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Was sind Gefahrstoffe im Betrieb und wie mit ihnen umgehen?

Kein Putzschrank kommt ohne sie aus, und kaum eine Produktion oder ein Lager: Gefahrstoffe. Doch wie erkennen Sie diese Stoffe zuverlässig, und wie können Sie deren Risiken effektiv minimieren? In diesem Beitrag erfahren Sie, was Gefahrstoffe sind, wie sie gekennzeichnet werden und welche rechtlichen Vorgaben für den sicheren Umgang gelten, kurz: Sie finden hier eine grobe Übersicht über die Grundlagen zu Gefahrstoffen im Betrieb und den Einstieg in ausführliche und exakte Informationen.

Gefahrstoffe

Was sind Gefahrstoffe per Definition?

Gefahrstoffe sind alle Stoffe und Gemische, die beim Menschen Gesundheitsschäden oder Schäden in der Natur verursachen. Diese Stoffe sind Elemente, chemische Verbindungen oder Gemische aus diesen und können sowohl natürlich vorkommen als auch künstlich hergestellt sein oder unbeabsichtigt entstehen. Diese Definition basiert auf der Kernregelung des deutschen Gefahrstoffrechts: der Gefahrstoffverordnung. Nicht unter die Definition von Gefahrstoffen nach Gefahrstoffverordnung fallen u.a. Biozide, Abfälle oder Biostoffe, da diese in eigenen Vorschriften geregelt werden.

Eine Hand hebt eine braune Flasche in die Kamera, die zwei Piktogramme zeigt, die den Inhalt der Flasche eindeutig als Gefahrstoff ausweisen.
Oft, aber nicht immer, zeigen Gefahrstoff-Piktogramme an, dass es sich bei dem verwendeten Mittel um einen Gefahrstoff handelt.

Zu den Gefahrstoffen nach Gefahrstoffverordnung zählen:

  1. Stoffe und Gemische, die in die Gefahrenklassen nach § 3 Gefahrstoffverordnung fallen. Diese Gefahrenklassen geben die Art der Gefährdung wieder, z.B. selbstzersetzend, toxisch oder oxidierend. Das sind die Gefahrstoffe, die am häufigsten vorkommen, bereits eingestuft und gekennzeichnet sind.
  2. Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind
  3. Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nr. 1 oder 2 entstehen oder freigesetzt werden
  4. Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach Nr. 1 bis 3 nicht erfüllen, aber aufgrund ihrer physikalisch-chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können. Hierunter fallen Gefahrstoffe, die noch nicht offiziell eingestuft sind, aber dennoch eine Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer erwarten lassen. Darunter fallen z.B. erstickend oder narkotisierend wirkende Gase, etwa CO2.
  5. alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen ist

Stoffe, Gemische und Erzeugnisse können ein Gefahrstoff sein

Unter den Sammelbegriff „Gefahrstoffe“ fallen nicht nur reine Stoffe, sondern auch Gemische und Erzeugnisse:

  • Stoffe sind chemische Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder hergestellt werden (z.B. Quecksilber, Asbest, Chlor, Aceton).
  • Gemische sind aus zwei oder mehreren Stoffen bestehende Gemenge oder Lösungen (z.B. Nitroverdünnung, Galvanisierbäder, Formaldehydlösungen, Lacke, Salzsäure [= in Wasser gelöster Chlorwasserstoff – HCl]).
  • Erzeugnisse sind Gegenstände, die bei der Herstellung eine spezifische Gestalt, Oberfläche oder Form erhalten haben, die deren Funktion mehr bestimmen als ihre chemische Zusammensetzung (z.B. nickelhaltige Schweißelektroden, Keramikfaserplatten, Eichenholzbretter).

Rechtliche Grundlage zu Gefahrstoffen im Betrieb

Die grundlegenden Vorschriften für den Umgang mit Gefahrstoffen in Deutschland sind im

enthalten.

bündeln diese Vorschriften, führen sie weiter aus und erläutern sie beispielhaft.

Darüber hinaus gibt es zum Handel von Gefahrstoffen noch internationale Vorgaben mit dem GHS-System der UNO und der CLP-Verordnung der EU.

Werden Gefahrstoffe transportiert, gilt das Gefahrgutrecht. Aus Gefahrstoffen werden also Gefahrgüter.

Die Regelungen zu Gefahrstoffen machen Vorgaben über

  1. die Kennzeichnung von Gefahrstoffen
  2. die Beschaffung und den Verkauf von Gefahrstoffen
  3. sowie den Umgang mit Gefahrstoffen im Betrieb, worunter die Gefährdungsbeurteilung und zugehörige Schutzmaßnahmen, die Betriebsanweisung, die Unterweisung, das Gefahrstoffkataster, der Hautschutzplan, das Expositionsverzeichnus und die Lagerung fallen.

Zu all diesen Punkten lesen Sie im Folgenden eine kurze (!) Erläuterung.

Wie werden Gefahrstoffe gekennzeichnet?

Die Einstufung und die Kennzeichnung von Gefahrstoffen sind seit einigen Jahren zur Förderung des Handels weltweit harmonisiert. Auf der Vorlage des GHS-Systems der UNO hat die EU die unmittelbar geltende CLP-Verordnung erlassen. GHS steht für „global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien“ und CLP für „Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures“.

Neben diesen Vorgaben zum Kennzeichnung beim Inverkehrbringen von Gefahrstoffen gibt es noch Regelungen zur innerbetrieblichen Kennzeichnung von Gefahrstoffen mit der TRGS 201.

Wichtige Angaben auf Gefahrstoffetiketten gemäß GHS/CLP

Nach Art. 17 der CLP-Verordnung müssen im Wesentlichen folgende Angaben zur Kennzeichnung gemacht werden (soweit für das jeweilige Produkt zutreffend):

  • Handelsname oder Bezeichnung des Gemischs
  • Name, Adresse und Telefonnummer des Lieferanten
  • Nenn- oder Füllmenge des Inhalts bei für die allgemeine Öffentlichkeit erhältlichen Gemischen
  • chemische Bezeichnung des gefährlichen Stoffs oder der gefährlichen Stoffe, die im Gemisch enthalten sind
  • Produktidentifikatoren (z.B. CAS-Nummern)
  • Gefahrenpiktogramme und die dazugehörenden Gefahrenbezeichnungen
  • das zutreffende Signalwort
  • Gefahrenhinweise (H-Sätze)
  • Sicherheitshinweise (P-Sätze)
  • weitere Angaben bei besonderen – z.B. krebserzeugenden – Gefahrstoffen

Zudem geben Gefahrenklassen die Art der Gefahr wieder. Die Gefahrenkategorie unterteilt dann die Gefahrenklasse je nach Schwere der Gefahr.

Gefahren- und Sicherheitshinweise (H-Sätze, P-Sätze)

Hier kommen die H-Sätze und die P-Sätze ins Spiel. Denn für jede Gefahrenklasse samt Kategorie, die auf einen Stoff zutrifft, werden diesem Stoff ein oder mehrere Gefahrenhinweise (H-Sätze) zugeordnet. Diese H-Sätze haben ein bestimmtes Gefahrenpiktogramm zur Folge:

Gefahrstoffe Gefahrenpiktogramme nach GHS
GHS-Piktogramme: (von rechts nach links) oxidierend, entflammbar, ätzend, Gas unter Druck, große Gesundheitsgefahr, Gesundheitsgefahr, gesundheitliche Schäden, explosiv, umweltgefährdend

Gegebenenfalls folgt auf die H-Sätze ein Signalwort. Das Signalwort kann entweder „Gefahr“ (danger) oder „Achtung“ (warning) sein. Außerdem führen die H-Sätze immer bestimmte Sicherheitsmaßnahmen (P-Sätze).

Das Sicherheitsdatenblatt zu Gefahrstoffen im Betrieb

Über die Kennzeichnung hinaus hat der Lieferant von Gefahrstoffen in den meisten Fällen eine zusätzliche Informationspflicht, die er z.B. durch die Mitlieferung eines Sicherheitsdatenblatts erfüllen kann. Wie so ein Sicherheitsdatenblatt aussehen sollte und welche Informationen darin enthalten sein sollten, ist in der REACH-Verordnung festgelegt. Erläuterungen dazu gibt die Technische Regel für Gefahrstoffe „Nationale Aspekte beim Erstellen von Sicherheitsdatenblättern“ (TRGS 220).

Beschaffung der Gefahrstoffe im Betrieb

Noch bevor ein Gefahrstoff im Betrieb beschafft wird, hat der Arbeitgeber sich alle für ihn wichtigen Informationen über diesen zu besorgen. Vom Lieferanten erhält er z.B. das Sicherheitsdatenblatt und die Gebrauchsanleitungen des Herstellers. Aus den Vorschriften und Regeln erfährt er Weiteres über die Verwendung, und schließlich muss er die betriebsspezifischen Informationen über die Verwendung bei konkreten Arbeitsaufgaben ermitteln. Diese Informationsbeschaffung muss nicht nur für konkret gekaufte Gefahrstoffe durchgeführt werden, sondern für jeden Gefahrstoff, dessen Verwendung infrage kommt.

Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe im Betrieb

Ist das ungefährlichste Arbeitsverfahren ermittelt worden, werden die Informationen eventuell nötiger Gefahrstoffe mit denen zu den betrieblichen Eigentümlichkeiten in einer Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe zusammengeführt, in der auch die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt werden.

Schutzmaßnahmen für Gefahrstoffe im Betrieb

Auch beim Umgang mit Gefahrstoffen folgen die Schutzmaßnahmen in der Reihenfolge der Wertigkeit dem STOP-Prinzip: Technische Maßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum sind vorrangig gegenüber der Verwendung persönlicher Schutzausrüstungen und dem persönlichen Verhalten der Beschäftigten. Ganz zuvorderst steht allerdings die Substitutionsprüfung.

Substitution von Gefahrstoffen

Im Betrieb dürfen nur die Gefahrstoffe verwendet werden, die für die Erreichung des Arbeitsziels unumgänglich sind. Wenn möglich, müssen ungefährliche oder zumindest die am wenigsten gefährlichen Stoffe eingesetzt werden. Der Unternehmer muss also prüfen, ob er einen Gefahrstoff substituieren, also ersetzen kann.

  • Kann ein Anstrich z.B. mit einem Dispersionslack auf Wasserbasis durchgeführt werden, kommen Lacke auf Lösemittelbasis wegen der von ihnen ausgehenden Brandgefahren nicht in Betracht.
  • Ist es möglich, verstopfte Rohre mechanisch zu reinigen, darf ein ätzender Rohrreiniger, der Natronlauge enthält, nicht eingesetzt werden.

Technische Maßnahmen

Mit technischen Maßnahmen kann oft das Zusammentreffen von Menschen und Gefahrstoffen verhindert werden. Arbeiten können in geschlossenen Apparaturen durchgeführt werden, Maschinen – z.B. Reinigungsroboter – können statt der Beschäftigten tätig werden, Absaugungen können verhindern, dass Gefahrstoffe in die Atemluft gelangen. Technische Maßnahmen wirken weitestgehend unabhängig vom Verhalten der Beschäftigten und können so eine hohe Sicherheit gewährleisten.

Organisatorische Maßnahmen

Organisatorische Maßnahmen können insbesondere die Zahl der Personen, die mit Gefahrstoffen zusammentreffen, verringern. So kann angeordnet werden, dass nur bestimmte Personen Bereiche betreten dürfen, oder Arbeiten mit Gefahrstoffen können in betriebsarmen Zeiten durchgeführt werden – z.B. Reinigungsarbeiten oder Schädlingsbekämpfung nachts oder an Wochenenden.

Persönliche Maßnahmen

Persönliche Maßnahmen haben den Nachteil, vom Verhalten der Beschäftigten abhängig zu sein, und werden deshalb nur dann getroffen, wenn andere Maßnahmen nicht oder nicht vollständig wirken. Mit der Verwendung persönlicher Schutzausrüstung wie Schutzhandschuhe, Schutzbrille oder Atemschutz kann die Einwirkung von vorhandenen Gefahrstoffen auf den Körper der Beschäftigten verhindert werden.

Natürlich leistet auch das Verhalten der Beschäftigten einen Beitrag zu ihrer Sicherheit. So darf beim Umgang mit Gefahrstoffen nicht geraucht werden, es darf dabei nicht gegessen oder getrunken werden. Wichtig ist auch, dass Gefahrstoffe von den Beschäftigten nicht in Gefäße umgefüllt werden, die mit Gefäßen für Lebensmittel verwechselt werden können und aufgrund mangelnder Kennzeichnung die Gefährlichkeit nicht erkennen lassen.

Betriebsanweisung und Unterweisung zu Gefahrstoffen

Der Inhalt der Gefährdungsbeurteilung wird in eine verständliche Betriebsanweisung für Gefahrstoffe überführt. Verstöße gegen Betriebsanweisungen können schwerwiegende rechtliche Folgen haben.

Anhand der Betriebsanweisung wird dann eine Gefahrstoffunterweisung der Beschäftigten durchgeführt; Eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung sollten Arbeitgeber in diese Unterweisung integrieren.

Gefahrstoffkataster über alle Gefahrstoffe im Betrieb

6 GefStoffV legt fest, dass Arbeitgeber ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe zu führen haben: das Gefahrstoffkataster. Hier sehen Verantwortliche auf einen Blick, an welchen Arbeitsplätzen Tätigkeiten mit welchen Gefahrstoffen durchgeführt werden.

Hautschutzplan für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen

Ein Hautschutzplan ist eine zentrale Maßnahme, die der Arbeitgeber für Tätigkeiten mit hautbelastenden Gefahrstoffen erstellen muss. Er dient dazu, die Beschäftigten über die notwendigen Schutz-, Reinigungs- und Pflegemaßnahmen während und nach dem Umgang mit Gefahrstoffen zu informieren. Diese Maßnahmen sind tätigkeitsbezogen und basieren auf der Gefährdungsbeurteilung. Der Hautschutzplan sollte in der Nähe von Feuchtarbeitsplätzen an gut sichtbarer Stelle ausgehängt werden.

Verzeichnis der exponierten Personen

Bei gefährdenden Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B besteht die Pflicht, ein Expositionsverzeichnis zu führen.

Lagerung von Gefahrstoffen im Betrieb

Eine sichere Lagerung von Gefahrstoffen ist wichtig, um Schäden von Mensch und Umwelt abzuwenden. Durch Mengenbegrenzung kann das Schadenspotenzial gesenkt werden, Zugangsbeschränkungen können die Zahl potenzieller Opfer senken, und sicherer Einschluss kann eine Ausbreitung der Gefahr vermindern. Andererseits werden Gefahrstoffe für verschiedenste Arbeitsverfahren gebraucht; ein minimiertes Risiko muss man also zulassen. Je nach Arbeitsweisen gelten deshalb für verschiedene Räumlichkeiten unterschiedliche Regeln für die Aufbewahrung und Lagerung von Gefahrstoffen. Auch die innerbetriebliche Kennzeichnung von Gefahrstoffen, z.B. beim Umfüllen, ist ein wichtiges Thema für den Umgang mit Gefahrstoffen im Betrieb.

Der Gefahrstoffbeauftragte

Arbeitgeber müssen feststellen, ob seine Beschäftigten mit Gefahrstoffen umgehen. Falls ja, muss er die entsprechenden Gefährdungen beurteilen. Verfügt er nicht über ausreichende Kenntnisse dazu, so muss er eine fachkundige Person dafür einstellen. Für diese fachkundige Person hat sich in der Praxis der Begriff „Gefahrstoffbeauftragter“ eingebürgert.

Der Gefahrstoffbeauftragte kann vom Arbeitgeber den Auftrag erhalten, ihn zu all seinen Pflichten im Umgang mit Gefahrstoffen beraten.

Fazit zu Gefahrstoffen im Betrieb

Die Pflichten des Arbeitgebers beim Umgang mit Gefahrstoffen fasst das folgende Diagramm noch einmal zusammen.

Aufgabenfelder für den Umgang mit Gefahrstoffen
Aufgabenfelder für den Umgang mit Gefahrstoffen

Gefahrstoffe im Betrieb stellen ein erhebliches Risiko für die Gesundheit der Beschäftigten und die Umwelt dar. Sie werden in verschiedenen Kategorien eingestuft (etwa toxisch oder explosiv) und durch standardisierte Gefahrenpiktogramme gekennzeichnet.

Ein systematisches und gut durchdachtes Gefahrstoffmanagement, das auf Gesetzen und Verordnungen basiert, ist unerlässlich. Die wesentlichen Regelungen zum Umgang mit Gefahrstoffen im Betrieb sind im Arbeitsschutzgesetz, Chemikaliengesetz, in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) festgelegt.

Durch die konsequente Anwendung der Gefährdungsbeurteilung, durch Substitution gefährlicher Stoffe und die Umsetzung von Schutzmaßnahmen kann das Risiko erheblich reduziert werden. Besonders wichtig ist die Unterweisung der Mitarbeitenden und die richtige Lagerung von Gefahrstoffen, um Unfälle und Schäden zu vermeiden.

Autor*innen: WEKA Redaktion, Kurt Kropp (Dr. rer. nat. Kurt Kropp ist Chemiker und war bis Ende 2017 Aufsichtsperson bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW).)