21.04.2021

Nicht jede Auseinandersetzung ist Mobbing

Auch wenn eine Konfliktsituation im Arbeitsverhältnis länger anhält, begründet das keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Mobbing, so das LAG Hamm. Die Grenze ist überschritten bei Einschüchterung, Anfeindungen und Erniedrigungen.

Nicht jede Auseinandersetzung ist Mobbing

Der ein oder andere von Ihnen wird die Situation sicherlich kennen: Da ist dieser eine Mitarbeiter, der nie da ist. Arbeitsunfähig krank, Urlaub, arbeitsunfähig krank. Und auch sonst ist das Arbeitsverhältnis schwierig.

So scheint es auch in dem Fall, der vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen entschieden wurde. Der Mitarbeiter erhielt schließlich die Kündigung wegen erheblicher Krankheitstage. Im Kündigungsschutzprozess einigten sich Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite darauf, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Eine AU-Bescheinigung nach der anderen

Allerdings wurde dem Mitarbeiter gegen seinen Willen eine neue Arbeit zugewiesen. Bald klagte er über Rückenbeschwerden. Später über Bauchschmerzen, was auf einen Unfall am Arbeitsplatz zurückzuführen sei.

Das bezweifelte die Arbeitgeberseite. Eine Krankmeldung folgte der nächsten. Am Ende stellte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung ein, weil er der Meinung war, der Mitarbeiter täusche seine Arbeitsunfähigkeit nur vor. Man schloss schließlich einen Aufhebungsvertrag.

5.000 Euro wegen Mobbing?

Offensichtlich lag hier einiges im Argen. Der Arbeitnehmer ließ es sich deshalb nicht nehmen, die Arbeitgeberseite zu verklagen. Er forderte eine Entschädigung in Höhe von mindestens 5.000 Euro wegen Mobbing. Das ArbG Gelsenkirchen wies die Klage ab, weil es den Entschädigungsanspruch als nicht gegeben ansah. Daraufhin ging der Mitarbeiter in Berufung und zog vor das LAG Hamm.

Auch das LAG Hamm sieht keine Entschädigung wegen Mobbing

Die Entscheidung aus Gelsenkirchen wurde auch so am LAG Hamm bestätigt. Auch hier sahen die Arbeitsrichter eine Entschädigung nicht als gerechtfertigt an. Weder die vorgetragenen einzelnen Tatsachen noch die Gesamtheit bestätigten den Vorwurf wegen Mobbing.

Das Gericht stellte klar, dass nicht jede Meinungsverschiedenheit, Auseinandersetzung oder vermeintlich ungerechtfertigte Maßnahme der Arbeitsgeberseite eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitsnehmer darstelle. Vielmehr sollen im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen keinen Schadensersatzanspruch begründen, auch wenn sie über einen längeren Zeitraum andauern.

Die Grenze zum Mobbing sei jedoch dann überschritten, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten bezwecke und bewirke, dass die Würde des Mitarbeiters verletzt werde und wenn dadurch ein Umfeld von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung geschaffen werde. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. (LAG Hamm, Urteil vom 12.02.2021, Az. 1 Sa 1220/20).

Autor*in: Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa