13.02.2015

Kein Anspruch eines Obdachlosen auf ein Einzelzimmer

Eine Einzelperson hat grundsätzlich keinen Anspruch auf ein Einzelzimmer im Wege der Obdachlosenunterbringung (VG Hannover, Beschluss vom 21.10.2014, Az. 10 B 12216/14).

Obdachloser schläft auf der Straße

Der Antragsteller wurde wegen Obdachlosigkeit befristet in ein Einzelzimmer eingewiesen. Benutzungsgebühren bezahlte der Eigewiesene nur geringfügig, weshalb ihm die Umsetzung in ein Mehrbettzimmer mit niedrigeren Benutzungsgebühren angeboten wurde. Der Eingewiesene beantragte jedoch die Zuordnung eines Einzelzimmers, da das angebotene Mehrbettzimmer zur Abwehr seiner Obdachlosigkeit nicht geeignet sei. Im Wege der einstweiligen Anordnung war sein Ansinnen beim Verwaltungsgericht Hannover erfolglos.

Entscheidungsgründe

  • Nach dem Gefahrenabwehrgesetz hat die Verwaltungsbehörde die Aufgabe, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine Gefahr abzuwehren. Dazu gehört die Abwehr einer drohenden Obdachlosigkeit.
  • Es besteht derzeit keine Gefahrenlage im Sine des Gefahrenabwehrgesetzes, da eine drohende Obdachlosigkeit durch die Zuordnung in ein Mehrbettzimmer nicht besteht (der Eingewiesene belegt seit Jahren die bestehende Unterkunft).
  • Die Einweisung in eine Notunterkunft zur Abwendung von Obdachlosigkeit stellt keine Dauerlösung dar, sondern ist vielmehr eine vorübergehende Notmaßnahme, die die Verpflichtung des Betroffenen bzw. des zuständigen Sozialleistungsträgers unberührt lässt, (selbst) für eine dauerhafte und angemessene Deckung des Unterkunftsbedarfs zu sorgen. Die frühere Einweisung in eine Obdachlosenunterkunft begründet keinen Besitzstand des Obdachlosen und gibt ihm insbesondere keinen Anspruch darauf, in der ihm zugewiesenen Wohnung bzw. in dem zugewiesenen Zimmer dauerhaft zu verbleiben. Ebenso wenig besteht bei einer erstmaligen oder neuerlichen Einweisung ein Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich der Lage, Art und Ausstattung der Unterkunft.
  • Die zuständige Ordnungsbehörde ist deshalb nicht gehindert, den Betroffenen bei drohender Obdachlosigkeit – wiederum auf Grundlage des Gefahrenabwehrgesetzes – nach pflichtgemäßem Ermessen in eine andere als die ursprünglich zugewiesene oder die gewünschte Obdachlosenunterkunft einzuweisen. Die zugewiesene Unterkunft muss dabei lediglich den Mindestanforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung genügen, nicht aber den weitergehenden Anforderungen an eine wohnungsmäßige Versorgung.
  • Die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer ist zumutbar.
  • Die Verwaltungsgerichte wie das erkennende Gericht gehen überwiegend davon aus, dass grundsätzlich kein Anspruch auf Unterbringung in einem Einzelbettzimmer zur Vermeidung von Obdachlosigkeit besteht und es z. B. einem allein stehenden jungen Obdachlosen auch bei Aufnahme eines Studiums ohne weiteres zumutbar ist, ein Zwei- oder auch Mehrbettzimmer mit anderen männlichen Mitbewohnern zu teilen, solange diese nicht auf Grund besonderer persönlicher Umstände (z.B. ansteckende Krankheit, Gewalttätigkeit o.ä.) allein untergebracht werden müssen. Eine andere Beurteilung kann allenfalls aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls erforderlich sein, beispielsweise bei einem hohen Alter des Obdachlosen, langjährigem geduldeten Aufenthalt in der Unterkunft und mehrfacher Umsetzungen innerhalb dieser Unterkunft trotz bestimmungswidrigen Gebrauchs.
  • Derartige atypische Umstände hat der Antragsteller jedoch nicht geltend gemacht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

 

 

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)