16.12.2022

Jahresrückblick: Bau-Branche 2022

Die Coronapandemie, Affenpocken, der Krieg in der Ukraine, Demos im Iran, der Tod der Queen und die Fußball-WM in Katar: Ein herausforderndes, turbulentes und ebenso spannendes Jahr geht zu Ende. Was die Bau-Branche 2022 beschäftigt hat, lesen Sie in unserem Jahresrückblick.

Überblick: Bau 2022

Von der Energiekrise, der Inflation bis hin zu Lieferengpässen bei Rohstoffen und die daraus resultierende Explosion an Materialkosten: 2022 war keineswegs leicht für die Bau-Branche.  Hinzukommt der beschleunigte Ausbau von erneuerbaren Energien und im Zuge dessen die Novellierung des EEG. EnergieberaterInnen werden seitdem händeringend gesucht, ebenso wie PV-Anlagen und Wärmepumpen.

Das Team Bau von WEKA Media hat für Sie die einschlägigsten Änderungen für das Bauwesen 2022 zusammengefasst.

Preisgleitklausel

Die Preise sind in diesem Jahr signifikant gestiegen. Destatis zufolge haben sich die Baupreise für einen Neubau in Deutschland im August 2022 um 16,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Im Mai 2022 lag die Preiserhöhung bei satten 17,6 Prozent im Vergleich zu 2021. Der Baupreis hat sich 2022 von Mai zu August um 2,6 Prozent erhöht. Das macht die Kalkulation für Architekten schwer. Eine nachträgliche Preisanpassung ist bei laufenden Bauverträgen nicht so einfach möglich. Daher bietet es sich an, Stoffpreisgleitklauseln einzubauen.

Arbeitszeiterfassung in Deutschland

Zeiterfassung ist in Deutschland Pflicht. Das hat das Bundesarbeitsgericht im September 2022 entschieden. Das BAG-Urteil verändert nun die Arbeitsweise vieler Unternehmen in sämtlichen Branchen. Dabei ist die Vorgabe die Arbeitszeit zu erfassen nicht neu. Bereits im Mai 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Arbeitnehmer dazu verpflichtet sind, die gesamte Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Die EuGH-Richtlinie war in Deutschland nur noch nicht Gesetz. Damit prescht das Bundesarbeitsgericht nun vor. Ein Gesetz wird auf das Urteil bestimmt folgen.

Arbeitsstättenrichtlinien

17 Arbeitsstätten-Regeln (ASR) wurden 2022 geändert! Diese gelten ab sofort bei Fluchtwegen und Sicherheitsbeleuchtung, z.B. neu: lichte Maße von Hauptfluchtwegen sowie von Türen, Toren und Durchgängen in deren Verlauf, zusätzliche Werte nach Anzahl der Personen und alternative Kriterien für Treppenräume als Teil von Fluchtwegen. Eine Übersicht der wesentlichen Neuerungen: Arbeitsstättenrichtlinie.

Gebäudeenergiegesetz: GEG 2023

Das GEG ist aktualisiert worden. Unter anderem gab es Verschärfungen bei Neubauten: Nun ist das KfW-55-Haus Gesetz; mehr erneuerbare Energie wird gefordert. Solarstrom wird nun auch angerechnet, wenn er eingespeist wird. Neue Erdgasheizungen sind faktisch nicht mehr möglich. Die jetzt geltenden Bauteilanforderungen sind aufgelistet.

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Bauordnungen

Im 2022 wurden mehrere Landesbauordnungen aktualisiert.

Sächsische Bauordnung: Die Neuerungen betreffen die Paragrafen zu Abstandsflächen, zum Feuerwiderstand von Bauteilen und zur Verfahrensfreiheit von Stellplätzen und Ladestationen.

Landesbauordnung Schleswig-Holstein ist seit 01.09.2022 komplett neu gefasst worden: alle Paragrafen sind betroffen/neu nummeriert, dazu ist die geänderte Bauvorlagenverordnung und zahlreiche Sonderbauverordnungen neugefasst. Die ab 01.09.2022 eingeleiteten Verfahren werden nach der neuen Bauordnung und den neuen weiteren Vorschriften durchgeführt. Es ist möglich, den Bauantrag/Bauvorlagen digital einzureichen.

Niedersächsische Bauordnung wurde zum 01.01.2022 und 06.07.2022 reformiert: Der elektronische Bauantrag ist nun möglich. Es gilt die Solarpflicht für Neubauten.

Hessische Bauordnung erleichtert seit 29.11.2022 den Bau von Photovoltaik auf Hausdächern: Es gelten ab sofort geringere Mindestabstände von Ein- und Aufbauten bei Dächern zu den Nachbardächern, wenn zwischen den Gebäuden eine Brandschutzmauer steht. Das kann die Installation von Photovoltaik auf Reihenhäusern und Doppelhaushälften erleichtern helfen. Ohne brandschutztechnische Vorkehrungen bleibt es beim Mindestabstand von 1,25 m.

Weitere Lockerungen der Hessischen Bauordnung betreffen Wärmepumpen und Dämmmaßnahmen. Wärmepumpen bis zu einer Höhe von 2 m und einer Länge von 3 m sind nun auf Abstandsflächen von Baugrundstücken zulässig. Außenwand- und Dachdämmungen, die dem Wärmeschutz und der Energieeinsparung dienen, sind bis zu 0,40 m Dicke an der Grundstücksgrenze möglich.

Saarland: Landesbauordnung und Bauvorlagenverordnung reformiert (seit 15.04.2022 in Kraft). Die Mindest-Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen und Baustoffen wurde neu geregelt und es wurde die Möglichkeit geschaffen, Bauanträge digital einzureichen.

Baden-Württemberg: Photovoltaik-Pflicht-Verordnung (neue Vorschrift ab 01.01.2022). Solaranlage muss seit Mai 2022 aufs Dach – wer in Baden-Württemberg ein neues Wohnhaus bauen will, muss ab dem 01.05.2022 eine Solaranlage auf dem Dach installieren lassen. Ab Januar 2023 gilt das auch bei einer „grundlegenden“ Dachsanierung von Bestandsgebäuden.

Die Solarpflicht für neue gewerblich genutzte Gebäude gilt das ab 01.01.2022, etwa für Einkaufsmärkte, Bürogebäude und Schulen. Zudem müssen künftig auch auf Parkplätzen ab einer Größe von 35 Stellplätzen Sonnen-kollektoren aufgebaut werden – vorher galt das für Parkplätze ab 75 Stellplätzen.

Bauordnung für Nordrhein-Westfalen: Stellplatzverordnung Kfz und Fahrräder (neue Vorschrift gilt ab 01.07.2022). Diese Verordnung macht Vorgaben zur Zahl, Größe und Beschaffenheit notwendiger Stellplätze für Kfz und Fahrräder sowie für Stellplätze für Menschen mit Behinderung. (Gibt es Angaben im Bebauungsplan oder eine örtliche Bauvorschrift, gehen diese Regelungen vor.)

Die Novelle der Bremischen Landesbauordnung zum 01.01.2023 bringt diese Änderungen: Sowohl die elektronische Antragstellung durch den Bauherrn/Entwurfsverfasser als auch perspektivisch die Bearbeitung und die abschließende Bescheidung durch die unteren Bauaufsichtsbehörden werden nun auch in Bremen ermöglicht.

Dazu wurden BremLBO und Bauvorlagenverordnung geändert. Regelungen für eine Privilegierung von Photovoltaik auf Dachflächen in § 32 BremLBO. Technische Anlagen zur gebäudebezogenen Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien (z.B. Wärmepumpen) sowie Geothermieanlagen werden entsprechend § 6 BremLBO abstandsprivilegiert und nach § 61 BremLBO verfahrensfrei gestellt.

Bauordnung Berlin: Eine allgemeine Solarpflicht wird ab 01.01.2023 mit dem „Solargesetz Berlin“ für Neubauten und für Bestandsgebäude bei einer „grundlegenden Dachsanierung“ gelten.

Bauordnung Hamburg: Solardachpflicht ab 01.01.2023. Die Regelungen sehen u.a. eine Pflicht zur Installation von Fotovoltaikanlagen auf allen Dächern im Neubau vor. Neu auch: Bauprüfdienst Mobilitätsnachweis seit 23.03.2022 – Diese Vorschrift gibt die benötigte Zahl an Stellplätzen, Fahrradplätzen und barrierefreien Stellplätzen bekannt. Mithilfe des Formblatts „Mobilitätsnachweis“ können Bauherren den Mobilitätsbedarf und die angestrebte Reduzierung an Stellplätzen nachvollziehbar darstellen.

Wenn Sie sich für eine Bundeslandausgabe der Bauordnung interessieren, wählen Sie Ihre bevorzugte „Bauordnung in Bild“ aus der Liste. Bleiben Sie auf einem stets aktualisierten Stand!

Ausbau erneuerbarer Energie

Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24.02.2022 hat sich die Situation in Europa geändert. Konkret für Deutschland heißt das: raus aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wie Gas aus Russland und hin zu erneuerbaren Energien. Dafür hat die Bundesregierung einige Reformen auf den Weg gebracht.

  • EEG-Novelle: Mit dem „Osterpaket“ hat die Bundesregierung eine große energiepolitische Gesetzesnovelle verabschiedet. Ziel ist der schnelle Ausbau von erneuerbaren Energien. Im EEG wird ihre Nutzung nun als überragendes öffentliches Interesse verankert. Bis 2030 soll mindestens 80 Prozent des Bruttostroms aus erneuerbaren Energien sein. Um den Ausbau- von Wind- und Solarenergie zu forcieren, wurden weitere Gesetze erlassen.
  • Wind-an-Land-Gesetz: Die Stromerzeugung durch Windenergie ist bedeutend für die Energiewende. Mit dem Wind-an-Land-Gesetz soll der Ausbau von Windkraftenergie in Deutschland beschleunigt werden. Zwei Prozent der deutschen Landesfläche soll künftig für Windenergieanlagen zur Verfügung stehen. Dafür wurde das Baugesetzbuch geändert.
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Anpassung der Fördersätze BEG, iSFP und Neubauförderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat im August 2022 die BEG Einzelmaßnahmen angepasst. Ziel der Anpassung ist, bei Sanierungen einen noch stärkeren Klimaschutzeffekt zu erreichen und damit die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu verringern.

So liegen die Fördersätze bei den Einzelmaßnahmen zum Beispiel inzwischen bei bis zu 20 Prozent bei Biomasseanlage mit Heizungs-Tausch-Bonus und bis zu 40 Prozent bei Wärmepumpen mit Heizungs-Tausch-Bonus und Wärmepumpen-Bonus.

Andere wichtige Neuigkeiten

Die neue Muster-Holzbau-Richtlinie gibt nun Konstruktionen für Bauten der Gebäudeklassen 4 und 5 vor. Sie zeigt, wie Sie die nötige Brandsicherheit für tragende und aussteifende Bauteile auf aktuellem Stand erreichen.

Gewährleistungsrecht 2022: Seit dem 01.01.2022 ist die Frist für Käufer, um fehlerhafte Produkte zu reklamieren oder zurückzusenden, länger. Anstatt sechs Monate haben diese nun ein Jahr Zeit fehlerhafte Ware zu reklamieren.

Grundsteuerreform 2022: Die Grundsteuer wurde 2022 neu berechnet. Dafür müssen alle Eigentümer eine Feststellungserklärung abgeben und Daten an das Finanzamt übermitteln. Jedoch wurde die Frist zur Grundsteuererklärung verlängert. Statt Ende Oktober 2022 müssen Eigentümer die Grundsteuererklärung nun erst bis zum 31. Januar 2023 abgeben. Ab 2025 soll dann die neue Grundsteuerberechnung gelten.

Jahressteuergesetz 2022: Im Dezember wurde das Jahressteuergesetz 2022 beschlossen. Die steuerlichen Änderungen des Gesetzes betreffen unterschiedliche Lebensbereiche. Signifikant für den Ausbau erneuerbarer Energien sind die Anpassung bezüglich Photovoltaikanlagen. Für kleinere PV-Anlagen mit bis zu 30 Kilowatt entfällt die Ertragssteuer bereits rückwirkend zum 1.1.2022. Außerdem entfällt für diese Anlagen auch die Umsatzsteuer.

Darüber hinaus wurde die Abschreibung von Immobilien geändert. Ab 2023 beträgt der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden anstatt zwei nun drei Prozent.

Heizkostenreform: Zum Jahresbeginn 2022 trat die Heizkostenreform in Kraft. So müssen Vermieter ab sofort Mieter monatlich über deren Energieverbrauch informieren. Zudem sollen bis 2026 alle Messgeräte fernablesbar sein.

Mietspiegelreform: Seit 01.07.2022 gilt die Mietspiegelreform. Für Städte mit mehr als 50.000 Einwohner sind Mietspiegel nun Pflicht.

Urteil zur Überprüfung des Baugrunds: Der Architekt muss die Kampfmittelfreiheit des Bodens überprüfen lassen. Das gehört zu seinen Grundleistungen. Wenn er das nicht tut, haftet er für die Konsequenzen. So das Urteil des Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 24 U 48/20).

Zensus 2022: Für den Zensus 2022 hat der Gesetzgeber eine Auskunftspflicht festgelegt. Demnach sind EigentümerInnen sowie VerwalterInnen von Wohnraum verpflichtet, Auskunft über bestimmte Angaben zu den von ihnen vermieteten Wohnungen zu geben.

Neues aus der Normung

DIN 277: Die korrekte Berechnung von Flächen und Rauminhalten ist Basis für eine Vielzahl planerischer Prozesse. Ab sofort ist die neue Fassung DIN 277 vom August 2021 anzuwenden.

Gegenüber der alten Fassung wurden folgende Änderungen vorgenommen: Festlegung der Messpunkte (neu: Dämmung, Außenkanten, Innenkanten, Oberkanten), Berechnung von Flächen bei Rampen und Treppen, Umgang mit Brüstungen, Installations- und Aufzugschächten, Angabe abgegrenzter Teilflächen, Vorgehen bei Dächern und Schächten, getrennte Ermittlung ausbaufähiger Räume, Angabe, ob nach Planmaßen oder den tatsächlichen Maßen ermittelt wurde.

DIN 18515-1 Außenwandbekleidung – Grundsätze für Planung und Ausführung

DIN 18009-2 Brandschutzingenieurwesen

DIN EN 17037 Tageslicht in Gebäuden

DIN EN 1529: 2022-02 Türblätter – Höhe, Breite, Dicke und Rechtwinkligkeit – Toleranzklassen

DIN 68800-2: 2022-02 Holzschutz – Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau

DIN 7865-1:2022-08 Elastomer-Fugenbänder zur Abdichtung von Fugen in Beton – Teil 1: Formen und Maße

DIN 18500-1:2022-10 Betonwerkstein – Teil 1: Begriffe, Anforderungen, Prüfung

DIN 18560-2:2022-08 Estriche im Bauwesen – Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)

DIN ISO 8100-30:2022-08 Aufzüge für den Personen- und Gütertransport – Teil 30: Aufzugsanlagen der Kategorie I, II, III und VI (ISO 8100-30:2019, korrigierte Fassung 2020-08)

DIN 701-702 Die DIN 701 wurden in zwei Einzelnormen getrennt

 

Ein merklich bewegtes Jahr geht für die Bau-Branche zu Ende. 2023 steht schon in den Startlöchern und viele der Herausforderungen werden auch das kommende Jahr mitbestimmen: die Materialkosten, fehlende Azubis sowie der Rückgang von privaten Bauaufträgen. In diesen schwierigen Zeiten sind verlässliche Begleiter wichtig. Mit unserem Update-Service sind Sie immer auf dem aktuellsten Stand über Änderungen, die Sie bei Ihrer Planung berücksichtigen müssen.

Autor*in: WEKA Redaktion