24.05.2022

BMW startet im Herbst mit Batterieproduktion

Schritt für Schritt. So geht BMW die Batteriezellfertigung an. Ein erster Schritt erfolgt im Herbst mit einem Kompetenzzentrum in Parsdorf. Der Autobauer kooperiert dabei mit EU und Bundesregierung in der IPCEI-Initiative. An ihr sind 16 Unternehmen aus Deutschland beteiligt.

Batterieproduktion

Industrialisierung von Hochleistungsbatteriezellen

Auf rund 15.000 Quadratmetern will die BMW Group in dem Kompetenzzentrum für Batteriezellfertigung (Cell Manufacturing Competence Centre, CMCC) in Parsdorf die Industrialisierung künftiger Generationen von Hochleistungsbatteriezellen nachweisen. Wie das Unternehmen mitteilt, soll die Pilotlinie im Kompetenzzentrum Analyse und vollständiges Verständnis der Wertschöpfungsprozesse der Zelle ermöglichen. Zukünftige Lieferanten erhalten dadurch die Befähigung bei der Zellproduktion entsprechend den eigenen Vorgaben und damit der Produktion von Batteriezellen hinsichtlich Qualität, Leistung und Kosten zu optimieren. Eine eigene Batteriezellfertigung in Großserie schließt das Unternehmen derzeit aus.

Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahrens sei jetzt abgeschlossen. Damit lägen die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme einer seriennahen Produktion für Lithium-Ionen-Batteriezellen in dem Kompetenzzentrum in Parsdorf bei München vor. Markus Fallböhmer, Leiter der Motoren- und E-Antriebsproduktion bei der BMW Group: „Mit dem Kompetenzzentrum für Batteriezellfertigung in Parsdorf gehen wir den nächsten konsequenten Schritt, um den gesamten Wertschöpfungsprozess für Batteriezellen in seiner Tiefe zu durchdringen.“ Nach Implementierung des Kompetenzzentrum Batteriezelle fokussiere man sich nunmehr auf die Produktionsprozesse. „Wir sichern die Produzierbarkeit von Lithium-Ionen-Batteriezellen unter Großseriengesichtspunkten bzgl. Qualität, Effizienz und Kosten ab“, so Fallböhmer.

Gestaffelter Produktionsstart der Pilotlinie

Die Investitionen für die erste Ausbaustufe Kompetenzzentrums für Batteriezellfertigung betragen den Angaben zufolge rund 170 Millionen Euro. Ungefähr 80 Mitarbeiter sollen am Standort Parsdorf arbeiten. Das Bundeswirtschaftsministerium und das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie unterstützen das Vorhaben im Rahmen des europäischen Förderprozesses IPCEI (Important Projects of Common European Interest). Aufgrund der komplexen Technologie erfolge die Inbetriebnahme der Batteriezellfertigung in Schritten:

  • Der Produktionsstart des CMCC erfolgt im Herbst.
  • In der ersten Phase des Hochlaufs werden die Anlagen für die Elektrodenproduktion installiert und eingefahren.
    • Hier werden Rohstoffe wie Graphit oder Nickeloxide für die Batterieelektroden dosiert und gemischt.
    • Anschließend erfolgt die Beschichtung der Metallfolien und die finale Verdichtung.
  • In der zweiten Phase werden die Anlagen für die nachfolgende Zellmontage und Formierung installiert.
    • Dort werden die Elektroden mit den weiteren Subkomponenten zu Batteriezellen verarbeitet, formiert und auf ihre Qualität geprüft.
    • Der gesamte Hochlaufprozess erstreckt sich über rund ein Jahr.
    • 2023 wird die seriennahe Batteriezellproduktion im Kompetenzzentrum in den Regelbetrieb übergehen.

Zell-Fertigungskompetenz für die Neue Klasse

Parsdorf arbeitet an innovativen Produktionsprozessen und -anlagen. Sie seien für den Einsatz in der Serienproduktion geeignet. BMW produziert dort Batteriezell-Muster für die nächste Generation Batterietechnologie der Neuen Klasse. Mit der Neuen Klasse vollziehe man im elektrischen Antrieb einen großen Technologie-Sprung. Die Energiedichte der künftigen Generation an Lithium-Ionen Zellen werde gesteigert bei sinkenden Kosten in Materialeinsatz und Produktion. Der Betrieb in Parsdorf erfolge über regenerativ erzeugten Strom, u.a. über Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach des Gebäudes. Die Stellplätze im Parkhaus seien mit Ladeinfrastruktur ausgerüstet.

Fallböhmer: „Mit dem CMCC vervollständigen wir unser Know-How entlang der Wertschöpfungskette von der Entwicklung der Batteriezelle über die Fertigung von Modulen und Antriebskomponenten bis zum Verbau fertig montierter Hochvoltbatterien in unseren Fahrzeugwerken. Analog zum BCCC im Bereich Zellforschung wird mit der seriennahen Fertigung in Parsdorf eine Instanz für die Batteriezellproduktion entstehen. So können Experten der BMW Group auf Augenhöhe mit den Zellherstellern diskutieren und Prozesse und Technologien optimieren.“

Batterie-Wertschöpfungskette im Blick

BMW bezieht die Batteriezellen von führenden Zellherstellern. Bei dem Automobilhersteller erfolge die weitere Wertschöpfung:

  • Zellvorbereitung,
  • Modul- und
  • Hochvoltbatterieproduktion.

Die Produktion von E-Antriebskomponenten verteilt sich laut BMW im Produktionsnetzwerk von BMW auf zahlreiche Standorte, wie z.B. Hochvoltbatterien, Batteriemodule und -komponenten in Deutschland in den Werken

  • Dingolfing,
  • Regensburg und
  • Leipzig.

Weitere E-Antriebsumfänge sind im Werk Spartanburg in USA und im Joint Venture BMW Brilliance Automotive in China angesiedelt.

Sicherheit für Arbeitsplätze

Die European Battery Alliance (EBA) schätzt laut einem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums das Marktpotenzial für in Europa produzierte automobile Batterien schon bis Mitte der 2020er Jahre auf bis zu 250 Milliarden Euro. Im Markt vorherrschend sind – wegen ihrer großen Energiedichte und hohen Lebensdauer – demnach Lithium-Ionen-Batterien. Sie machen einen großen Teil der Wertschöpfung in E-Autos aus mit bis zu rund 40 Prozent. Die Produktion dieses Bauteils vor Ort in Deutschland und Europa sorge deshalb für die Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen. Laut Klimaschutzprogramm der Bundesregierung sollen bis 2030 auf Deutschlands Straßen sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge fahren. Die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) teilt diese Auffassung. Diese Elektrofahrzeuge haben zentrale Bedeutung für die Erreichung der Klimaziele im Bereich der Personenmobilität und darüber hinaus. Leistungsfähige und nachhaltige Batterien sind dabei der Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Hochlaufziele und für die Zukunft der Elektromobilität. Denn sie ermöglichen eine große Reichweite und das schnelle Aufladen von E-Fahrzeugen und sorgen dafür, dass E-Autos einen geringen CO2-Fußabdruck haben.

IPCEI on Batteries: Europäisches Großprojekt zur Batteriezellfertigung

In der ersten Förderrunde „IPCEI on Batteries“, für die im Dezember 2019 von der EU-Kommission eine Gesamtförderhöhe von 3,2 Milliarden Euro genehmigt wurde, sind dabei die deutschen Unternehmen:

  • BASF,
  • BMW,
  • Opel,
  • Varta
  • die deutsche Tochter des belgischen Unternehmens Umicore.

Insgesamt sind beim „IPCEI on Batteries“ 17 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus sieben Ländern beteiligt: Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Polen, Schweden und Finnland. Das Gesamtprojekt soll bis 2031 abgeschlossen sein.

Fünf deutsche Projekte im ersten europäischen Großprojekt

Fünf deutsche Projekte zur Batteriezellfertigung sind im Rahmen des ersten IPCEI, dem „IPCEI on Batteries“ für eine Förderung vorgesehen. In den Kooperationen deutscher Firmen mit Unternehmen aus sechs weiteren EU-Mitgliedsstaaten stehen Forschung, Innovation und industrielle Produktion im Fokus. Die BMW Group kann durch die im Projekt verfolgten Forschungsthemen bis ins Detail die chemische Zusammensetzung, Zellmechanik, Zelldesigns und den Produktionsprozess weiterentwickeln. Die Batteriezellenhersteller können auf dieses Know-how aufbauen und es zielgerichtet in eine nachhaltig erfolgreiche Industrialisierung überführen.

Das Projekt von Opel umfasst eine innovative Batteriezellproduktion am Standort Kaiserslautern im Rahmen eines Joint Ventures (ACC) zusammen mit der Muttergesellschaft PSA und dem französischen Batteriehersteller Saft, einem Unternehmen der Total Group (Projektstandort: Kaiserslautern, Rheinland-Pfalz). Die Firma Umicore wird zur Entwicklung einer nachhaltigen Batterie in Europa beitragen, in der innovative Technologien, eine verantwortungsvolle Beschaffung und das Schließen des Materialkreislaufs durch Recycling Schlüsselfaktoren für den Erfolg sind (Projektstandort: Hanau, Hessen).

Mit neuartigen, innovativen Batterielösungen im Bereich der Lithium-Ionen-Technologie will Varta an den Projektstandorte Ellwangen, Baden-Württemberg, und Nördlingen, Bayern, weitere Märkte und Anwendungen adressieren und die Batteriezellproduktion auch von größeren Zellformaten vorantreiben. Damit leistet Varta einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der deutschen Batterieindustrie als Schlüsseltechnologie der Zukunft. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) koordiniert zwölf Mitgliedsstaaten und 46 Projekte entlang der Batterie-Wertschöpfungskette.

Zweites IPCEI

Am zweiten IPCEI-Großvorhaben IPCEI on European Battery Innovation (EuBatIn), dessen Förderung am 26. Januar 2021 von der EU-Kommission genehmigt wurde, sind insgesamt 46 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus zwölf EU-Staaten beteiligt. Zwei weitere Mitgliedstaaten sind assoziierte Partner. Das BMWK hat die Koordination des Europäischen Gesamtvorhabens übernommen und wird diese auch während der Durchführung der Projekte, die bis 2029 geplant ist, innehaben.

Elf deutsche Projekte entlang der Batteriewertschöpfungskette sind im Rahmen des zweiten IPCEI für eine Förderung vorgesehen. Die deutschen Teilnehmer sind

  • ACI Systems,
  • Alumina Systems,
  • BMW,
  • Cellforce Group,
  • ElringKlinger,
  • Liofit,
  • Manz,
  • Northvolt,
  • SGL
  • Carbon,
  • Skeleton Technologies und
  • Tesla.

Nach der Entwicklung einer nächsten Generation Li-Ionen Zellen sowie eines innovativen Batteriemodul- und Batteriesystemkonzeptes im ersten IPCEI liegt der Fokus der BMW-Arbeiten im zweiten IPCEI auf der Entwicklung der übernächsten Generation Li-Ionen Zellen, der Entwicklung und Optimierung von Prozesstechnologien sowie dem Aufbau einer Prototypen-Produktionsanlage für innovative Batteriemodule und -systeme mit verbesserter Recyclingfähigkeit. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Validierung von All-Solid-State Battery (ASSB) Technologien mit dem Ziel der Evaluierung der vielversprechendsten Batterietechnologien der Zukunft.

Das Projekt der Cellforce Group umfasst die Entwicklung von zukunftsfähigen Hochleistungs-Batteriezellen in einer hervorragenden Qualität. Ziel des Vorhabens ist es, Zellen mit hoher Energiedichte bei gleichzeitiger Schnellladefähigkeit für premium Automotive-Anwendungen zu erzeugen.

ElringKlinger wird durch die Entwicklung und Industrialisierung eines innovativen Zellgehäusedesigns zu einer wettbewerbsfähigen, europäischen Batteriewertschöpfungskette beitragen. Durch das neuartige Design werden die Bauteilanzahl und -komplexität dieser Zellgehäuse und der notwendige Verbrauch an energieintensiven Rohstoffen wie Aluminium und Kupfer reduziert. ElringKlinger wird so einen nachhaltigen Beitrag zur einer klimaneutralen, europäischen Batteriezellfertigung leisten.

Die Liofit aus Kamenz wird das Prinzip der Kreislaufwirtschaft auf Li-Ionen-Akkus der Mikroelektromobilität (Pedelecs, E-Scooter) anwenden. Diese Akkus werden geprüft, zerlegt, rekombiniert, repariert sowie nicht mehr verwendbare Zellpakete umweltfreundlich entladen und geschreddert, damit die Rohstoffe ihrer Wiederverwendung zugeführt werden können. Akku- und Recycling-knowhow wird unter einem Dach angesiedelt und damit ein Beitrag zu einer klimafreundlicheren Mobilität geleistet.

Lithium-Batteriefabrik der Zukunft von Manz

Manz beabsichtigt in ihrem Projekt „Lithium-Batteriefabrik der Zukunft“ hocheffiziente Maschinen und Prozesse zur vollautomatisierten Herstellung von Lithiumbatterien der Generationen 3 und 4 zu entwickeln. Die Herstellprozesse und die dazugehörigen Anlagen basieren auf einem neuen, digitalisierten und kostengünstigen Geschäftsmodell. Manz wird somit einen wirksamen Beitrag zum Aufbau einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Batterieindustrie in Europa leisten.

Northvolt möchte die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen europäischen Wertschöpfungskette für Batterien unterstützen. Northvolt will zu diesem Zweck ein umfangreiches FuE-Projekt in Schweden durchführen und untersucht im Rahmen seines IPCEI-Projekts die Möglichkeit für eine dritte Fertigungsstätte in Deutschland (neben Skelleftea, Schweden, und Salzgitter, Deutschland). Northvolt wird nun die abschließende Prüfung des Projekts vorbereiten, bevor eine endgültige Investitionsentscheidung getroffen wird.

Die SGL Carbon will mit der Entwicklung und Industrialisierung neuartiger Herstellungsprozesse und Recyclingkonzepte für innovative Anodenmaterialien einen essenziellen Beitrag zur Etablierung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Wertschöpfungskette und Kreislaufwirtschaft für Lithium-Ionen-Batterien leisten. Die EU-Klimaneutralitätsziele werden durch den resultierenden verbesserten Carbon Footprint, einen reduzierten Material- und Energieeinsatz sowie durch eine erhöhte Batterielebensdauer wesentlich unterstützt.

Die Skeleton Technologies aus Großröhrsdorf wird die Entwicklung hybrider Energiespeicher erforschen, welche die Vorteile von Lithium-Ionen-Batterien (hohe Energiedichte) mit den Vorteilen von Ultrakondensatoren (hohe Leistung, lange Lebensdauer) vereinen. Das Projekt sieht vor, durch Industrie 4.0 Innovationen die Kosten von Ultrakondensatoren deutlich zu senken und neuartige Hybridlösungen für Energiespeicher zu entwickeln, so dass der Ressourcenbedarf für klassische Batterien verringert wird.

Das zentrale Ziel von Tesla bei diesem Projekt ist die Entwicklung und Realisierung fortschrittlicher Herstellungs- und Recycling-Methoden von Li-Ionen-Batteriezellen, um den ökologischen Fußabdruck von Zellen sowie deren Stückkosten erheblich zu reduzieren. Dies ist entscheidend für das Erreichen des Ziels Teslas, die weltweite Transformation zu nachhaltiger Energienutzung zu beschleunigen.

Bislang gilt die Gewinnung von Lithium als umweltschädliches Unterfangen. Das könnte sich ab 2026 ändern, wenn das Unternehmen Vulcan Lithium aus Vorkommen unter dem Oberrheingraben fördern will. Mehr dazu lesen Sie in unserem Beitrag „Vulcan erhält Großbestellungen für Lithium vom Oberrhein“.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)