25.05.2018

Mangelhafte Lieferung und Qualitätssicherungsvereinbarung

Ein Käufer bestellt bei seinem Lieferanten Wassereis. Dabei legt er seine vorformulierte Qualitätssicherungsvereinbarung zugrunde mit einer speziellen Klausel. Nach dieser geht der Mehraufwand, der dem Auftraggeber durch eine mangelhafte Lieferung entsteht, in der angefallenen Höhe zu Lasten des Auftragnehmers. Wäre so eine Klausel wirksam?

Mangelhafte Lieferung und Qualitätssicherungsvereinbarung

Mangelhafte Lieferung: BGH sagt „Nein“ zu dieser Klausel

Mehraufwandsklausel heißt eine solche Klausel natürlich wegen des Mehraufwands, den der Einkäufer durch die mangelhafte Lieferung hat. Eine Mehraufwandsklausel jedoch, so der Bundesgerichtshof, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Begründung: Die Klausel benachteiligt den Verkäufer entgegen Treu und Glauben unangemessen. Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Kaufgewährleistungsrechts nicht zu vereinbaren.

Mehraufwand durch mangelhafte Lieferung

Bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmen kann der Einkäufer den Mehraufwand, der aus Mängeln der gelieferten Güter entsteht, verschuldensunabhängig nur unter den besonderen Voraussetzungen des  § 439 Abs. 2 BGB (Nacherfüllung) verlangen.

Die Schadenersatz- oder Aufwendungsersatzansprüche sind verschuldensabhängig
(nach § 437 Nr. 3, §§ 440, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2, § 284 BGB).

Darüber hinaus hat der Einkäufer keinen verschuldensunabhängigen Anspruch darauf, dass der Verkäufer ihm den Mehraufwand erstattet.

Sprich: Es muss ein Verschulden des Verkäufers vorhanden sein – erst dann hat der Einkäufer einen Anspruch auf Schadenersatz oder Aufwendungsersatz.

Im vorliegenden Fall einer solchen „Mehraufwandsklausel“ würde die Gewährleistungshaftung jedoch grundlegend zu Lasten des Verkäufers verschoben werden.

Allgemeine Geschäftsbedingungen und mangelhafte Lieferung

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden.

Nach § 305 Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung von AGB zu Lasten des Verwenders.

Berücksichtigt man die Interessen beider Vertragsparteien und legt objektive Maßstäbe an,  erstreckt die Klausel die Erstattungspflicht nicht nur auf Aufwendungen, die billigerweise im notwendigen und angemessenen Rahmen anfallen.

War es eine mangelhafte Lieferung, könnte der Einkäufer nach einer solchen Mehraufwandsklausel wie er mag oder für subjektiv zweckmäßig hält, Mehraufwandskosten verursachen oder veranlassen, um die Folgen des Mangels zu beseitigen oder zu mildern und den Verkäufer zur Kasse bitten.

Das steht aber dem in §§ 284, 439 Abs. 2 BGB verankerten grundlegendem Gebot der Gerechtigkeit entgegen. Der Mehraufwand muss in Art und Umfang beschränkt werden können.

Außerdem wurde dem Verkäufer die Möglichkeit genommen einzuwenden, dass der Käufer den Mehraufwand mitverschuldet und mitverursacht hat. Vgl. BGH Urteil vom 18.10.2017 – VIII ZR 86/16.

Autor*in: Claudia Zwilling-Pinna (Juristin und Herausgeberin des Rechtshandbuchs)