26.02.2019

So vermeiden Sie Fehler bei der Betriebsrats-Sitzung

Die BR-Sitzung ist ein zentrales Element Ihrer Arbeit als Betriebsrat. Hinsichtlich der Einladung, Tagesordnung und Beschlussfassung sind etliche Formvorschriften zu beachten. Deshalb ist es ratsam, dass Sie sich die nötige Zeit nehmen, um alle Punkte ordnungsgemäß abzuarbeiten und sorgfältig zu prüfen.

Betriebsrat Sitzung

Geschäftsführung Betriebsrat. Welcher Betriebsrat kennt das nicht? Im Grunde ist alles eingespielt, wenn es darum geht, zur nächsten Sitzung einzuladen und die dazugehörige Tagesordnung zu erstellen. Doch gewohnte Abläufe können relativ leicht aus den Fugen geraten, wenn besonders schnell gehandelt werden muss. Das ist z. B. der Fall bei geplanten personellen Einzelmaßnahmen: Informiert die Geschäftsleitung das Gremium darüber, muss dieses innerhalb einer Woche darüber beraten und schriftlich Stellung nehmen. Das kann schnell zu einer organisatorischen Herausforderung werden.

Alle Mitglieder sollten sich auf die Sitzung vorbereiten können

Zwischen Einladung mit Tagesordnung und Betriebsratssitzung muss eine angemessene Vorbereitungszeit liegen. Eine bestimmte Frist ist zwar nicht vorgesehen, sie sollte aber mindestens ein bis zwei Arbeitstage betragen, damit die Eingeladenen genügend Zeit haben, sich darauf vorzubereiten. Diese Frist kann natürlich unterschritten werden, wenn dies dringend notwendig ist.

Hinweis: Tagesordnungspunkte konkret beschreiben

Die Tagesordnungspunkte sollten so konkret beschrieben sein, dass sich alle Mitglieder etwas darunter vorstellen können.

So planen Sie die Sitzung richtig

Wenn Betriebsrats-Sitzungen häufiger viel länger dauern als gedacht, sollten Sie möglicherweise anders planen: Eine mögliche sinnvolle Regel könnte z. B. hier sein: Das Wichtigste zuerst. Für alle Tagesordnungspunkte in der Einladung sollten Sie einschätzen, wie viel Zeit zur Beratung bis zum Beschluss benötigt wird. Wenn Sie immer mehr Zeit benötigen als für die Betriebsratssitzung vorgesehen, könnten Sie überlegen, den Sitzungstakt zu verkürzen und damit häufiger zu tagen. Beziehen Sie eventuell alle Gremiumsmitglieder ein: Bitten Sie alle, bis fünf Tage vor der Sitzung Tagesordnungspunkte konkret aufzugeben. Damit sollte sich der Anteil der Themen und insbesondere der Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ deutlich reduzieren.

Übersicht: Bestimmtheit der Tagesordnung

  • Nicht bestimmt genug ist z. B. die Formulierung: „TOP 4: Verschiedene Personalangelegenheiten, insbesondere Neueinstellung eines Mitarbeiters.“
  • Dieser Tagesordnungspunkt muss zumindest folgende Angaben enthalten: „TOP 4: Diskussion und Beschlussfassung über eine Personalangelegenheit, nämlich über die Neueinstellung von Herrn _____ (Name) in den Vertriebsbereich _____ (Nennung).“
  • Der beliebte, meist letzte Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ oder auch „Sonstiges“ ist nicht ausreichend bestimmt für eine wirksame Beschlussfassung. Das bedeutet, dass hier keine Beschlüsse gefasst werden, sondern sonstige Themen besprochen werden sollen.

So fassen Sie Beschlüsse korrekt

Besonders bei der Fassung von Beschlüssen ist § 33 BetrVG unbedingt zu beachten. Fehler bei der Abstimmung können zur Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Entscheidung führen. Stellen Sie sich z. B. folgende Situation vor: Der BR-Vorsitzende möchte in vier Wochen ein Seminar zu flexiblen Arbeitszeitmodellen besuchen. Beim Schreiben der Einladung sowie der Tagesordnung für die nächste Betriebsratssitzung vergisst er diesen Punkt und setzt ihn nicht mit auf die Tagesordnung. In der von allen Mitgliedern besuchten Sitzung fällt ihm selbst nach der Hälfte auf, dass er die geplante Seminarteilnahme vergessen hat. Er bringt den Punkt zur Abstimmung, ohne auf sein Versäumnis hinzuweisen. Auch sonst fällt niemanden etwas auf. Die Teilnahme wird mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen. Ist das korrekt?

Grundvoraussetzung: Beschlussfähigkeit

Die wichtigste Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Beschluss ist zunächst die Beschlussfähigkeit. Der Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen (§ 33 Abs. 2 BetrVG). In der Regel werden Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder (einfache Mehrheit) gefasst oder abgelehnt. Der Betriebsrat muss bei jedem Tagesordnungspunkt beschlussfähig sein. Der Vorsitzende muss die Beschlussfähigkeit auch vor jeder einzelnen Abstimmung feststellen. In unserem Beispielfall war das Gremium beschlussfähig und die Seminarteilnahme wurde mit der erforderlichen Mehrheit der Stimmen der Anwesenden beschlossen. Soweit ist mit dem Beschluss also alles in Ordnung. Er könnte dennoch nichtig sein.

Wann Beschlüsse fehlerhaft sind

Zwei Gründe für einen nichtigen und damit rechtsunwirksamen Beschluss

  • Sein Inhalt verstößt gegen Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften oder Tarifverträge oder
  • er ist nicht ordnungsgemäß zustande gekommen.

In diesen Fällen ist der Beschluss nicht ordnungsgemäß zustande gekommen

  • Der Betriebsrat ist nicht beschlussfähig.
  • Die Einladung ist fehlerhaft. Dies ist der Fall, wenn sie nicht rechtzeitig (mindestens einen Arbeitstag vor der Sitzung) erfolgt ist oder wenn nicht alle Teilnahmeberechtigten berücksichtigt wurden.
  • Die Tagesordnung fehlt ganz oder ist unvollständig. Das ist sie z. B. der Fall, wenn einige Punkte nicht aufgeführt wurden, über diese aber in der Sitzung beschlossen werden soll. Oder wenn die Tagesordnungspunkte nicht ausreichend konkret beschrieben wurden.

Unvollständige Tagesordnung hat Nichtigkeit zur Folge

In unserem Fall hat der Betriebsratsvorsitzende vergessen, den Punkt „Seminarteilnahme“ in die Tagesordnung mitaufzunehmen. Damit war die Tagesordnung unvollständig. Der Beschluss über die Weiterbildung des Vorsitzenden nach § 37 Abs. 6 BetrVG ist daher nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Er ist nichtig.

Fehler können unter bestimmten Voraussetzungen korrigiert werden

Die Fehler bei der Einladung und der Tagesordnung können allerdings „geheilt“, das heißt rechtzeitig wieder gutgemacht werden. Dann sind die Beschlüsse dennoch wirksam. Dafür müssen die vollständig versammelten Betriebsratsmitglieder in der Sitzung einstimmig entscheiden, dass die Beschlüsse trotz des Fehlers gültig sein sollen. Der Fall ist hier so gestaltet, dass keinem der Fehler in der Tagesordnung auffiel. Der Betriebsratsvorsitzende bemerkte zwar sein Versäumnis, sprach es aber nicht offen an. Deswegen hat das Gremium keinen solchen korrigierenden Beschluss gefasst. Der Fehler in der Beschlussfassung hinsichtlich der Schulung ist daher nicht geheilt.

Hinweis: Nichtiger Beschluss hat keine Rechtswirkung

Ein nichtiger Beschluss hat keinerlei Rechtswirkung. Das heißt, auch die darauf beruhende Maßnahme, wie hier die Entsendung zur Schulung, ist nichtig. Damit läuft der Betriebsratsvorsitzende in unserem Fall Gefahr, seinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den Arbeitgeber zu verlieren.

Nachträgliche Änderung nicht immer möglich

Grundsätzlich ist eine Änderung oder Aufhebung des Beschlusses möglich, so lange er noch keine Außenwirkung (z. B. Information der Belegschaft oder des Arbeitgebers) hat. Dann gilt das Prinzip, dass der spätere Beschluss den früheren aufhebt. Im Bereich des § 37 BetrVG (also auch der Schulungsteilnahme, § 37 Abs. 6 BetrVG), ist eine nachträgliche Beschlussfassung des Gremiums allerdings unzulässig.

Expertentipp: Fehler können geheilt werden

Selbst wenn der Betriebsrat seinen Fehler bemerkt, kann er diesen nicht in einer späteren Sitzung durch einen nachträglichen Beschluss korrigieren. Gerade bei Beschlüssen im Rahmen des § 37 BetrVG sollten Sie deshalb ganz besonders darauf achten, dass Sie alle Vorschriften befolgen.

Ergebnis

Der Beschluss hinsichtlich der Schulungsteilnahme ist wegen des Fehlens dieses Punktes auf der Tagesordnung nichtig. Der Betriebsratsvorsitzende verliert seinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den Arbeitgeber. An diesem Beispielfall wird deutlich, was für ernste Konsequenzen Fehler bei Beschlussfassungen haben können. Deshalb lohnt es sich auch für erfahrene BRs, hier lieber einmal zu viel hinzusehen als zu wenig.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)