24.01.2017

Persönliche Überwachung stört Betriebsratsarbeit

Schikanen durch den Arbeitgeber muss sich der Betriebsrat nicht gefallen lassen. Werden Betriebsräte ohne konkreten Anlass wiederholt „zur Fehlerkontrolle“ überwacht, ist darin eine Behinderung der Betriebsratsarbeit zu sehen.

Ausspähen im Büro

Arbeitsrecht. In einem Seniorenheim sind 55 Arbeitnehmer beschäftigt. Es besteht ein fünfköpfiger Betriebsrat. Der Arbeitgeber ließ drei Betriebsratsmitglieder wiederholt während kompletter Arbeitsschichten „zur Fehlerkontrolle“ überwachen. Bei den Kontrollen wurden die Betriebsräte immer wieder in Gespräche verwickelt, um Fehler zu provozieren, und durch Fragen und Kommentare in ihrer Arbeit gestört. Einer der „Kontrolleure“ meinte, er würde jetzt regelmäßig kommen, um die Arbeit der Betriebsratsmitglieder zu kontrollieren und Fehler zu suchen. Der Betriebsrat zog daraufhin vor Gericht und klagte auf Unterlassung der Überwachung wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit. Die ohne Anlass erfolgten Kontrollen erzeugten einen Überwachungsdruck, der unverhältnismäßig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreife.

Das sagt das Gericht

Das Gericht gab dem Betriebsrat Recht. Die ohne konkreten Anlass durchgeführte Überwachung ausschließlich von Betriebsratsmitgliedern im Sinne einer Leistungskontrolle, stelle den Versuch der Einschüchterung dar. Dadurch werde ein psychischer Druck aufgebaut, der nicht nur Betriebsratsmitglieder als Arbeitnehmer in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betreffe, sondern zugleich jedenfalls mittelbar geeignet sei, die Beschäftigten bei der Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit einzuschüchtern und somit zu stören. ArbG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.08.2016, Az.: 5 BV 19/16

Das bedeutet für Sie

Nach § 78 Satz 1 BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Damit ist jede unzulässige Erschwerung oder Verhinderung der Betriebsratsarbeit gemeint. Hierfür genügt jede objektive Beeinträchtigung der Betriebsratsarbeit. Dieses Verbot kann sowohl von den einzelnen Betriebsratsmitgliedern als auch vom Gremium im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs gerichtlich geltend gemacht werden, der zwar nicht explizit im Gesetz geregelt ist, aber von der Rechtsprechung entwickelt wurde.

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Autor*in: Redaktion Mitbestimmung