11.01.2019

Im Ausland Vorsteuer gezahlt – wie hole ich sie mir zurück?

Vorsteuer, die im Ausland bezahlt wurde, kann und muss der Unternehmer nach festen Regeln vergüten lassen. Wie Sie hier genau vorgehen und was die Rechtsprechung sagt erläutern wir hier im Beitrag.

Vorsteuerabzug

Vorab: Was gilt eigentlich für Touristen, die nicht aus der EU stammen?

Das Brandenburger Tor en miniature, ein bayerischer Bierkrug mit dem Münchner Kindl drauf, eine Geschenkpackung mit echt Lübecker Marzipan – die Lieben daheim in Tokio sollen sehen, dass man die Pauschaltour „Europe in Three Weeks“ wirklich gemacht hat. Was vielen Touristen oft kaum bewusst sein dürfte: Mit dem Preis für die exotischen Kostbarkeiten aus dem Land der Dichter und Denker haben sie in Form der darin enthaltenen Mehrwertsteuer auch einen Beitrag zur Kompensation dortiger staatlicher Kosten geleistet. Kosten eines Landes, das sie womöglich in ihrem Leben nie wiedersehen werden.

Was wenige wissen werden: sie müssen diesen Beitrag nicht leisten, sie können ihn zurückerhalten. Für Touristen aus Nicht-EU-Staaten geht das relativ einfach:

  • Im Souvenirgeschäft, wo sie das Souvenir erstanden haben, lassen sie sich ein Formular von einem mit dem Händler kooperierenden Tax Free-Serviceanbieter zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer, das sogenannte „Tax Free-Formular“ aushändigen und füllen es aus.
  • Erfolgt die Ausreise per Flugzeug, verstauen sie ihre Einkäufe aus Deutschland nicht im aufzugebenden Gepäck, sondern nehmen sie im Handgepäck mit.
  • Am Flughafen legen sie das vollständig ausgefüllte Tax Free-Formular zusammen mit den Kaufbelegen dem Zoll vor und erhalten den Zollstempel als Bestätigung für den Export der Gegenstände.
  • Dann entweder ab zum Schalter des Tax Free-Serviceanbieters oder dessen Partnern und sich die Erstattung der Vorsteuer nach Abzug einer Servicegebühr und eventuell einer Barauszahlungsgebühr bar auszahlen oder unbar ebenfalls unter Abzug einer Servicegebühr auf die Kreditkarte erstatten lassen – fertig.

Wichtig für die Erstattung der Mehrwertsteuer ist, dass die Touristen die eingekauften Waren innerhalb von drei Monaten aus der EU ausführen müssen.

Können Unternehmen im Ausland gezahlte Vorsteuer zurückfordern?

Ja und nein. Im Grunde zahlen beide im Ausland eine Steuer, die in ihrem Land nicht oder so nicht gilt und die sie wiederhaben können. Was für Privatiers auf Reisen gilt, gilt insoweit auch für Unternehmen. Der Unterschied: Touristen zahlen mit dem Preis für ihre Mitbringsel keine Vorsteuer, sondern Mehrwertsteuer. Die Vergütung von Vorsteuerbeträgen an Privatpersonen wie z.B. Touristen ist in keinem Fall möglich, da nur ein Unternehmer abzugsberechtigt ist. Soweit die theoretische Vergleichbarkeit.

In der Praxis sind bei der Rückerstattung der Vorsteuer an Unternehmen eine Reihe weiterer Regeln zu beachten, die die Beantragung der Rückerstattung von Vorsteuer denn doch etwas komplizierter macht als die von Mehrwertsteuer durch Touristen. Der Immobilienmakler, der bei der Suche nach dem Niederlassungsstandort hilft, die Tankfüllung auf dem Rückweg von einem Lieferantenaudit oder das Eintrittsgeld zu einer Fachmesse – Mittelständler sammeln bei ihren Geschäften häufig Rechnungen im EU-Ausland.

Während die Mehrwertsteuer bei inländischen Rechnungen ein durchlaufender Posten ist, gestaltet sich die Vorsteuervergütung bei Rechnungen aus EU-Nachbarländern etwas komplexer. Ausländische Unternehmen haben die Möglichkeit, in Deutschland gezahlte Vorsteuerbeträge im Vorsteuervergütungsverfahren wieder erstattet zu bekommen. Für deutsche Verfahren gilt das Verfahren bei Zahlung ausländischer Vorsteuer ebenfalls.

Grundsätzlich kann ein deutscher Unternehmer die Vorsteuer aller Dienstleistungen, die für ihn im Ausland erbracht wurden, und aller Sachleistungen, die er dort erworben hat, zurückfordern. Erstattet wird sie ihm von dem Staat, der die Steuer eingenommen hat, in dem also die Dienst- oder Sachleistung erbracht wurde.

Unternehmen müssen die Vorsteuer aber nicht direkt vor Ort im Erstattungsstaat zurückfordern. Stattdessen koordiniert die Finanzverwaltung desjenigen Staates die Vorsteuervergütung, in dem der Rechnungszahler seinen Sitz hat.

Die Klassifizierung geschieht nach dem NACE-Codes. Diese vierstelligen Zahlenkombinationen spezifizieren die Wirtschaftszweige und -aktivitäten.

Bestandteil des Vorsteuervergütungsantrags ist eine Unternehmerbescheinigung, die ab Ausstellungsdatum jeweils ein Jahr gültig ist. Sie muss sämtliche Unternehmensdaten enthalten (Name, Adresse, Steuernummer) sowie ebenfalls eine Klassifizierung des eigenen Geschäfts laut NACE-Code.

Manche Staaten fordern lediglich eine grobe Zuordnung, andere hingegen sind penibel. Auch ob die Rechnungen als Belege angehängt werden müssen, ist je nach Erstattungsstaat unterschiedlich.

Wo muss man den Antrag auf Vorsteuererstattung stellen?

Nach § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UstG) und § 61 Abs. 2 Satz 1 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) müssen in der EU ansässige Unternehmer den Vergütungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über das in dem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingerichtete elektronische Portal übermitteln. In Deutschland ist dies das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), die entsprechende Seite findet sich im Internet unter www.bzst.de/DE/Steuern_International/Vorsteuerverguetung/Vorsteuerverguetung_node.html.

Unternehmen müssen sich vorher einmal anmelden. Sie können Anträge zwischenspeichern und nachträglich bearbeiten. Eine Software-Installation ist nicht erforderlich.

Kann man den Antrag auch formlos stellen?

Nein, auf gar keinen Fall. Man muss sich exakt an die Formalien halten. Die Finanzbehörden kennen da kein Pardon und weisen Anträge aufgrund von Formfehlern zurück. Allerdings machen sie einem die Einhaltung der Formalien auch ziemlich leicht.

Deutsche Unternehmen nutzen für den Antrag einer Vorsteuervergütung das elektronische Registrierungsformular über das Steuerportal „Elster“. Die meisten Unternehmen sind dort ohnehin angemeldet, da sie auch ihre deutsche Umsatzsteuervoranmeldung über Elster abwickeln. In dem Onlinetool muss der Antragsteller genau angeben, für welche einzelnen Leistungen er Rechnungen stellt, deren Vorsteuer er zurückerhalten möchte, und in welchem Land. Er hat die Vergütung selbst zu berechnen. Dem Vergütungsantrag sind Rechnungen und Einfuhrbelege als eingescannte Originale vollständig beizufügen, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1.000 Euro, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoffen mindestens 250 Euro beträgt.

Seit Mitte 2016 ist der Postweg mit dem Formular USt 1 T und über den bisherigen elektronischen Zugangsweg Formularserver (FfW) ausgeschlossen. Auf Antrag kann das BZSt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Der Unternehmer muss hierfür glaubhaft machen, dass eine elektronische Antragstellung für ihn wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. In diesem Fall hat der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim BZSt zu beantragen und den Vergütungsantrag eigenhändig zu unterschreiben.

Muss man für jeden Gegenstand einen eigenen Antrag stellen?

Nein, man kann mehrere zu einem Antrag zusammenfassen. Pro Antrag können oder müssen sogar in gewissen Fällen mehrere Rechnungen zusammengefasst werden, auch wenn sie unterschiedliche Leistungen in unterschiedlichen Ländern enthalten. Je Bearbeitung gilt der Schwellenwert von 50 Euro pro Jahr. Um ihn zu erreichen, muss man Vorsteuervergütungsrechnungen möglicherweise zusammenfassen. Das BZSt splittet den Sammelantrag auf und leitet ihn in die jeweils zuständigen Länder weiter. Die Rückzahlung der Vorsteuer läuft direkt über die Steuerbehörden des Erstattungsstaates. Daher sollten Unternehmen darauf achten, ihre Kontodaten vollständig anzugeben.

Wie schnell können Unternehmen mit der Erstattung rechnen?

Das ist unterschiedlich je nach Erstattungsstaat. Ab Eingang des Vorsteuervergütungsantrags hat der Erstattungsstaat vier Monate Zeit, die Vorsteuer zurückzuzahlen. Dauert es länger, muss der Erstattungsbetrag verzinst zurückgezahlt werden. Als Zinssatz gilt der im jeweiligen Erstattungsstaat festgelegte Nachzahlungszinssatz, in Deutschland derzeit sechs Prozent.

Die EU-Staaten erstatten unterschiedlich zuverlässig und zeitnah, berichten erfahrene Steuerberater. Die Niederlande und Polen brauchen demnach nur drei bis fünf Monate, Italien ist weniger pünktlich.

Wenn der Erstattungsstaat nachträglich Belege anfordert, wird die Frist für den Zeitraum der Bearbeitung unterbrochen.

Eine rechtliche Handhabe zur Beschleunigung der Zahlung haben deutsche Unternehmen nicht.

So oft können Sie die Erstattung beantragen

  • Sind innerhalb von drei Monaten schon mehr als 400 Euro Vorsteuer zusammengekommen, kann ein Unternehmen deren Erstattung auch unterjährig beantragen.
  • Anmeldungen für weniger als drei Monate sind nicht zulässig, auch wenn die Summe von 400 Euro überschritten ist.
  • Mehr als zwölf Monate kann man ebenfalls nicht zusammenzufassen.
  • Mit dem Beginn des 13. Monats fängt die Schwellenwert-Zählung aufs Neue an.

Mit dieser zeitlichen und finanziellen Beschränkung wollen die Steuerbehörden übermäßigen Bürokratieaufwand vermeiden.

Muss der Antragsteller auch Fristen beachten?

Ja, er muss seinen Antrag innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres stellen.

Die Frist ist eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Für Unternehmen aus Drittländern gilt eine Ausschlussfrist von sechs Monaten. Das hat die Rechtsprechung von Europäischem Gerichtshof (EuGH) und Bundesfinanzhof (BFH) geklärt. Dem Antrag sind die Rechnungen etc. beizufügen, d.h. die Frist für die Antragseinreichung gilt auch für deren Einreichung. Nur in Ausnahmefällen kann man sie nachreichen.

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung

In diesem Zusammenhang mit Fristen hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass kein Anspruch auf Vergütung der Vorsteuer besteht, wenn die mit dem Antrag vorzulegenden Rechnungen nicht innerhalb der Antragsfrist vorgelegt werden (Urteil vom 13.09.2017, Az.: 2 K 395/16).

In dem entschiedenen Fall hatte ein niederländisches Unternehmen innerhalb der gesetzlichen Frist die Vergütung von Vorsteuern beantragt. Das BZSt lehnte den Antrag ab, da dem Antrag keine Rechnungen in elektronischer Form beigefügt waren. In dem folgenden Einspruchsverfahren reichte der Kläger alles, den Vergütungsantrag und die dazugehörigen Rechnungen in Papierform ein. Zudem übermittelte sie Rechnungen auch per E-Mail.

Das Finanzgericht folgte der ablehnenden Einspruchsentscheidung mit Hinweis auf die Antragsfrist und die elektronische Antragsbedingung. Beides habe das klagende Unternehmen nicht eingehalten. Die Notwendigkeit, den Vorsteuervergütungsantrag innerhalb einer bestimmten Frist zu stellen, ergebe sich unmittelbar aus der europäischen Richtlinie RL 2008/9/EG Art. 15 Abs. 1.

Autor*in: Franz Höllriegel