05.01.2017

Unternehmenserfolg dank traditionellen Tugenden

Benediktinermönch: Firmen wollen mehr und mehr Tugenden leben Früher nannte man es schon einmal Tugend. Dann kam die Börsensprache in Mode, fortan hieß es „Werte“. Die Folge: eine grassierende Wertelosigkeit führte in die Finanzkrise. Eine Rückbesinnung auf Tugend beobachtet nun der Benediktinermönch Anselm Grün. Firmen wollten wieder Tugenden leben.

tugend und sünde

Tugenden und Werte

Werte berechnet man in toten Zahlen, zum Beispiel an der Börse. Tugenden wie Loyalität, Offenheit oder Integrität berechnet man hingegen nicht, man lebt sie. Und gerade das wollen wieder viele Firmen, stellt der Benediktinermönch Anselm Grün aus der Abtei Münsterschwarzach in der Nähe von Würzburg fest. Tugenden machten ein Unternehmen erst wertvoll, zitiert ihn zwischen den Jahren die „WirtschaftsWoche“.

Psychologie und Lebensgestaltung

Grün ist seit Jahren ein zumal in Unternehmerkreisen gefragter Referent. Er hat mehr als 300 Bücher veröffentlicht, die in 30 Sprachen übersetzt wurden. In seinem neuesten Werk „Von Gipfeln und Tälern des Lebens“ erzählt er von seiner Kraftschöpfung durchs Wandern. Seine Erkenntnisse über Psychologie und Lebensgestaltung sind vor allem für Wirtschaftslenker relevant.

Sich bedingende Gegensatzpaare

Wie Tag und Nacht, Gut und Böse sich bedingende Gegensatzpaare bilden, stehen sich Tugend und Sünde gegenüber und bedingen einander. Die Demut steht dem Hochmut entgegen, die Mildtätigkeit der Habgier, die Mäßigung der Völlerei. Die Lehre der sieben Todsünden und ihrer Gegenspieler hat ihren Ursprung im 4. Jahrhundert. Sünde und Tugenden erleben derzeit eine Renaissance.

Zunehmende Bedeutung der Tugend

Die zunehmende Bedeutung der Tugend zeigen neben der Flut an Ratgebern und Seminarangeboten auch zahlreiche Initiativen. Allerdings trifft die Begriffswelt oft nur eine unklare Unterscheidung zwischen „Wert“ und „Tugend“. So propagiert die „Wertekommission“, ein Zusammenschluss von Managern, vorbildliches Führen. Erst 2015 startete sie mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance an der Universität Witten/Herdecke eine Führungskräftebefragung.

Unklare Unterscheidung

Dabei nannten die Teilnehmer Vertrauen und Verantwortung als wichtigste „Werte“, gefolgt von Integrität. Die Befragten waren sich sicher: Wenn sich solche „Werte“ in der Führungskultur widerspiegeln, wächst die Motivation bei den Angestellten. Was sie meinten, sind aber Tugenden.

Das Wirtschaftsmagazin hat zehn Tugenden für Unternehmensführer in einer Chef-Checkliste zur sozialen Kompetenz zusammengestellt:

 

Zehn Tugenden für Unternehmensführer

  1. Präsenz: Einlassen auf gegenwärtige Führungsaufgabe, Ansprechbarkeit, aktives Zuhören
  2. Offenheit: Anhören verschiedener Meinungen, Würdigung anderer Sichtweisen vor Bildung eines Urteils
  3. Integrität: Vertretbarkeit des gefassten Urteils gegenüber dem Team und nach außen
  4. Konfliktbereitschaft: Standfestigkeit in schwierigen Situationen
  5. Konfliktfähigkeit: Erkennen und Bewältigen von Konflikten
  6. Menschenkenntnis: Einschätzen von Mitarbeitern, Erkennen ihrer Stärken und Schwächen
  7. Einfühlungsvermögen in Mitarbeiter
  8. Fehlertoleranz: offene Problemansprache, Unterstützung für die eigenen Leute, auch wenn sie Fehler machen
  9. Loyalität: Integrität und Fair Play im Umgang mit Mitarbeitern
  10. Teamkompetenz: Gestaltung von Interaktionen und gruppendynamischen Prozessen in Teams

 

Wer Gutes tut …

Anscheinend setzen sich vermeintlich selbstverständliche Erkenntnisse durch. Fazit des Berichtes: Wer Gutes tut, hat zufriedenere Mitarbeiter, schafft ein positives Bild in der Öffentlichkeit und sichert letztlich die Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens. Tugenden sind nur angeblich altmodisch. In Wirklichkeit lassen sie sich durchaus in die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts übertragen – wenn sie wirklich gelebt werden und nicht als Werte zu toten Zahlen verkommen.

 

Autor*in: Franz Höllriegel