21.06.2018

Was passiert beim Ausfall eines Gesellschafter-Darlehens?

Gerät die Gesellschaft in eine Krise oder gar in die Insolvenz, droht für den Gesellschafter regelmäßig der Ausfall des eingesetzten Kapitals. Dies gilt sowohl für das der Gesellschaft überlassene Stammkapital, als auch für etwaige der Gesellschaft gewährte Gesellschafter-Darlehen sowie die Übernahme von Bürgschaften gegenüber den finanzierenden Banken. Gesetzliche Lage, Ansicht der Finanzverwaltung und weitere wichtige Informationen zum Ausfall eines Gesellschafter-Darlehens finden Sie hier.

Ausfall eines Gesellschafter-Darlehens

Was sagt das Gesetz zum Ausfall eines Gesellschafter-Darlehens?

Die gesetzliche Lage hat sich geändert:

Früher

  • Dualismus der Einkunftsarten prägt das EStG.
  • Überschusseinkünfte : Nur die „Früchte“ sind zu besteuern.
  • Für Gesellschafter einer GmbH gem. § 17 EStG bedeutet dies, dass der Ausfall seines Gesellschafter-Darlehens ein steuerlich nicht berücksichtigungsfähiger Verlust im Privatvermögen darstellt.

 

Heute (Stand Juni 2018)

Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 23.10.2008

  • Das Eigenkapitalersatzrecht wurde abgeschafft.
  • Streichung der §§ 32a, 32b GmbHG aF
  • Die Stellung des Gesellschafter-Darlehens und der Rückforderungsansprüche ergibt sich von nun an nach dem Insolvenz- und Anfechtungsrecht.
  • § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO: Eine Forderung auf Rückgewähr von Gesellschafter-Darlehen oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, sind nachrangig zu behandeln sind.
  • Die Gewährung einer Leistung durch den Gesellschafter an die Gesellschaft führt zum Nachrang in der Insolvenz.
  • Keine Differenzierung zwischen kapitalersetzenden und übrigen Gesellschafter-Darlehen.

Wie sieht die Finanzverwaltung die Rechtslage?

Nach Meinung der Finanzverwaltung ist bei einem Ausfall eines Gesellschafter-Darlehens grds. die Rechtsprechung des BFH weiter anzuwenden.

Die Beurteilung, ob nachträgliche Anschaffungskosten vorliegen, ist auf gesellschaftsrechtliche Veranlassung, nämlich die Hingabe des Darlehns in der Krise, abzustellen.

Die Einteilung in vier Fallgruppen zur Ermittlung der Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten bleibt weiterhin bestehen.

Woraus ergibt sich die Krisenbestimmung beim Ausfall eines Gesellschafter-Darlehens?

Nach Einführung des MoMiG ergibt sich die Krisenbestimmung zusätzlich aus den Neuregelungen des § 6 AnfG und der
§§ 39, 135 InsO.

  • Vertragliche Vereinbarungen = Verlust führt zu nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe des Nennwertes.
  • Gesetzliche Neuregelungen im Rahmen des MoMiG/insolvenzrechtliche Nachrangigkeit = der gemeine Wert zu Beginn des Anfechtungszeitraums ist maßgeblich.

Was bedeutet Kleinanleger- und Sanierungsprivileg?

Gesellschafter, die

  • keine Geschäftsführer sind und
  • weniger als 10% der Anteile an der GmbH besitzen

erhalten keine nachträglichen Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG.

Sanierungsdarlehen unterliegen nicht der Nachrangigkeit, können aber trotzdem als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemacht werden.

Wie urteilt der BFH jetzt?

Beispiel 1

Mit Urteil vom 11.07.2017 hat der BFH nun entschieden, dass sich der Ausfall eines Darlehns steuerlich grds. nicht mehr auswirkt (BFH, Az: IX R 36/15).

Darlehensgewährung innerhalb oder außerhalb der Krise ist nicht mehr relevant.

Gleiches gilt für Aufwendungen durch Bürgschaften.

Gleichbehandlung von Gesellschafter Darlehen in handelsrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher und steuerlicher Hinsicht.

Zu den Anschaffungskosten gehören Aufwendungen, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führt.

Beispiel 2

Endgültiger Ausfall einer (privaten) Kapitalforderung führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre. (BFH-Urteil v. 24.10.2017, Az: VIII R 13/15)

Aufgabe der Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Verlust nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG zu berücksichtigen.

Rückzahlung unter Nennwert steht Verlust bei Veräußerung gleich.

ABER:  Erforderlich ist

->  endgültiger Ausfall – nicht schon bei Eröffnung InsO-Verfahren

->  Einkünfteerzielungsabsicht

 

Was sind die Folgen für die Praxis?

  • Die „neue“ Rechtsprechung zum Gesellschafterdarlehen war nicht vorhersehbar und kann zu erheblichen Konsequenzen führen.
  • Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist die Regelung erst ab Veröffentlichung der Entscheidung wirksam (27.09.2017).
  • Es soll auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem der Steuerpflichtige die für ihn wichtige Disposition getroffen hat.
  • Dieser ist der Zeitpunkt der Hingabe einer von vornherein Eigenkapital ersetzenden Finanzierungshilfe oder das Stehenlassen einer Finanzierungshilfe bei Eintritt der Krise.
  • Soweit Bürgschaften durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und von vornherein eigenkapitalersetzend waren, ist die Inanspruchnahme dem alten Recht zuzuordnen, wenn diese nach der Veröffentlichung der Entscheidung erfolgt.
  • Zukünftig wird bei der Finanzierung der Gesellschaften die Entscheidung über die Gewährung von Eigen- oder Fremdkapital auch im Hinblick auf die steuerlichen Folgen im Falle des Ausfalls genau zu prüfen sein.
  • Bei einer Finanzierung durch Darlehen sollte eine Rangrücktrittsvereinbarung geschlossen werden um das Darlehn als eine dem Eigenkapital entsprechende Verbindlichkeit darzustellen.
  • Es ist darauf hinzuweisen, dass die geänderten Grundsätze nur Fälle betreffen, in denen die Beteiligungen zum Privatvermögen zählen.
  • Eine Abstimmung mit dem steuerlichen Berater ist sinnvoll, da eine Anpassung zum Zeitpunkt der Krise evtl. zu spät ist oder nicht mehr möglich.
  • Bei Darlehen aus Privatvermögen sollte ggf. § 20 II S. 1 Nr. 7 EStG zur Anwendung kommen.

ABER: Die Beschränkung der Verlustrechnung gem. § 20 VI EStG, § 20 IX EStG gilt nicht wenn die Beteiligung größer ist als 10 % am Stammkapital (§ 32 d II EStG).

 

Diese Inhalte stammen aus einem Online-Seminar des „GmbH-Brief AKTUELL“ (Februar 2018).

 

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Autor*in: Joachim Welper (Dipl.-Betriebswirt, Steuerberater, Business Coach, langjähriger Autor im Bereich Unternehmensführung)