03.02.2020

Zur Haftung des Fahrzeughalters bei Parkverstoß auf Privatparkplatz

Kfz-Halter kann bei Verstoß gegen die (private) Parkordnung auf „erhöhtes Parkentgelt“ haften, wenn er seine Fahrereigenschaft nur pauschal bestreitet, ohne den Fahrer zu benennen (BGH, Urteil vom 18.12.2019, Az. XII ZR 13/19).

Parkverstoß Privatparkplatz

Nach Parkverstoß auf einem Privatparkplatz

In dem Fall ging es um ein Auto, das gleich drei Mal falsch auf den Parkplätzen zweier Krankenhäuser stand. Einmal parkte das Auto länger als erlaubt, zweimal war der Platz für Mitarbeiter mit Parkausweis reserviert. Die Strafe: einmal 15, zweimal 30 Euro (mittels Schilder angedroht). Aber die Halterin zahlte nicht. Sie habe das Auto nicht gefahren. Sonst hüllte sie sich in Schweigen.

Die Vorinstanzen

Das AG hat die auf Zahlung der „erhöhten Parkentgelte“ sowie der Kosten der Halteranfragen und von Inkassokosten in einer Gesamthöhe von 214,50 Euro gerichtete Klage abgewiesen. Das LG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil Schuldner des „erhöhten Parkentgelts“ nicht der Fahrzeughalter, sondern nur der Fahrer sei und die Beklagte wirksam ihre Fahrereigenschaft bestritten habe.

BGH-Aufhebung des Berufungsurteils

Die dagegen von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Verhältnis Parkplatzbetreiber–Fahrzeugführer

Zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer kommt ein Nutzungsvertrag zustande, indem der Fahrzeugführer das in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt. Wird das Privatgrundstück – wie hier – unentgeltlich zur Verfügung gestellt, handelt es sich nicht um einen Miet-, sondern um einen Leihvertrag. Durch die Hinweisschilder wird das „erhöhte Parkentgelt“ als Vertragsstrafe in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen. Die Festlegung mit mindestens 30 Euro ist hinreichend bestimmt und der Höhe nach nicht unangemessen.

Haftung allein nicht aus der Haltereigenschaft

Zu Recht hat es das Landgericht zwar abgelehnt, eine Haftung der Klägerin für diese Vertragsstrafe allein aus ihrer Haltereigenschaft abzuleiten. Insbesondere schuldet der Halter keinen Schadensersatz wegen der Weigerung, die Person des Fahrzeugführers zu benennen, weil ihn gegenüber dem Parkplatzbetreiber keine entsprechende Auskunftspflicht trifft.

Anders als das LG meint, hat die Beklagte aber ihre Fahrereigenschaft nicht wirksam bestritten. Ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Halter eines Kfz auch dessen Fahrer war, besteht allerdings nicht, weil Halter- und Fahrereigenschaft in der Lebenswirklichkeit häufig auseinanderfallen. Jedenfalls wenn die Einräumung der Parkmöglichkeit, wie im vorliegenden Fall, unentgeltlich in Form einer Leihe erfolgt, kann sich der Halter jedoch nicht auf ein einfaches Bestreiten seiner Fahrereigenschaft beschränken. Vielmehr muss er im Rahmen seiner sog. sekundären Darlegungslast dazu vortragen, wer als Nutzer des Pkw im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kam.

Zur Darlegungs- und Beweislast

Die grundsätzlich dem Kläger obliegende Darlegungs- und Beweislast, hier für die Fah­rereigenschaft, kann nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen eine Erleichterung erfahren. Danach trifft den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungspflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, hierzu näher vorzutragen. Diese Voraussetzungen werden für den vorliegenden Fall bejaht.

Parken auf Privatparkplatz als anonymes Massengeschäft

Beim Parken auf einem privaten Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur – regelmäßig kurzzeitigen – Nutzung angeboten wird. Zu einem persönlichen Kontakt zwischen Betreiber und Fahrer als den beiden Vertragsparteien kommt es regelmäßig nicht. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass dem Verleiher die Person des Fahrzeugführers als des Entleihers nicht bekannt ist. Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts und liegt im Interesse der auf den einfachen Zugang auch zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehrsöffentlichkeit.

Er hat keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertragspartners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs und damit einer Verletzung seiner letztlich aus dem Eigentum folgenden Rechte im Nachhinein in Erfahrung zu bringen. Selbst wenn er – mittels gesteigerten Personalaufwands – den Fahrer bei dessen Rückkehr zum Fahrzeug anhalten würde, könnte er dessen Personalien ebenso wenig ohne Weiteres feststellen wie auf der Grundlage etwa von Videoaufnahmen. Jedenfalls von demjenigen, der Privatparkplätze unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann auch nicht die Errichtung technischer Anlagen (etwa eines Schrankensystems) gefordert werden, die letztlich allein der Verhütung des Missbrauchs dieses Angebots dienen.

Fahrerbenennung möglich

Im Gegensatz dazu ist es dem Halter, der unter Beachtung seiner prozessualen Wahrheitspflicht bestreitet, selbst gefahren zu sein, regelmäßig selbst mit einem gewissen zeitlichen Abstand ohne Weiteres möglich und zumutbar, jedenfalls die Personen zu benennen, die im fraglichen Zeitraum die Möglichkeit hatten, das Fahrzeug als Fahrer zu nutzen. Denn er hat es regelmäßig in der Hand, wem er das Fahrzeug überlässt.

Neue Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht wird der Beklagten daher nun Gelegenheit zu einem wirksamen Bestreiten ihrer Fahrereigenschaft unter Angabe der als Fahrer im Zeitpunkt des jeweiligen Parkverstoßes in Betracht kommenden Person einzuräumen und dann neu zu entscheiden haben.

Hinweis: Die hier gegebene Vorgehensweise auf privaten Parkplätzen ist zwischenzeitlich auf vielen privaten Parkplätzen üblich, insbesondere auf Parkplätzen von Supermärkten.

Quelle: Pressemitteilung BGH

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)