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Betriebsvereinbarung zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern

Seit Juli 2024 gelten die neuen gesetzlichen Regelungen zur Vergütung von Betriebsräten. Nach fast einem Jahr bietet es sich an, das Thema erneut aufzugreifen. Wenn Sie etwa in Ihrem Betrieb noch keine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen haben, sollten Sie dies in jedem Fall für 2025 anstreben.

Händeschütteln und umherfliegendes Geld

Dies ist die seit Juli 2024 geltenden Rechtslage nach dem geänderten BetrVG:

Neuregelung des § 37 Abs. 4 BetrVG

§ 37 BetrVG regelt, dass Betriebsratsmitglieder nicht weniger verdienen dürfen als vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Inwieweit die Vergütung im Laufe der Zeit steigt, richtet sich nach den betriebsüblichen Karrieren von vergleichbaren Arbeitnehmern. Im Zuge der Änderung des BetrVG wird § 37 Abs. 4 BetrVG nun ergänzt. So stellt die Neuregelung bei der Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmern auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts ab, „soweit nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt“. Weiterhin wird die bestehende Vorschrift um den Satz ergänzt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln können. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber einen Schutzmechanismus für die Betriebsparteien eingebaut: Nach der Neuregelung soll die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden können. Gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist.

Konkreter gefasst: Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot

Das Verbot, Mitglieder des Betriebsrats zu begünstigen oder zu benachteiligen, hat seine gesetzliche Grundlage in § 78 BetrVG. Dies bleibt auch so. Künftig heißt es allerdings in § 78 Satz 3 BetrVG, dass eine Begünstigung oder Benachteiligung im Hinblick auf die gezahlte Betriebsratsvergütung nicht vorliegt, wenn „das Mitglied die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt“.

Das sind die wesentlichen Änderungen bei der Betriebsratsvergütung

Die gesetzliche Neuregelung bezieht sich unter anderem auf den Zeitpunkt der erstmaligen Amtsübernahme im Betriebsrat. Dieser ist nun auch für alle Gremiumsmitglieder der einheitliche Zeitpunkt zur Bestimmung der Vergleichspersonen. Allerdings heißt das nicht, dass sich bei den Vergleichspersonen nichts ändern kann. So sind durchaus Anpassungen hinsichtlich dieser Gruppe möglich und nötig. Dies gilt zumindest dann, wenn dafür rechtliche Gründe vorliegen. Doch auch im ersten Jahr nach Inkrafttreten der Änderung gibt es in diesem kritischen Bereich noch viele offene Fragen. Deshalb ist es ratsam, Details in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung verbindlich zu klären (siehe unten).

Bedeutung der vergleichbaren Arbeitnehmer

Wenn der geänderte § 37 Abs. 4 BetrVG vergleichbare Arbeitnehmer erwähnt, ist festzuhalten, dass sich an deren Bedeutung grundsätzlich nichts verändert hat. Die  Bestimmung dieser Personen soll weiterhin dabei helfen, objektive Anhaltspunkte für die angemessene Entwicklung der Vergütung eines Gremiumsmitglieds zu finden. Der Betriebsrat entwickelt sich, wie der Durchschnitt der vergleichbaren Arbeitnehmer seiner Gruppe.

Definition Vergleichspersonen

Das BAG definiert Vergleichspersonen als Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Wahl in den Betriebsrat (= Amtsübernahme) ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben und dafür in gleicher Weise fachlich und persönlich qualifiziert waren.

Teilnahme an Gehaltsentwicklung

Erhalten die Vergleichspersonen im Laufe ihres Berufslebens ein höheres Gehalt, profitieren davon auch zu 100 % freigestellte Betriebsratsmitglieder. Um zu entscheiden, wie sich deren Gehalt weiterentwickelt, ist zwischen zwei unterschiedlichen Situationen zu unterscheiden: Existenz bzw. Nichtexistenz eines gleichförmigen Vergütungssystems.

Gehaltsplus von Vergleichspersonen bei homogenem Vergütungssystem

Findet im Betrieb ein gleichförmiges Vergütungssystem Anwendung, gilt Folgendes: Die Vergütungsanpassung in der Vergleichsgruppe überträgt sich auf den freigestellten Betriebsrat, wenn der überwiegende Teil der Gruppe hinsichtlich Gehalt aufsteigt oder das freigestellte Betriebsratsmitglied auf eine höherdotierte Stelle hätte befördert werden müssen.

Durchschnittliche relative Vergütungsentwicklung bei ungleichem Gehaltsverlauf

Gibt es kein klares, verlässliches Entgeltschema, ist die Berechnung auf Durchschnittswerte ausgelegt: Entscheidend ist hier die durchschnittliche relative Entwicklung der Vergütung bei den Vergleichspersonen. Für die Bestimmung der Vergütungshöhe ist der Durchschnitt der Entwicklungen innerhalb der Vergleichsgruppe relevant, bei der unterschiedliche, nicht zeitgleiche Vergütungserhöhungen zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist ausschließlich der Durchschnitt der gesamten Gruppe.

Expertentipp

Die Neuregelungen in den §§ 37 und 78 BetrVG gelten für alle betrieblichen Interessenvertreter. Damit sind nicht nur (teil-)freigestellte Mitglieder nach § 38 BetrVG erfasst, sondern auch diejenigen, die sich stundenweise von ihrer regulären Tätigkeit befreien lassen.

Neuregelung ermöglicht entsprechende Betriebsvereinbarungen

§ 37 Abs. 4 BetrVG erwähnt nun ausdrücklich, dass hinsichtlich Vergütungsfragen Betriebsvereinbarungen geschlossen werden können. Insbesondere gilt das für Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer oder Vergleichsgruppen. Allerdings ist es nicht zulässig, die jeweilige Höhe der Vergütung konkret festzulegen. Dies ermöglicht nicht nur rechtssichere, sondern auch speziell auf die Situation im Betrieb zugeschnittene Lösungen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um erzwingbare Betriebsvereinbarungen. Das heißt, sie können nur abgeschlossen werden, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat darüber einigen können.

Praxistipp

Bevor sich Betriebsratsmitglieder daran machen, eine Betriebsvereinbarung zu verhandeln, ist es ratsam, die Situation im Betrieb zu analysieren und sich Unterstützung durch externe Sachverstände zu holen. Unter Umständen ergibt diese Prüfung, dass die bisherige Praxis ausreicht und keine Änderungen erforderlich sind. Aber selbst dann ist es besser, dies in einer Betriebsvereinbarung definitiv zu regeln. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die neuen gesetzlichen Vorschriften auch Anpassungen in der betrieblichen Vorgehensweise nach sich ziehen werden. Dies kann etwa besonders für die Berücksichtigung der im Amt erworbenen Fähigkeiten gelten.

Übersicht: Mögliche Inhalte einer Betriebsvereinbarung zur Betriebsratsvergütung

Es geht darum, Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer oder Vergleichsgruppen zu entwickeln und verbindlich zu regeln. Dies könnte u. a. folgende Punkte umfassen:

  • Vorschlagsrecht für Vergleichspersonen zur Bildung einer Vergleichsgruppe für Arbeitgeber UND Betriebsrat
  • Festlegung des Vergleichszeitpunkts für die Vergleichsgruppenbildung: Entweder wie im Gesetz erwähnt der Zeitpunkt der Amtsübernahme oder ein späterer Zeitpunkt aus gebotenem Anlass
  • Möglichkeit zur Beauftragung eines Mediators bzw. Schlichters zur Konfliktlösung, etwa bei Uneinigkeit über Bildung einer Vergleichsgruppe, Regelung zum Ablauf des Verfahrens zur Konfliktlösung
  • Festlegung von zeitlichen Abständen, in denen das Verfahren wiederholt wird bzw. wiederholt werden kann
  • Festlegung von verbindlichen Kriterien zur Auswahl der Vergleichspersonen (§ 37 Abs. 4 Satz 5 Hs. 1 BetrVG), z. B. Tarifeinstufungen, individuelle Leistungsfähigkeit, Zugehörigkeit zu bestimmten Betrieben

Inhalt von Betriebsvereinbarungen ist nur begrenzt gerichtlich überprüfbar

Haben Betriebsrat und Arbeitgeber eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen, ist diese nur noch eingeschränkt durch die Arbeitsgerichte überprüfbar. Ihr Inhalt kann dann lediglich auf grobe Fehlerhaftigkeit untersucht werden. Das sieht § 37 Abs. 4 Satz 5 BetrVG seit der Reform ausdrücklich vor.

Wichtiger Hinweis

Wenn sich Arbeitgeber nicht an die neuen Vorgaben halten, bleibt dem Betriebsrat nur übrig, rechtliche Schritte zu ergreifen und auf die Beachtung der ihm zustehende Rechte vor dem Arbeitsgericht zu klagen. In der Regel ist es sinnvoll, vor diesem Schritt das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und einen etwaigen Rechtsstreit vorher anzudrohen. Dies bewegt den Arbeitgeber unter Umständen zum Einlenken.

 

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)