10.08.2019

So gehen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz richtig vor

Seit 2019 braucht ausnahmslos jeder einzelne Betrieb in Deutschland eine Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz, ansonsten drohen Bußgelder. Wie Sie dabei vorgehen? Zunächst einmal nicht viel anders als bei jeder anderen Gefährdungsbeurteilung auch. Es gibt allerdings einige Besonderheiten, die Sie im Kopf behalten sollten. Welche das sind und welche Schritte Sie ans Ziel bringen, zeigen wir im Folgenden auf.

Wie Sie hinter die Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz einen abhaken können

Das Vorgehen für die Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz ist auf den ersten Blick nicht anders als das für jede andere Gefährdungsbeurteilung:

  1. Tätigkeiten erfassen
  2. Gefährdungen ermitteln
  3. Gefährdungen beurteilen
  4. Maßnahmen festlegen

Aber der Teufel liegt im Detail. Schauen wir uns einmal jeden einzelnen dieser Schritte genauer an:

1. Tätigkeiten erfassen

Listen Sie alle Tätigkeiten auf, die zu einer bestimmten Stelle gehören – sowohl die, mit denen die Mitarbeiter einen Großteil ihrer Zeit füllen als auch die, die nur unter besonderen Umständen anstehen.

Diesen Schritt können Sie wahrscheinlich schnell abhaken, haben Sie die verschiedenen Tätigkeiten in Ihrem Betrieb doch bereits für Ihre reguläre Gefährdungsbeurteilung erfasst.

2. Gefährdungen nach Mutterschutzgesetz ermitteln

Für jede Tätigkeit überlegen Sie dann, welchen Gefährdungen Ihre schwangere oder stillende Mitarbeiterin dabei ausgesetzt sein könnte.

Stellen Sie sich die Frage: Was bedroht die Gesundheit der (werdenden) Mutter oder die Gesundheit ihres Kindes? Dafür brauchen Sie sich nicht in medizinische Fachartikel vertiefen oder Ursache-Wirkungskorrelationen bemühen. Es reicht die logische Schlussfolgerung.

Hier gilt außerdem: Gefährdungen, die immer bestehen, etwa, dass eine Mitarbeiterin an ihrem Arbeitsplatz stolpert und sich den Fuß verstaucht, müssen Sie nicht erfassen. Im Sinne des Mutter- und Arbeitsschutzgesetzes braucht eine Gefährdung immer eine Verbindung zur ausgeübten Tätigkeit.

Berücksichtigen Sie Gefährdungen für die folgenden vier Personengruppen:

  • schwangere Frauen
  • stillende Frauen oder
  • ihr Kind
  • sowie für Frauen, die vor kurzem ein Kind zur Welt gebracht haben und nicht selbst stillen.

Tipp: Wenn Sie es sich ganz einfach machen möchten, verwenden Sie die praktische Software „Gefährdungsbeurteilungen plus“. Hier können Sie nach Wunsch die Gefährdungen nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) kinderleicht zu neuen oder bestehenden Gefährdungsbeurteilungen hinzufügen.

  1. Gefährdungen für Tätigkeiten erfassen
  2. Klick auf: „Gefährdungen nach Mutterschutzgesetz berücksichtigen“
  3. Fertig

Probieren Sie´s am besten gleich mal aus!

3. Gefährdungen für Mutter und Kind beurteilen

Das Gesetz möchte, dass Sie Gefährdungen „nach Art, Ausmaß und Dauer“ (§ 10 Abs. 1 MuSchG) beurteilen, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt sein kann.

Ihre Beurteilung kann auch ergeben, dass eine Gefährdung unverantwortbar für Mutter und Kind ist (§ 9 Abs. 2 MuSchG).

Für die Unverantwortbarkeit spielen zwei Faktoren eine Rolle:

  • die Eintrittswahrscheinlichkeit
  • die Schwere eines möglichen Gesundheitsschadens.

Das Mutterschutzgesetz selbst sagt dazu:

„Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist“ § 9 Abs. 2 MuSchG

Beispiele für unverantwortbare Gefährdungen liefert das Gesetz in § 11 und § 12 gleich mit.

  • Wenn etwa eine Schwangere oder eine stillende Mutter bestimmten Gefahrstoffen ausgesetzt ist, könnte das eine unverantwortbare Gefährdung sein.
  • Das gilt auch für Strahlungen, Erschütterungen, Hitze, Kälte oder Lärm.
  • Der gesunde Menschenverstand sagt: Wenn für Mutter oder (ungeborenes) Kind überhaupt Gesundheitsschäden denkbar sind, ist die Gefährdung eigentlich unverantwortbar.

Dennoch: Die Definition der „unverantwortbaren Gefährdung“ ist zurecht als schwammig und wenig hilfreich kritisiert worden. Als weitere Hilfestellung gibt es Leitlinien, die der Ausschuss für Mutterschutz erarbeitet hat (§ 30 MuSchG). Diese können Sie auf deren Webseite einsehen.

4. Schutzmaßnahmen festlegen

Prüfen Sie, welche Maßnahmen Ihr Unternehmen zu ergreifen hat. Legen Sie fest, ob

  • Schutzmaßnahmen überhaupt erforderlich sein werden,
  • falls ja: ob es notwendig ist, den Arbeitsplatz umzugestalten, oder ob
  • eine schwangere oder stillende Frau an diesem Arbeitsplatz nicht weiter arbeiten darf.

Reihenfolge der Schutzmaßnahmen

Stellen Sie unverantwortbare Gefährdungen für Mutter oder Kind fest, muss Ihr Unternehmen zunächst versuchen, die Arbeitsbedingungen an Ihrem Arbeitsplatz so umzugestalten, dass diese Gefährdungen ausgeschlossen sind. Ist dies nicht möglich oder der Aufwand unverhältnismäßig, muss die Arbeitnehmerin auf einen anderen, geeigneten Arbeitsplatz wechseln. Nur, wenn auch dies nicht möglich oder zumutbar ist, darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin freistellen. Auch eine teilweise Freistellung ist möglich.

Kurz und knapp

Erst, wenn ein Arbeitsplatzwechsel oder eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes nicht in Frage kommen, muss der Arbeitgeber bei einer unverantwortbaren Gefährdung ein – unter Umständen teilweises – Beschäftigungsverbot aussprechen.

Was geschieht mit der fertigen Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz?

Das Mutterschutzgesetz geht sogar so weit, Unternehmen dazu zu verpflichten, Mitarbeiter über die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen zu informieren (§ 14 Abs. 2 MuSchG). Das soll in der Belegschaft Verständnis und Akzeptanz für mutterschutzrechtliche Belange wecken.

Die Gefährdungsbeurteilung gehört selbstverständlich angepasst, wenn sich die Sicherheits- und Gesundheitsgefahren für Mütter und Schwangere in Ihrer Firma ändern.

Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz ist Pflicht

Die Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz zählt als anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung. Soll heißen: Auch wenn gerade niemand aus der Belegschaft schwanger ist, sogar, wenn niemand jemals schwanger werden kann, muss die Gefährdungsbeurteilung für schwangere und stillende Frauen ein fester Punkt auf Ihrer To-do-Liste werden.

Fazit

An sich kein Hexenwerk, verlangt die Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz jedoch von Anfang an, dass sich Unternehmen mit der Situation von Schwangeren und Stillenden im Arbeitsalltag auseinandersetzen. Wenn die Bedürfnisse der Frauen und Besonderheiten wie die „unverantwortbare Gefährdung“ berücksichtigt werden, sind die größten Fallstricke schon einmal umschifft.

Die Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz muss Ihr Unternehmen seit dem 31.12.2018 abgeschlossen und dokumentiert haben. Sonst droht nach § 32 MuSchG ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro.

Unsere Empfehlung

Klingt für Sie nach ganz schön viel Aufwand?

Die Software Gefährdungsbeurteilungen plus hilft Ihnen, die Gefährdungen nach Mutterschutzgesetz kinderleicht und mit nur einem Klick in bestehende oder neue Gefährdungsbeurteilungen einzufügen.

Autor*innen: Elfriede Kautnik, WEKA Redaktion