18.10.2021

Ohne Erlaubnis gehaltener gefährlicher Hund: Sicherstellung

Entschieden kompromisslos ging eine Ordnungsbehörde gegen den Halter eines mutmaßlich gefährlichen Hundes vor. Auf Antrag des Hundehalters musste das VG Düsseldorf (Beschl. vom 05.08.2021, Az. 18 L 658/21) über die Rechtmäßigkeit einer Haltungs- und einer Führungsuntersagung sowie einer Sicherstellung des Hundes entscheiden.

Gefährlicher Hund: Sicherstellung rechtmäßig?

Haltungsuntersagung und Sicherstellung des gefährlichen Hundes

Ein Hundehalter erwarb die Kreuzung eines American Staffordshire Terriers mit einem anderen Hund. Die Ordnungsbehörde stufte diesen als gefährlichen Hund i.S. des Hundegesetzes des Landes ein und verfügte die Haltungsuntersagung und die Sicherstellung des Hundes. Beide Maßnahmen wurden mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen. Der Hundehalter beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage für beide Maßnahmen beim VG Düsseldorf.

Grundverfügung muss rechtmäßig sein

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz (hier § 55 Abs. 2 VwVG NRW) erlaubt den Sofortvollzug eines Verwaltungsakts lediglich dann, wenn die Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt. Der vollzogene Verwaltungsakt muss hierzu rechtmäßig erlassen sein.

War die Sicherstellung rechtmäßig?

Die Rechtsgrundlage der Sicherstellung (hier § 43 PolG NRW) erfordert das Ausüben des Ermessens zum Einschreiten im Einzelfall. Zur Rechtfertigung einer sofortigen Sicherstellung eines abstrakt gefährlichen Hundes sind stets Anhaltspunkte für eine von dem Hund oder seinem Halter ausgehende konkrete Gefahr erforderlich, die über die rassenspezifische abstrakte Gefährlichkeit hinausgeht.

Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (hier § 15 Abs. 1 LHundG NRW i.V.m. § 15 OBG NRW) ist es notwendig, dass die Ordnungsbehörde zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung der Sicherstellung etwaige weniger belastende und gleich wirksame Alternativen in Erwägung zieht. Dass eine Sicherstellung nicht die einzige und zwingende behördliche Reaktion bei fehlender Erlaubnis ist, zeigt bereits die Möglichkeit, anzuordnen, dass der Hund dem Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist. Auch Gründe des Tierschutzes können dafür sprechen, andere Unterbringungsmöglichkeiten in Erwägung zu ziehen.

Zwischenergebnis

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die dem Sofortvollzug zugrunde liegende Sicherstellung als ermessensfehlerhaft. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Ordnungsbehörde ihr Ermessen erkannt und ausgeübt hat. Das Gericht stellte daher die aufschiebende Wirkung der Klage in diesem Punkt wieder her.

Ist das Verbot des Führens eines gefährlichen Hundes rechtmäßig?

Das Verbot des Führens eines gefährlichen Hundes ergibt sich bei Fehlen der an einen Hundeführer zu stellenden Anforderungen nicht unmittelbar aus dem Gesetz (hier § 5 Abs. 4 Satz 2 LHundG NRW). Die Ordnungsbehörde kann sich jedoch auf die durch das HundeG verliehenen Befugnisse stützen (hier § 12 Abs. 1 LHundG NRW; siehe hierzu auch die entsprechenden Ordnungswidrigkeitentatbestände, z.B. § 20 Abs. 1 Nr. 8 LHundG NRW).

Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Ordnungsbehörde vor dem Ausspruch der Führungsuntersagung überhaupt Ermessenserwägungen angestellt hat (vgl. hier § 12 Abs. 1 LHundG NRW).

Zwischenergebnis

Das Verbot des Führens eines gefährlichen Hundes leidet an einem Ermessensfehler und ist daher rechtswidrig. Das VG stellte daher die aufschiebende Wirkung der Klage gegen das Verbot zum Führen des Hundes wieder her.

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Ist das Verbot des Haltens eines gefährlichen Hundes rechtmäßig?

Nach den Hundegesetzen der Bundesländer (hier § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW) soll das Halten eines gefährlichen Hundes u.a. dann untersagt werden, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind oder eine erforderliche Erlaubnis versagt wurde. Gefährliche Hunde sind Hunde, deren Gefährlichkeit vermutet wird oder im Einzelfall festgestellt worden ist (hier § 3 Abs. 1 LHundG NRW).

(Abstrakt) gefährliche Hunde sind Hunde der Rassen Pittbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und ihre Kreuzungen untereinander sowie ihre Kreuzungen mit anderen Hunden (hier § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW). Kreuzungen in diesem Sinne sind Hunde, bei denen der Phänotyp einer der dort genannten Rassen deutlich hervortritt (hier § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW).

Zwischenergebnis

Bei der Kreuzung eines American Staffordshire Terriers mit einem anderen Hund handelt es sich demnach um einen gefährlichen Hund (vgl. § 3 Abs. 2 LHundG NRW). Die Haltungsuntersagung erweist sich daher als materiell rechtmäßig.

Ergebnis

Somit steht es 2:1 für den Halter des Hundes. Das VG erklärte die Sicherstellung und die Führungsuntersagung als rechtswidrig und stellte die aufschiebenden Wirkung der Klage in diesen Punkten wieder her. Die Haltungsuntersagung hingegen ist nach Auffassung des VG rechtmäßig ergangen, sodass es bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen diesen Punkt der Ordnungsverfügung bleibt.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)