16.08.2021

Betreiber von Verkaufsstand für defekte Kabelmatte verantwortlich?

Der Besucher eines Fußballspiels stürzte über eine gerissene und stark gewellte Kabelmatte. Er klagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von fast 10.000 Euro (OLG Hamm, Beschl. vom 07.05.2021, Az. 7 U 27/20).

Verkaufsstand defekte Kabelmatte

Sturz über eine Kabelmatte

Ein Bäcker verkaufte von einem mobilen Verkaufsstand aus Brezeln. Der Verkaufsstand wurde mit quer über den Durchgang verlaufenden Elektrokabeln mit Strom versorgt, die mit einer Kabelmatte abgedeckt waren. Ein Besucher stürzte auf der Höhe der Kabelmatte, als er an dem Brezel-Verkaufsstand vorbeikam. Die Gummimatte hatte Risse und war infolge längeren Gebrauchs stark gewellt.

Der Besucher erlitt Riss- und Quetschwunden im Gesicht, von denen deutliche Narben in der unteren Gesichtshälfte verblieben sind, und verlangte von dem Standbetreiber insbesondere Schmerzensgeld und Schadenersatz von insgesamt fast 10.000 Euro.

Gummimatte hätte nicht mehr ausgelegt werden dürfen, …

Eine Kabelmatte ist zwar grundsätzlich geeignet, um auf dem Boden liegende Elektrokabel abzudecken, befand das OLG. Die Matte hat aber nicht flach auf dem Boden gelegen, sondern sich verworfen. Daher bestand das Risiko, dass Personen zwar die Matte als solche, aber nicht deren welligen Bereich erkennen, mit dem Fuß einfädeln und stürzen. Durch das Verwenden stabiler, sich nicht verformender und bewegender Matten oder gegebenenfalls durch ein Abkleben der Ränder hätte die Gefahr abgewehrt werden können.

Wie schon das LG Dortmund (Urteil vom 13.02.2020, Az.: 4 O 150/18) kam das OLG Hamm zu dem Ergebnis, dass der Betreiber des Verkaufsstands seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und dass dem Geschädigten dem Grunde nach ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz zusteht. Die Gummimatte habe sich mit ihren Rissen und Wellenbildungen in einem derart schlechten Zustand befunden, dass sie jedenfalls so nicht mehr hätte verwendet werden dürfen.

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… aber der Geschädigte muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen

Bei erforderlicher Sorgfalt war jedoch erkennbar, dass an dem Verkaufsstand eine Gummimatte in schlechtem Zustand lag, argumentierte das OLG. Weil der Geschädigte seine Sorgfaltspflicht nicht beachtet habe, muss er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Ergebnis

Das OLG gab der Klage dem Grunde nach statt, setzte aber das Mitverschulden des Geschädigten auf 1/3 an.

Hinweis

Dieser Fall ereignete sich in einem Fußballstadion, dessen Verkaufsflächen privat vergeben werden. Dennoch empfehlen wir den Ordnungsbehörden bzw. Gewerbeämtern, bei der Kontrolle von Verkaufsständen im Rahmen des Marktverkehrs bzw. erlaubter Nutzungen verstärkt auf Stolperfallen zu achten sowie nicht mehr taugliche Kabelmatten durch feste Abdeckungen zu ersetzen. Beachten Sie, dass dies auch aus Gründen der Amtshaftung geboten sein kann.

Den Beschluss können Sie hier abrufen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)