13.08.2021

Unzuverlässigkeit eines Bewachers nach zurückgezogenen Strafanzeigen?

Können bei der Prognose, ob eine Person gewerberechtlich unzuverlässig ist, Straftaten unabhängig davon berücksichtigt werden, ob sie von der Staatsanwaltschaft tatsächlich verfolgt werden? Diese Frage hatte das OVG Schleswig zu klären (Beschl. vom 09.11.2020, Az. 5 MB 29/20).

Unzuverlässigkeit Bewacher

Zahlreiche Strafanzeigen

In den Jahren 2015 bis 2018 wurden gegen einen Bewacher zahlreiche Strafanzeigen gestellt. Eine Person wurde von ihm und anderen Beschuldigten gewaltsam zu Boden gebracht. Anschließend wurde ihr mehrfach gegen Kopf und Gesicht getreten. Bei einer weiteren gefährlichen Körperverletzung haben sich unter Beteiligung des Bewachers mehrere Personen geschlagen. Einige Strafanzeigen gegen ihn wurden im Verlauf der Ermittlungsverfahren zurückgezogen.

Das Gewerbeamt entzog dem Bewacher die Erlaubnis nach § 34a GewO.

Gesamtentwicklung in den Blick nehmen

Bei der Bewertung der durch Strafanzeigen dokumentierten Verhaltensweisen ist die Gesamtentwicklung in den Blick zu nehmen, bestätigte das OVG das Gewerbeamt. Dabei zeigt sich eine Neigung des Betroffenen, sich auf körperliche Auseinandersetzungen einzulassen, statt ihnen aus dem Weg zu gehen. Auch wenn der Bewacher einräumt, dass es zu einem Angriff gekommen sei und er sich daraufhin zur Wehr gesetzt habe, hätte er deeskalierend wirken müssen und durfte nicht mit Gegengewalt reagieren.

Negative Prognose

Bei der Prognose, ob eine Person gewerberechtlich unzuverlässig ist, können Straftaten unabhängig davon berücksichtigt werden, ob sie von der Staatsanwaltschaft tatsächlich verfolgt werden. Der Berücksichtigung dieser Straftanzeigen steht daher nicht entgegen, dass diese jeweils nach § 170 Abs. 2 StPO bzw. § 45 JGG eingestellt worden sind.

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Denn die Tatsache, die eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit dartut, ist nicht das Strafurteil, sondern das Verhalten des Betroffenen. Dem steht auch nicht die Unschuldsvermutung entgegen. Denn im strafrechtlichen Verfahren wird nicht die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit überprüft. Die Prüfung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit dient vielmehr der Gefahrenabwehr und hat damit einem anderen Zweck als die Strafverfolgung.

Das OVG kam daher wie das Gewerbeamt zu dem Schluss, dass sich der Bewacher nach diesen Maßstäben und dem Gesamteindruck seines bisherigen Verhaltens als unzuverlässig erweist.

Ergebnis

Die gemäß § 34a GewO erforderliche Zuverlässigkeit im Bewachungsgewerbe ist vor allem bei vermögensbezogenen Straftaten sowie Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit infrage gestellt, die befürchten lassen, dass sich der Betroffene an den zu bewachenden Gegenständen vergreift oder zu Handgreiflichkeiten gegenüber Fremden neigt.

Den Beschluss können Sie hier abrufen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)