordnung: Kein Arbeitsmittel, das Beschäftigten zur Verfügung gestellt wird, darf diese gefährden.

Nur vernachlässigbare Gefährdungen müssen Sie nicht in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen. Für einen Spitzer bzw. Radiergummi beispielsweise brauchen Sie keine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen.

Andererseits fordert die Betriebssicherheitsverordnung selbst für Unternehmer mit überwachungsbedürftigen Anlagen eine Gefährdungsbeurteilung, wenn diese keine Mitarbeiter beschäftigen. Davon ausgenommen sind nur diejenigen Unternehmer ohne Beschäftigte, die einen Aufzug betreiben.

Verschiedene Arbeitsmittel, für die nach Betriebssicherheitsverordnung eine Gefährdungsbeurteilung nötig ist.
Nicht immer ist so klar wie beim Aufeinandertreffen von Hand und Säge ersichtlich, dass von einem Arbeitsmittel hohe Gefährdungen ausgehen.

Der Zeitpunkt: Erstellen Sie die Gefährdungsbeurteilung bereits vor der Auswahl und Beschaffung des Arbeitsmittels

3 Abs. 1 BetrSichV stellt klar, dass bereits vor der Auswahl und Beschaffung von Arbeitsmitteln eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen ist. Die Planungsphase ist also zentral. Sie ist auch in § 3 Abs. 2 und § 4 Nr. 4 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) schon enthalten, ebenso wie in § 5 Abs. 1 DGUV Vorschrift 1.

Konkret bedeutet das:

  • Sie müssen rechtzeitig vor der Auswahl und der Beschaffung der Arbeitsmittel überlegen, ob das Arbeitsmittel, so wie es vom Hersteller angeboten wird, für die geplante Verwendung sowie für vorhersehbare Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisationen geeignet ist.
  • Falls dies nicht zutrifft, müssen Sie notwendige Änderungen oder Schutzmaßnahmen bereits gegenüber dem Hersteller im Rahmen der Bestellung einfordern.

Trifft das Arbeitsmittel bei Ihnen ein, brauchen Sie außerdem eine Gefährdungsbeurteilung für die erstmalige Verwendung dieses Arbeitsmittels. Wichtig ist dies insbesondere dann, wenn mehrere Geräte gleichzeitig eingesetzt werden, da sich in diesem Fall die Gefährdungen für die Beschäftigten vervielfältigen (z.B. Lärmemissionen von drei Maschinen anstelle nur einer in einem geschlossenen Raum mit wenigen Quadratmetern).

Trotz CE-Kennzeichen: Gefährdungsbeurteilung muss sein!

Die Betriebssicherheitsverordnung stellt klar, dass selbst eine CE-Kennzeichnung den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung entbindet, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Gleichzeitig darf der Arbeitgeber aber bereits vorhandene Gefährdungsbeurteilungen und gleichwertige Unterlagen übernehmen. Dazu gehören z.B. mitgelieferte Informationen des Herstellers zur Handhabung des Arbeitsmittels.

Diese Gefährdungen sind besonders wichtig

Beziehen Sie für Ihre Gefährdungsbeurteilung gemäß Betriebssicherheitsverordnung alle Gefährdungen ein, die von der Verwendung der Arbeitsmittel ausgehen.

Berücksichtigen Sie dabei die Gefährdungen, die entstehen durch:

  • das Arbeitsmittel selbst
  • die Arbeitsumgebung
  • die Arbeitsgegenstände, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden

Daneben sind auch weitere zahlreiche Faktoren zu beachten:

  • die Gebrauchstauglichkeit von Arbeitsmitteln einschließlich der ergonomischen, alters- und alternsgerechten Gestaltung
  • die sicherheitsrelevanten einschließlich der ergonomischen Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe
  • die physischen und psychischen Belastungen der Beschäftigten, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln auftreten
  • vorhersehbare Betriebsstörungen und Gefährdungen, die entstehen, wenn versucht wird, diese zu beseitigen

Die ergonomischen Gesichtspunkte und die psychischen Belastungen spielen im Arbeitsschutz eine zunehmend größere Rolle und sind daher in der BetrSichV ausdrücklich mit erwähnt. Weiterhin wird der demografische Wandel explizit berücksichtigt.

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Einbeziehung bestehender Unterlagen erlaubt

Sie dürfen für die Gefährdungsbeurteilung z.B. auf Gebrauchs- und Betriebsanleitungen sowie auf zugängliche Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge zurückgreifen.

Außerdem stellt die Betriebssicherheitsverordnung heraus, dass Informationen übernommen werden können, wenn die tatsächlichen Rahmenbedingungen den in den Informationen vorgesehenen Bedingungen entsprechen. Dies trifft auch auf Unterlagen zu, die dem Arbeitgeber vom Hersteller oder Inverkehrbringer des Arbeitsmittels mitgeliefert werden.

Wann müssen Sie die Gefährdungsbeurteilung gemäß BetrSichV aktualisieren?

Der Arbeitgeber hat die erstellten Gefährdungsbeurteilungen regelmäßig zu überprüfen. Dies beinhaltet nicht, dass die Gefährdungsbeurteilung vollständig wiederholt werden muss. Anpassungen sind lediglich dann erforderlich, soweit sie sich aus der Verwendung der Arbeitsmittel ergeben.

Unverzüglich hat der Arbeitgeber aber die Gefährdungsbeurteilung dann zu aktualisieren, wenn

  • sicherheitsrelevante Veränderungen der Arbeitsbedingungen einschließlich der Änderung von Arbeitsmitteln dies erfordern,
  • neue Informationen, insbesondere Erkenntnisse aus dem Unfallgeschehen oder aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge, vorliegen oder
  • die Prüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ergeben hat, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht wirksam oder nicht ausreichend sind.

Hinweis

Ergibt die regelmäßige Überprüfung, dass keine Aktualisierung erforderlich ist, so halten Sie auch dieses Ergebnis mit Datum fest.

Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung

Unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten müssen Sie das Ergebnis Ihrer Gefährdungsbeurteilungen noch vor der erstmaligen Verwendung der Arbeitsmittel dokumentieren. Dabei gibt die Betriebssicherheitsverordnung die Kriterien vor, die mindestens in einer Dokumentation enthalten sein müssen:

  • Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen sowie die Fristen der wiederkehrenden Prüfungen und
    Einhaltung der Anforderungen der BetrSichV, wenn von den Regeln und Erkenntnissen des Ausschusses für Betriebssicherheit abgewichen wird
  • die Gefährdungen, die bei der Verwendung der Arbeitsmittel auftreten
  • die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen
  • das Ergebnis der Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen

Neben der schriftlichen können Sie die Gefährdungsbeurteilung auch in elektronischer Form dokumentieren.

Autor*in: WEKA Redaktion