08.03.2013

Gefährlicher Hund muss auch nach positivem Wesenstest als gefährlich eingestuft werden

Die aufgrund eines zu Recht angenommenen Gefahrenverdachts erfolgte Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes kann nicht nachträglich dadurch infrage gestellt werden, dass sich etwa bei einem später durchgeführten Wesenstest keine tatsächlichen Hinweise auf eine gesteigerte Aggressivität des Hundes ergeben (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.01.2013, Az. 11 PA 294/12).

Gefährlicher Hund nach positivem Wesenstest

Gesteigerte Aggressivität beim Hund

Die Verwaltungsbehörde hatte davon Kenntnis erhalten, dass der (große) Hund der Klägerin eine gesteigerte Aggressivität aufweist. Anlass dafür war ein von einem Zeugen beobachteter Vorfall. Dabei verbellte der offenbar aus der Wohnung entwichene Hund der Klägerin zunächst eine Fußgängerin und bedrängte dann lautstark bellend eine Radfahrerin mit einem Kleinkind, bis der Zeuge mit seinem Auto auf den Hund zufuhr und diesen dadurch vertrieb.

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Überprüfungen durch Amtstierärztin

Die Überprüfungen der Amtstierärztin ergaben Hinweise auf das unerwünschte Drohverhalten des Hundes. Da der Hund aber mit Leine und Beißkorb geführt wurde und zudem die Klägerin ständig auf ihn einwirkte, konnte die Amtstierärztin keine sichere Prognose stellen.

Bei einer zusätzlichen Überprüfung wurde der Hund ohne Maulkorb vorgeführt. Dabei zeigte er nach den Feststellungen der Amtstierärztin in der Alltagssituation „freundliche Annäherung eines Fremden ohne Bedrohung eine niedrige Reizschwelle und einen stark erhöhten Erregungszustand, in dem er stark verunsichert reagierte und ohne Warnung nach vorne ging“.

Die Amtstierärztin kam in ihrer abschließenden Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass der Hund als gefährlich einzustufen sei.

Ordnungsbehörde stellt Gefährlichkeit fest

Die Ordnungsbehörde stellte daraufhin durch Verwaltungsakt fest, dass es sich bei dem Hund der Klägerin, einem Rottweilermischlingsrüden, um einen gefährlichen Hund im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 NHundG handelt, dessen (weitere) Haltung gemäß § 8 Abs. 1 NHundG der Erlaubnis bedarf.

Die Beschwerde der Klägerin hiergegen im Rahmen des Antrags auf Prozesskostenhilfe wurde durch das OVG als unbegründet abgewiesen.

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Entscheidungsgründe des Greichts

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NHundG

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NHundG hat die Fachbehörde, wenn sie einen Hinweis darauf erhält, dass ein Hund, der von einer Hundehalterin oder einem Hundehalter nach § 1 Abs. 2 NHundG gehalten wird, eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat, den Hinweis zu prüfen.

Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde geltend macht, die Amtstierärztin der Beklagten habe keine ausreichenden Feststellungen für eine Einstufung ihres Hundes als gefährlich getroffen, da diese lediglich eine einzige Übung mit dem Hund durchgeführt und daraufhin dessen Gefährlichkeit festgestellt habe, kann dem nicht gefolgt werden.

Verdacht der Gefährlichkeit besteht

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat ihre Klage auch nicht deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegte Stellungnahme einer Hundetrainerin und den nachträglich positiv abgelegten Wesenstest Beweis durch Zeugenvernehmung und Einholung eines Sachverständigengutachtens dafür angeboten hat, dass ein die Feststellung der Gefährlichkeit rechtfertigendes aggressives Verhalten ihres Hundes nicht mehr vorliegt.

Der hier bestehende Verdacht der Gefährlichkeit des Hundes der Klägerin, der auf den Ergebnissen der Prüfungen durch die Amtstierärztin beruht, kann weder durch die von der Klägerin behauptete nachträgliche positive Entwicklung ihres Hundes infolge des Trainings noch durch den nachträglich eingeholten Wesenstest in Zweifel gezogen werden. Dagegen sprechen Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des NHundG.

Die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach § 7 Abs. 1 Satz 2 NHundG erfolgt bereits bei einem auf Tatsachen begründeten bloßen Gefahrenverdacht.

Der betreffende Hund ist schon bei bloßem Verdacht der Gefährlichkeit wie ein tatsächlich gefährlicher Hund zu behandeln. Daraus ergibt sich weiter, dass die aufgrund eines zu Recht angenommenen Gefahrenverdachts erfolgte Feststellung der Gefährlichkeit nicht nachträglich infrage gestellt werden kann, weil sich etwa bei einem später durchgeführten Wesenstest keine tatsächlichen Hinweise auf eine gesteigerte Aggressivität des Hundes ergeben.

Hinweis

Diese Entscheidung ist auch für andere Bundesländer relevant, in denen durchgängig derartig aggressive Hunde als gefährlich eingestuft werden.

Den Beschluss können Sie hier abrufen.

Autor*in: WEKA Redaktion