08.04.2020

Rechte und Pflichten des Azubis und des Ausbilders

Wo zwei ausbilden, freut sich der Dritte, nämlich der Azubi. Für diesen ist es bisweilen gar nicht so einfach zu unterscheiden, wer letztlich seine Ausbildung verantwortet und wer ihn tatsächlich ausbildet. Für Sie als Ausbildungsbetrieb ist es wichtig, wie die Vergütung für ihn ausfallen soll.

Rechte und Pflichten von Ausbildenden und Auszubildenden

Wer bildet Ihren Azubi eigentlich aus?

Verschiedene Personen sind am Ausbildungsvertrag beteiligt, definiert im Berufsbildungsgesetz:

  • der Auszubildende oder umgangssprachlich abgekürzt Azubi: eine natürliche Person,
  • der Ausbildende (z.B. Betrieb oder Arbeitgeber): eine juristische oder eine natürliche Person,
  • der Ausbilder (z.B. Meister): eine natürliche Person, die sich der Ausbildung direkt gegenüber dem Auszubildenden widmet.

Mit dem Unterzeichnen des Berufsausbildungsvertrags ergeben sich für alle drei Personen besondere Rechte und Pflichten.

Wer von den dreien muss die Vergütung tragen?

Sie als Ausbildender (Ausbildungsbetrieb). Sie zahlen Ihrem Auszubildenden eine angemessene Vergütung. Sie steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich (§ 17 BBiG).

Wonach richtet sich die Höhe der Ausbildungsvergütung?

Kommt darauf an, ob es einen Tarifvertrag gibt oder nicht. Gibt es einschlägige Tarifverträge, so sind sie für das Bundesarbeitsgericht (BAG) der wichtigste Anhalt für die Angemessenheit der Vergütung (BAG, 29.04.2015, Az.: 9 AZR 108/14). Entscheidend ist also, welcher Branche der Ausbildungsbetrieb zuzuordnen ist. Nicht angemessen ist eine Ausbildungsvergütung, wenn sie das im einschlägigen Tarifvertrag geregelte Entgelt um mehr als 20 Prozent unterschreitet (BAG, 29.04.2015, Az.: 9 AZUR 108/14).

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Gibt es keinen Branchentarif, richtet sich die Angemessenheit der Vergütung nach der anderer Ausbildungsgänge, soweit sie vergleichbar sind:

  • bei Vergleichbarkeit anhand eines Tarifvertrags anderer Bereiche,
  • wenn nicht vergleichbar, anhand der branchenüblichen Sätze des betreffenden Wirtschaftszweigs bestimmt (BAG, 17.03.2015, Az.: AZR 732/13).

Auch hier ist die Grenze 20 Prozent. Liegt die Ausbildungsvergütung darunter, ist sie nicht angemessen (BAG, 16.07.2013, Az.: AZR 784/11).

Das BBiG listet in § 17 folgende monatliche Mindestvergütungen auf:

Jahr der Ausbildung Mindestbetrag Monat Beginn der Berufsausbildung
zwischen und
1. 585 Euro 01.01.2022 31.12.2022
620 Euro 01.01.2023 31.12.2023
ab 01.01.2024 Fortschreibung des rechnerischen Mittels der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre (gem. § 88 BBiG)
2. Jahresbetrag nach 1. zuzüglich 18 Prozent
3. Jahresbetrag nach 1. zuzüglich 35 Prozent
4. Jahresbetrag nach 1. zuzüglich 40 Prozent

Was ist mit Überstunden des Azubis?

Die vergütet Ihr Betrieb gesondert, wenn sie über die vereinbarte Ausbildungszeit hinausgehen (§ 17 Abs. 3 BBiG). Überstunden dürfen Sie als Ausbildungsbetrieb nur anordnen, wenn Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung es zulassen. Sie dürfen dabei die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten (§ 3 ArbZG, § 8 Abs. 1 JArbSchG) nicht überschreiten.

Wie hoch ist die Vergütung bei Verlängerung der Ausbildungszeit?

Dann hat Ihr Auszubildender für den Verlängerungszeitraum nur einen Anspruch auf die Ausbildungsvergütung in der zuletzt gewährten Höhe.

Und wie hoch bei einer Verkürzung?

Dann hat Ihr Auszubildender entsprechend früher Anspruch auf die Ausbildungsvergütung des zweiten Ausbildungsjahres; Voraussetzung: er muss ein einschlägiges Berufsgrundschuljahr oder eine Berufsfachschule erfolgreich besucht haben und diese Zeit auf die Berufsausbildung angerechnet sein.

Können Sie Sachbezüge auf die Vergütung anrechnen?

Ja, in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte, aber nicht mehr als 75 Prozent der Bruttovergütung (§ 17 Abs. 6 BBiG).

Autor*in: Franz Höllriegel