19.01.2017

Kettenbefristungen: Sie als Betriebsrat bringen Ihren Arbeitgeber möglichst davon ab

Befristungen sind schon schlimm genug – aber Kettenbefristungen sind noch viel schlimmer. Denn dann nimmt die Unsicherheit der Beschäftigten kein Ende. Diese extreme Form der zeitlichen Begrenzung ist unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig und damit unwirksam. Die betroffenen Arbeitnehmer haben Anspruch auf unbefristete Beschäftigung und können diesen einklagen.

Befristung Betriebsrat

Arbeitsrecht. Die geltende Rechtslage sieht vor, dass immer nur die letzte Befristung gerichtlich geprüft wird. Deswegen ist es besonders wichtig, dass man immer vor Abschluss einer neuen Befristung zunächst überprüfen lässt, ob die alte Befristung überhaupt wirksam ist. Falls nicht, muss innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der unwirksamen Befristung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Wird nämlich danach erneut wirksam befristet, kann die frühere unwirksame Befristung nicht erfolgreich angegriffen werden.

Voraussetzungen einer wirksamen Kettenbefristung ohne Sachgrund

Zunächst einmal ist hinsichtlich des Befristungsgrundes zu unterscheiden. Zulässig sind so genannte sachgrundlose Befristungen (Zeitbefristungen). Der Arbeitgeber darf gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) Arbeitsverträge auch ohne Sachgrund befristeten. Die Befristung darf maximal für zwei Jahre erfolgen. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Voraussetzung ist aber, dass mit dem Arbeitgeber zuvor nicht bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. Wenn diese Voraussetzungen nicht eingehalten werden, ist die Befristung unwirksam.

Voraussetzungen einer wirksamen Kettenbefristung mit Sachgrund

Auch über den oben genannten Zeitraum hinaus kann das Arbeitsverhältnis wirksam befristet werden, wenn der Arbeitgeber hierfür einen Sachgrund hat. Dann ist aber auch bei jeder erneuten Befristung das Vorliegen des Sachgrundes zu prüfen. In Betracht kommen zum Beispiel notwendige Vertretungen für Krankheit, Urlaub und Schwangerschaft.

Expertentipp

Bei Kettenbefristungen ist es wichtig, dass Sie betroffene Kollegen gut beraten können. Machen Sie diese darauf aufmerksam, dass sie unbedingt innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der letzten Befristung gegen die Befristung klagen müssen. Übrigens können Beschäftigte auch schon während der Vertragslaufzeit die (Un-) Wirksamkeit der Befristung gerichtlich feststellen lassen (sogenannte Entfristungsklage).

Rechtsmissbrauch macht Befristungen unzulässig

Mit der Prüfung dieser Voraussetzungen allein kommen Gerichte aber nicht immer sehr weit. Drüber hinaus müssen sie sich stets den Einzelfall genau ansehen und alle Umstände, die dazu gehören. Nur dann können sie entscheiden, ob im jeweiligen Fall Rechtsmissbrauch vorliegt. Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Daneben ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt.

Ständiger Vertretungsbedarf gilt nicht als Rechtsmissbrauch

Grundsätzlich steht ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht automatisch entgegen. Das heißt, auch wenn von Anfang an klar ist, dass der Vertretungsbedarf nicht nur wenige Monate, sondern etliche Jahre betragen wird, kann ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Vertretungskraft rechtlich zulässig sein. Allerdings schauen die Gerichte hier bei der Befristungskontrolle genauer hin. Sie prüfen, ob der Arbeitgeber nicht die Möglichkeit zur Befristung rechtsmissbräuchlich ausnutzt – einfach weil er so eine unbefristete Festanstellung vermeiden kann. Dieser dann nicht mehr erlaubte Missbrauch kann z. B. dann gegeben sein, wenn ein Arbeitgeber gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift (BAG 18.07.2012, Az.: 7 AZR 443/09).

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)