05.04.2019

Verkehrs-Bußgeldverfahren: Personalausweisgesetz beachten!

Verstößt die Verwaltungsbehörde bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes gegen Vorgaben des Personalausweisgesetzes, ist eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 47 Abs. 2 OWiG gerechtfertigt (AG Schleswig, Beschluss vom 19.11.2018, Az. 53 OWi 24000/18).

Bußgeldverfahren Personalausweisgesetz

Verstoß der Bußgeldbehörde gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen

Das Verfahren ist aus Opportunitätsgründen einzustellen, da vorliegend ein erheblicher Verstoß der Bußgeldbehörde gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen vorliegt. Dieser führt zwar nicht zu einem Verfahrenshindernis oder einem Beweisverwertungsverbot und lässt auch nicht den staatlichen Strafanspruch entfallen, allerdings führt die Umgehung der Vorgaben des Personalausweisgesetzes (PAuswG) dazu, dass die Sanktionierung mit einem Fahrverbot und einem Bußgeld mit der Rechtsordnung unvereinbar wäre.

Unzureichende Ermittlungstätigkeiten der Behörde

Der Betroffene überschritt mit seinem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h (nach Toleranzabzug). Die Bußgeldstelle erließ daraufhin einen Zeugenbefragungsbogen. Dieser war unter Angabe des Namens und der pp. des Betroffenen rückläufig. An diese Anschrift ging dann ein entsprechender Anhörungsbogen und später ein Bußgeldbescheid. Nachdem der Betroffene durch seinen Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hatte, forderte die Bußgeldstelle eine vergrößerte Kopie des Fotos aus dem Personalausweis- oder Passregister der Stadt an. Anderweitige Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere eine Halterfeststellung durch die Polizei, wurden nicht betrieben. Ebenso erfolgte kein Abgleich mit dem Foto des Betroffenen auf der Homepage.

Datenübermittlung durch Personalausweisbehörde unzulässig

Durch dieses Vorgehen hat die Bußgeldbehörde die Vorgaben der §§ 22 Abs. 2 PassG, 24 Abs. 2 PAuswG umgangen. Die Personalausweisbehörde darf die Daten aus dem Pass- bzw. Personalausweisregister nur unter den einschränkenden Vorgaben des § 24 Abs. 2 Nr. 1–3 PAuswG übermitteln. Das ist insbesondere nur dann der Fall, wenn sie die ihr obliegenden Aufgaben nicht anders erfüllen kann und der Betroffene nicht anders ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln ist. Vorliegend ist in keiner Weise ersichtlich, dass die Ermittlung der Person des Betroffenen nicht auch anderweitig möglich gewesen wäre. Erfolgversprechend wäre mit großer Sicherheit die Ermittlung des Betroffenen an der Kanzleianschrift durch die Polizei gewesen. Für einen Freispruch des Betroffenen bleibt vorliegend aber kein Raum, da der staatliche Strafanspruch gegenüber dem Betroffenen vor Abgabe des Verfahrens nicht verwirkt war, denn es wäre möglich gewesen, die Maßnahme nachträglich zu legalisieren. Da bereits der Verstoß der Behörde gegen interne Richtlinien eine Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG rechtfertigen kann, muss dies erst recht gelten, wenn die Behörde gegen Vorgaben des PAuswG verstößt. Denn diese sind Ausdruck des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung. Eine vorherige Zustimmung der Staatsanwaltschaft war vorliegend gemäß § 47 Abs. 2 OWiG nicht notwendig, da das Bußgeld geringer als 100,00 Euro ausgefallen ist.

Hinweis: So auch AG Landstuhl, Beschluss vom 26.10.2015, Az. 2 OWi 4286 Js 7129/15.

Der Beschluss ist abrufbar unter https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=AG%20Schleswig&Datum=19.11.2018&Aktenzeichen=53%20OWi%2024000%2F18

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)