14.02.2021

Erste Hilfe und Prävention von Schnittverletzungen

Bei Schnittverletzungen kann nur die obere Hautschicht betroffen sein, oft ist ein Schnitt aber tiefer als andere Wunden und es werden auch Blutgefäße, Nerven oder Sehnen verletzt. Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen sind bei kleinen und tieferen Schnittverletzungen zu beachten?

Erfste Hilfe

Schnittverletzungen gehören zu den häufigsten Verletzungen überhaupt. Sie sind vermehrt in Unternehmen der Blechbe- und -verarbeitung sowie in der Gastronomie anzutreffen. Aber auch in Kantinen, Laboren sowie in allen Unternehmensbereichen, in denen die Handhabung von Messerwerkzeugen und Schneidegeräten Standard ist (u.a. Fleischvorbereitung, Frischetheken, Papier-, Karton- und Folienbearbeitung im Lagerbereich), herrscht eine erhöhte Gefährdung.

Eine Schnittverletzung reicht oft tiefer als andere Wunden. Einerseits kann nur die obere Hautschicht verletzt sein, andererseits kann ein Schnitt auch Blutgefäße, Nerven oder Sehnen verletzen. Wichtig ist, dass ein aktueller Erste-Hilfe-Aushang mit Angabe des D-Arztes an geeigneter Stelle aushängt und entsprechend der Betriebsgröße ausreichend betriebliche Ersthelfer bestellt wurden. Erste-Hilfe-Kästen mit möglichst vollständigem und sofort einsetzbarem Material sowie Verbandbuch und Händedesinfektionsmittel müssen vor Ort vorhanden sein.

Die Gründe für Schnittverletzungen können vielfältig sein

  • für die Aufgabe wurde das falsche oder ein stumpfes Messer bzw. Schere benutzt
  • Schneidemaschine mit Mängeln
  • keine geeigneten Schutzhandschuhe getragen
  • höhenfixiertes Schneidebrett genommen
  • keine sichere Zwischenablage vorhanden
  • Unachtsamkeit (u.a. infolge fehlender Unterweisung, schlechte „Tagesform“)

Erste Hilfe bei einer kleinen Schnittverletzung

  • Betroffenen beruhigen
  • Schutzhandschuhe tragen
  • Wunde kurz bluten lassen (Schmutz und mögliche Krankheitserreger werden herausgespült)
  • Schnittwunde anschließend mit Desinfektionsmittel behandeln
  • Schnellverband über der Wunde anlegen
  • Verletzung in das Verbandbuch eintragen
  • ggf. erneute Unterweisung durchführen, Arbeitsablauf ändern

Bei tiefer Schnittwunde wie folgt vorgehen

  • Blutung stoppen (Kreislaufschock vermeiden)
  • mögliche Bewegungseinschränkungen, Lähmungen oder Gefühlsstörungen berücksichtigen,
  • Verletzung mit einem Druckverband steril verbinden
  • von Hand leichten Druck auf die Wunde ausüben, falls erforderlich
  • bei Verletzung einer Arterie die blutführende Schlagader suchen und die Arterie gegen einen darunter liegenden Knochen drücken
  • keinesfalls Extremitäten abbinden, um die Blutung zu stoppen
  • umgehend einen D-Arzt aufsuchen (ggf. in Begleitung) oder Notarzt (112) alarmieren
  • Unfallmeldung an Berufsgenossenschaft und staatliche Gewerbeaufsicht bei mehr als drei Tagen Arbeitsunfähigkeit

Wichtig: Ist bereits Schmutz in die Wunde geraten, sollte der Tetanusschutz geprüft werden. Alle zehn Jahre ist eine Auffrischungsimpfung erforderlich.

Unsere Empfehlung

Jede noch so kleine Schnittwunde während der Arbeitszeit ist ein Arbeitsunfall!

Arbeitsunfälle müssen Sie mindestens intern im Unternehmen aufnehmen. Das Softwaremodul „Unfallstatistik plus“ erleichtert Ihnen die Aufnahme, Auswertung und Meldung von Arbeitsunfällen im Betrieb ganz erheblich. Schritt für Schritt leitet es Sie durch die relevanten Punkte für Beinaheunfälle, interne und externe Meldungen. Auch Unfallanzeigen für externe Unfallmeldungen erstellen Sie auf Knopfdruck.

Das sachgemäße Arbeiten mit Messern wird nur gewährleistet mit

  • richtige Halte-/Anwendungstechnik und individuelle Anwendungsgeschwindigkeit
  • scharfe Messer (Abrutschgefahr bei stumpfen Messern!)
  • passendes Messer; dabei gilt: je feiner das Schneidgut, desto kleiner das Messer (möglichst Sicherheitsmesser einsetzen)
  • Messer mit ergonomischem Griff und deutlichem Unterschied zwischen Klinge und Griff
  • richtige Haltung zum Schneidegut (höhenverstellbare Schneidebretter)
  • fixierte Schneidebretter/Unterlagen (Noppen, nasses Handtuch) und ausreichend Schneide- und Bewegungsfläche
  • sichere Aufbewahrung von Schneidwerkzeugen oder scharfen Gegenständen (u.a. Messerblock in der Küche, Magnetleiste, Ordnungssysteme in Schubladen)

Allgemeine Tipps zur Prävention von Schnittverletzungen

  • Analyse von Beinaheunfällen und Ableitung erforderlicher sicherheitstechnischer Maßnahmen
  • richtige Auswahl von Schneidegeräten, -werkzeugen
  • fachliche Beratung durch Hersteller
  • Einplanung von Probephasen im Betrieb
  • Einübung von Bewegungsabläufen, Halte- und Anwendungstechniken sowie Transport im Rahmen der Ein- und Unterweisung (§ 12 ArbSchG)
  • Verwendung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Schneidewerkzeuge
  • Weiterreichen der Schneidewerkzeuge mit Griff voran
  • Klinge nach unten bei Transport
  • Klinge beim Arbeiten und Reinigen vom Körper abwenden
  • bestimmungsgemäße Verwendung sicherstellen
  • Hände regelmäßig reinigen (z.B. wenn fettig): Händedesinfektionsmittel, Einmalhandtücher
  • Ablauf Mängelmitteilung festlegen
  • angemessene Beleuchtung für Schneidevorgänge sicherstellen (ASR A 3.4): hell, blendfrei ohne Schattenbildung
  • regelmäßige und gründliche Reinigung und Wartung (z.B. Klingenwechsel) von Schneidegeräten durch fachkundiges Personal
  • schnitt-/stichfeste Handschuhe einsetzen, sofern erforderlich
  • defekte Geräte, Werkzeuge umgehend aus dem Gebrauch nehmen (Mängelmitteilung)
  • auf rutschfeste und regelmäßig gereinigte Böden achten (ASR A 1.5/1,2)
  • Glasflächen, Türen, Tore, Rollcontainer regelmäßig auf Scharfkantigkeit durch Bruch bei Arbeitsplatzbegehungen inspizieren, u.a. Glaseinlegeböden in Regalen, Spiegel, Türen, Ablageflächen
  • aktuelle Betriebsanweisungen und Bedienungsanleitungen an Schneidemaschinen aushängen
  • Arbeitsabläufe vorausschauend planen
  • ggf. mit einer Plakataktion/Aktionswoche Beschäftigte zu dieser Thematik sensibilisieren
Autor*in: Stefan Johannsen