02.08.2021

Wann stören Küchengerüche einer Gaststätte?

Wie schwierig in der Praxis störende Gerüche einzuordnen sind, wird aus dem Urteil des VGH Mannheim (Beschl. vom 29.06.2021, Az.10 S 310/21) deutlich, der sich mit der Frage zu befassen hatte, ob diese den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigen.

Küchengerüche Gaststätte

Antrag auf Nutzungsuntersagung einer Abluftanlage

Die Eigentümer von zwei größtenteils vermieteten, teilweise von ihnen selbst bewohnten Wohnhäusern im Ortskern beantragten den Erlass einer sofort vollziehbaren baurechtlichen Nutzungsuntersagung durch die Gemeinde, mit der einem Gastwirt der Betrieb einer Abluftanlage mit Aktivkohlefilter in ihrem Haus vorläufig verboten werden soll. Zur Begründung führten sie aus, dass die von der Küche ausgehenden Gerüche unzumutbar seien, und stützten diese Schlussfolgerung auf ein von ihnen geführtes Geruchs- und Geräuschprotokoll. Die Gemeinde unternahm nichts, das VG lehnte die Klage ab. Sodann musste sich der VGH Mannheim mit dem Fall befassen.

Küchengerüche als schädliche Umwelteinwirkungen?

Der VGH prüfte, ob ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der derzeitige Betrieb der Abluftanlage schädliche Umwelteinwirkungen zulasten der Eigentümer mit der Folge verursacht, dass ihnen ein Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung (hier: § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO i.V.m. § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 3 BImSchG) zusteht.

Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Ob Geräusche oder Gerüche die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen überschreiten, ist eine Frage der Einzelfallbeurteilung. Diese richtet sich insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit, wobei auch wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die Sozialadäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sein können.

Geruch- und Geräuschprotokoll als Beweis geeignet?

Ein Geruchs- und Geräuschprotokoll der Eigentümer über einen Zeitraum von mehr als 2 Monaten mit der Aussage, der Gastwirt würde die Abluftanlage „immer auf höchster Stufe“ und damit so geräuschvoll wie möglich betreiben, reicht allein nicht aus, um einen Anspruch auf Erlass der geforderten Verfügung zu begründen.

Angesichts der schlechten Überprüfbarkeit der Betriebsstufe und der bestehenden Anhaltspunkte dafür, dass ein Betrieb auf einer hohen Stufe zumindest im Bereich einer Richtwertüberschreitung liegt, erscheint es allerdings nicht fernliegend, dass die Gemeinde dies umgehend prüft. Erst danach kann entschieden werden, ob dem Gastwirt durch eine Verfügung aufgegeben werden muss, mittels einer technischen Vorkehrung auszuschließen, dass der Betrieb der Abluftanlage mit unzumutbaren Geräuschen für die Nachbarschaft verbunden ist. Insoweit sind hierzu noch weitere behördliche Ermittlungen erforderlich.

Ergebnis

Der VGH ordnete an, dass die Gemeinde unverzüglich die mit dem Betrieb der Abluftanlage verbundene Geruchsstundenhäufigkeit zu ermitteln hat, die auf die Eigentümer einwirkt. Daneben ist die Geruchshäufigkeit zu ermitteln.

Warum hat der VGH den Ball in das Feld der Gemeinde gespielt?

Ziel ist eine Abwägung der verschiedenen Nutzungsinteressen, damit ermittelt werden kann, ob die den Eigentümern konkret zumutbare Zahl an Jahresgeruchsstunden dem in der GIRL für Wohngebiete genannten Wert von 10 % entspricht oder über oder unter diesem Wert liegt, um über den Erlass der beantragten Verfügung entscheiden zu können.

Den Beschluss können Sie hier abrufen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)