02.11.2017

Lebendig begraben

Der Gedanke, aufzuwachen und sich in einem Sarg wiederzufinden, der schon unter der Erde liegt, gehört wohl zu den grauenhaftesten Vorstellungen. Gnadenlos dem Erstickungstod ausgeliefert, hat der Bestattete kaum eine Chance, sich bemerkbar zu machen. Schon seit Jahrhunderten versuchen Menschen, die Gefahr, lebendig begraben zu werden, zu bannen und lassen sich einiges einfallen.

Geschmückter Sarg

Der Sicherheitssarg

Ende des achtzehnten Jahrhunderts entwarf Herzog Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel einen Sicherheitssarg. In Zeiten von Krankheitsepidemien und Kriegen stellten nämlich meist Priester fest, ob der Kranke tot war und die irrten gar nicht so selten. Der Herzog ließ sich selbst in einem von innen zu öffnenden Sarg mit Fenster und Frischluftzufuhr in einer Gruft bestatten, die er im Ernstfall hätte verlassen können.

Im neunzehnten Jahrhundert meldeten Erfinder in aller Welt Patente für Sicherheitserdmöbel an. Sicherheitssärge wurden Verkaufsschlager. Das Grundprinzip der verschiedenen Konstruktionen war ähnlich: Glocken, Fahnen oder ein Rohr verbanden die Särge mit der Außenwelt. Über sie sollte sich der Begrabene bemerkbar machen. Das Problem war die ausreichende Luftzufuhr.

Sogar Wissenschaftler litten unter der Angst, lebendig begraben zu werden – der Taphephobie. Alfred Nobel, der das Dynamit erfand, verfügte zum Beispiel, ihm nach seinem Tod die Pulsadern auszuschneiden und seine Leiche zu verbrennen.

Trotz EKG und anderer moderner Methoden, den Tod festzustellen, gibt es auch heute noch vereinzelt Fälle, bei denen jemand zu Unrecht für tot erklärt wird. So wachte 2014 im US-Bundesstaat Mississippi ein 78 Jahre alter Mann beim Bestatter im Leichensack auf. Er war vom örtlichen Gerichtsmediziner für tot erklärt worden, weil dieser keinen Puls mehr fühlen konnte. Schuld war möglicherweise sein Herzschrittmacher, der zunächst stehen blieb und dann wieder weiterlief.

Wer ganz sicher sein will, nicht lebendig begraben zu werden, sollte sich einen Organspenderausweis zulegen. Nach § 3 des Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben ist der Tod des Spenders „nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen“ festzustellen. Darunter fallen der „nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms“. Nach der Organentnahme und Kremierung ist der Spender auf jeden Fall tot.

Mehr zum Thema „Bestattung“ finden Sie im Werk Friedhofs- und Bestattungswesen.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)