23.01.2018

Räum- und Streupflicht auf einzelnen Glättestellen?

Die winterliche Räum- und Streupflicht von Grundstückseigentümern besteht nur bei Vorliegen einer allgemeinen Glätte. Einzelne Glättestellen können die Winterdienstpflicht nicht begründen. Eine Gemeindesatzung zum Winterdienst ist regelmäßig so zu verstehen, dass keine Erweiterung der Verkehrssicherungspflicht gewollt ist (BGH, Urteil vom 14.02.2017, Az. VI ZR 254/16).

Räum- und Streupflicht

Im Januar kam eine Fußgängerin auf ihrem Weg zur Arbeit gegen 7.20 Uhr an einem Hausgrundstück vorbei. Der Gehweg vor dem Haus war bis auf eine 1 x 1 m große Stelle trocken und geräumt. Auf dieser einzelnen Glättestelle, die fast die gesamte Breite des Gehwegs einnahm, rutschte die Fußgängerin aus, kam zu Fall und brach sich das linke Handgelenk. Ihre Arbeitgeberin klagte anschließend wegen des krankheitsbedingten Verdienstausfalls gegen die Eigentümer des Grundstücks auf Zahlung von Schadensersatz.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht bestätigte dagegen den Anspruch. Der Bundesgerichtshof entschied letztlich zugunsten der Grundstückseigentümer und hob die Entscheidung des Landgerichts auf.

Entscheidungsgründe

  • Der Arbeitgeberin der verunglückten Fußgängerin steht kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 BGB zu. Denn die Grundstückseigentümer haben nicht gegen die Räum- und Streupflicht und somit gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstoßen.
  • Die winterliche Räum- und Streupflicht setzt eine konkrete Gefahrenlage, das heißt eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag, voraus. Grundvoraussetzung ist eine allgemeine Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen.
  • Zwar ist das Erfordernis einer allgemeinen Glätte in der Gemeindesatzung zum Winterdienst nicht ausdrücklich genannt. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Erweiterung der Verkehrssicherungspflicht für Grundstückseigentümer gewollt ist.
  • Die Satzung muss vielmehr dahingehend verstanden werden, dass keine Leistungspflichten begründet werden, die über die Grenze der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit hinausgehen.

Zudem ist zu beachten, dass die Gemeinde keine Räum- und Streupflichten für Grundstückseigentümer begründen kann, die über die Anforderungen der sie selbst treffenden Verkehrssicherungspflicht hinausgehen.

Das Urteil ist abrufbar unter http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/19ke/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10908&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE307862017&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)