24.10.2022

Das Wechselspiel von verdeckter Gewinnausschüttung und Pauschalierung

Der Steuergesetzgeber will nur Ihr Bestes: Ihr Geld. Damit es Ihnen nicht so schwer fällt, sich davon zu trennen, lässt er sich Vereinfachungen einfallen in Form von Pauschalierungen. Doch hat er hier rote Linien eingezogen, die Sie als GmbH nicht überschreiten sollten. Stichwort vGA.

verdeckte Gewinnausschüttung und Pauschalierung

In welchen Fällen können Sie als GmbH bei Einkommensteuer pauschalieren?

Bei Sachzuwendungen. Diese Möglichkeit sieht das Einkommensteuergesetz (EStG) seit 2007 vor. Sie soll hierbei Ihnen als steuerpflichtiges Unternehmen Erleichterung bieten (vgl. Beitrag „Vorsicht bei Pauschalierung von Sachentnahmen“).

Unter welcher Voraussetzung kommen Sie in den Genuss des § 37b EStG?

Die Möglichkeit für die Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG besteht für betrieblich veranlasste Zuwendungen sowie Geschenke, aber nur für zusätzliche Leistungen, nicht hingegen für die vertraglich vereinbarte Leistung bzw. Gegenleistung. Unabhängig von der Rechtsform können Sie für Sachzuwendungen von der Möglichkeit der Pauschalierung Gebrauch machen. Betrieblich veranlasste Zuwendungen sind beispielsweise:

  • Sachgeschenke,
  • Belohnungsessen über der Freigrenze für Aufmerksamkeiten,
  • Einladung und Beköstigung in VIP-Logen,
  • Incentive-Reisen
  • kulturelle und sportliche Veranstaltungen.

Neben den Arbeitnehmern kommen als Empfänger der Zuwendung Dritte wie beispielsweise Geschäftspartner oder deren Arbeitnehmer infrage.

Was ist Voraussetzung für eine Pauschalierung auf Seiten des Empfängers?

Er versteuert Ihre Zuwendung grundsätzlich als geldwerten Vorteil.

Ist das nicht zumal für gedachte Geschenke etwas unglücklich?

Mehr als das sogar. Vereinfachend kommt hier allerdings die Pauschalierungsmöglichkeit zum Zuge, die Sie als zuwendende GmbH nutzen können. Sie ermöglicht es Ihnen, die Einkommensteuer pauschal mit 30 Prozent zu erheben. So können Sie den Empfänger Ihrer Zuwendung von seiner Steuerpflicht befreien. Hierdurch muss er nichts mehr veranlassen. Vorsicht auch hier: Die Pauschalierung gilt nur für Sachzuwendungen.

Könnten Sie verdeckte Gewinnausschüttungen pauschal besteuern?

Nein, das geht nicht. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind:

Unter einer vGA versteht § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bei einer Kapitalgesellschaft:

  • eine Vermögensminderung oder
  • verhinderte Vermögensmehrung, die
  • durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
  • sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages in Verbindung mit Abs. 1 dieser Vorschrift gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und
  • in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.

Für den größten Teil der entschiedenen Fälle habe die Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft

  • ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet,
  • den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.01.2004 I R 50/03, BStBl II 2005, 524).

Worum ging es in dem Streitfall?

Um eine Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (GmbH): An ihr waren beteiligt:

  • der Alleingeschäftsführer zu 95 Prozent
  • seine Ehefrau zu fünf Prozent.

Mit dem Alleingeschäftsführer traf diese GmbH 2014 folgende Vereinbarung:

  • Er erhält aufgrund seiner überobligatorischen Leistung in den Jahren 2013 und 2014 eine Zuwendung.
  • Die Zuwendung soll eine Incentive-Reise im Wert von bis zu 3.000 Euro sein, pauschal mit 30 Prozent nach § 37b EStG versteuert.

Der Allein-Geschäftsführer buchte daraufhin eine All-inclusive-Flugreise für die Ehefrau und das gemeinsame Kind. Die Kosten trug die GmbH.

Die drauffolgende Lohnsteueraußenprüfung versagte die Anwendung der Pauschalierung für die Kosten der Incentive-Reise. Sie sei durch das Gesellschafterverhältnis veranlasst.

War die GmbH damit einverstanden?

Nein, sie klagte dagegen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, eine vGA liege nicht vor. Gegenstand der Vereinbarung sei eine Incentive-Reise gewesen, welche neben der Belohnung für Leistungen der Vergangenheit als Motivation und Leistungsanreiz für die Zukunft erbracht worden sei. Die dadurch bezweckte zukünftige Mehrleistung komme dem Betrieb der Klägerin durch Umsatz- und Gewinnsteigerungen zugute. Die Maßnahme habe mithin im Interesse der Klägerin gelegen. Die Kosten stellten deswegen steuerlich zu berücksichtigende Betriebsausgaben dar. Zudem sei die Gewährung der Incentive-Reise vor Reisebeginn beschlossen worden. Soweit das Finanzamt einen Beschluss vor Beginn des Geschäftsjahres der Gewährung einfordere, sei dies weder erforderlich noch zweckdienlich.

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Die Möglichkeit zur Wahrnehmung der Reise zu diesem Zeitpunkt stehe im Regelfall noch nicht fest. Zulässigerweise habe sie als Klägerin diese gemäß § 37b der pauschalierten Lohnbesteuerung unterworfen. Insbesondere habe es sich beim Begünstigten um den Geschäftsführer der Klägerin und damit um deren Arbeitnehmer gehandelt. Das Gesetz sehe keinen Ausschluss der Pauschalierung bei Zuwendungen an Geschäftsführer vor. Auf die kleine Sachwertgrenze von 44 Euro, die auch dem Geschäftsführer zugewendet werden könne, werde diesbezüglich verwiesen.

Schloss sich das Finanzgericht (FG) dieser Argumentation an?

Nein, sondern der der Finanzverwaltung an. Es liege schon vom Grundsatz eine vGA vor, da keine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung von vornherein getroffen worden sei:

  • Im Geschäftsführeranstellungsvertrag war eine solche Incentive-Reise nicht vorgesehen.
  • Die Vereinbarung selbst aus dem Jahr 2014 war außerdem nicht im Voraus getroffen.
  • Sie war nicht klar und eindeutig formuliert. Das zeigt schon die nicht eindeutige, lediglich eine Betragsobergrenze enthaltende Formulierung „bis 3.000 Euro“.

Folglich lag eine vGA vor und somit keine betriebliche Veranlassung der Ausgabe. Die Pauschalierung nach § 37b EStG war deshalb nicht möglich.

Woran macht das FG die betriebliche Veranlassung fest?

Auch an der ständigen Rechtsprechung. Danach liege aufgrund des fehlenden Interessengegensatzes insbesondere ein Indiz gegen die betriebliche Veranlassung vor, wenn bei einer Leistungsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem beherrschenden Gesellschafter keine klare und eindeutige, von vornherein abgeschlossene zivilrechtlich wirksame Vereinbarung getroffen wird (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 16.07.2003 I B 215/02, BFH/NV 2003, 1613).

Eine solche im Voraus abgeschlossene betriebliche Veranlassung der Zuwendung aber ist Voraussetzung für die Pauschalierungsmöglichkeit nach § 37b EStG. Eine solche Vereinbarung über eine Zuwendung der Klägerin an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer hinsichtlich der Kostenübernahme für die private Urlaubsreise habe für den Zeitraum bis 03.07.2014 nicht vorgelegen, so das FG. Die Gewährung eines Vorteils für den Geschäftsführer in Form einer Incentive-Maßnahme war und ist im Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht vorgesehen. Die Gewährung der Incentive-Reise stellt laut dem Gerichtsurteil mithin bereits dem Grunde nach keinen Ausfluss des zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer vertraglich vereinbarten Beschäftigungsverhältnisses dar.

Die Gewährung der Zuwendung am 04.07.2014 sei zwar vor Buchung der Reise vereinbart worden. Für die Beurteilung, ob eine im Vorhinein klar und eindeutig geschlossene Vereinbarung vorlag, sei jedoch hinsichtlich einer vergangenheitsbezogenen Gegenleistung der Beginn desjenigen Zeitraums maßgebend, in welchen die zu entlohnende Leistung fällt (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1991 I R 49/90, BStBl II 1992, 434). Diese Betrachtungsweise stellt, wie das Gericht weiter ausführt, sicher, dass das zu versteuernde Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht noch während des laufenden Veranlagungszeitraums kurzfristig und mehr oder weniger beliebig durch den beherrschenden Gesellschafter beeinflusst werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.1985 I R 37/82, BStBl II 1985, 345).

Aus dem Wortlaut der Vereinbarung („überobligatorischen Anstrengung im Geschäftsjahr 2013 und im laufenden Geschäftsjahr 2014“) folge, dass es sich im Streitfall um eine Entlohnung von besonderen Leistungen der Vergangenheit handelte. Der Beginn des entlohnenden Zeitraums – hier also das Jahr 2013 – sei mithin für die Beurteilung der Vereinbarung im Voraus maßgeblich. Die Vereinbarung wurde jedoch erst im Juli 2014 geschlossen.

Entfaltet die Vereinbarung nicht für die Zeit danach Wirkung?

Nein, für das restliche Geschäftsjahr 2014 nicht. Mit Abschluss der Vereinbarung über die Incentive-Reise sei die Klägerin, also die GmbH, keine rechtsverbindliche Verpflichtung eingegangen. Insofern handelt es sich nach Überzeugung des FG lediglich um eine Erwartungshaltung der Klägerin hinsichtlich einer Mehrleistung des Geschäftsführers, der jedoch kein durchsetzbarer Rechtsanspruch gegenüberstehe.

Deswegen scheidet diese für verdeckte Gewinnausschüttungen aus. Das Wechselspiel von verdeckter Gewinnausschüttung (vGA) und Pauschalierung war Gegenstand eines Urteils des Finanzgerichts Nürnberg. Ergebnis: Keine  Pauschalierung bei vGA. möglich (FG Nürnberg, Urteil vom 13.10.2020, Az.: 1 K 1065/19). Eine Pauschalierung der Zuwendung ist auch dann möglich, wenn die Zuwendungsempfänger nicht bekannt gegeben werden und somit ein Abzugsverbot als Betriebsausgaben gilt. Durch die Pauschalierungsmöglichkeit bei Zuwendungen für eigene Arbeitnehmer wird keine Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung ausgelöst.

Ist eine vGA nicht eher ein Sonderfall?

Für eine vGA findet das Finanzamt gerne in allen möglichen Aktivitäten Anlass zum näheren Hinschauen. So nimmt es beispielsweise bei GmbH-Gesellschafter-Darlehen immer wieder eine vGA an. Dem sollten Sie als GmbH vorbeugen. Wie, worauf Sie achten müssen und wie Sie einen Vertrag richtig gestalten zeigen wir Ihnen in unserem Beitrag „GmbH-Gesellschafter-Darlehen“.

Auch bei der Beschäftigung von Angehörigen ist Vorsicht geboten. Sie als GmbH-Geschäftsführer sollten Angehörige nur in Ihrem Unternehmen einstellen, wenn die Bedingungen auch sonst akzeptiert würden. Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie mal unseren Beitrag „So vermeiden Geschäftsführer eine vGA bei der Beschäftigung von Angehörigen“.

Auch die Abschreibung von verlorenen Forderungen löst in den meisten Fällen beim Finanzamt den Verdacht aus, dass Sie nur an Ihren Gesellschafter verdeckt Gewinn hatten ausschütten wollen. Wann ein solcher Verdacht auf eine vGA naheliegend wäre und was Sie als GmbH tun sollten, um sich hier nicht einem Verdacht auf vGA auszusetzen, erfahren Sie bei Lektüre unseres Beitrages „Teilwertabschreibung: So bewahren Sie sich als GmbH vor einer vGA“.

Autor*in: Franz Höllriegel