09.12.2020

Demonstration: Anliegerdurchfahrt muss gewährleistet sein

Auch während einer Demonstration muss Anliegern in der Regel die Nutzung der Straße insoweit gestattet werden, als sie zum Erreichen ihres Grundstücks darauf angewiesen sind (VG Koblenz, Beschluss vom 01.09.2020, Az. 3 L 745/20.KO).

Anliegerdurchfahrt

Anliegerdurchfahrt während Fahrrad-Demonstration

Die Stadt Koblenz hat den Teilnehmern einer geplanten „Fahrrad-Demonstration“ in der Koblenzer Innenstadt aufgegeben, den Anliegern und Anwohnern auch während der Dauer der Veranstaltung eine Zu- und Abfahrt zu ihren Wohnungen und Häusern zu ermöglichen. Der dagegen gerichtete Eilantrag blieb vor dem Verwaltungsgericht Koblenz ohne Erfolg.

Geschütztes Selbstbestimmungsrecht darf durch versammlungsbehördliche Auflagen eingeschränkt werden

Der gerichtliche Eilantrag blieb ohne Erfolg, weil die antragstellende Person es versäumt hatte, gegen die Auflage Widerspruch zu erheben (kein vorheriges Verwaltungsverfahren). Überdies, so das Gericht, sei die Anordnung der Stadt auch in der Sache nicht zu beanstanden. Zwar verfügten Versammlungsveranstalter und -teilnehmer über ein grundrechtlich geschütztes Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Modalitäten der Versammlung. Dieses dürfe aber durch versammlungsbehördliche Auflagen eingeschränkt werden, soweit es mit Rechtsgütern anderer kollidiere. Ein solcher Fall liege hier vor, weil die Straßensperrung die Rechte der Anlieger beeinträchtige, die ebenfalls grundrechtlich geschützt seien.

Ausnahmeregelung vom Durchfahrtsverbot für Anlieger nicht zu beanstanden

Den Anliegern müsse in der Regel die Nutzung der Straße insoweit gestattet werden, als sie zum Erreichen ihres Grundstücks darauf angewiesen seien. Ausgehend hiervon sei es nicht zu beanstanden, dass die Stadt die bestehende Interessenkollision dahingehend gelöst habe, für sämtliche Anlieger in dem betroffenen Bereich eine Ausnahme vom grundsätzlich vorgesehenen Durchfahrtsverbot vorzunehmen. Dadurch würden die Versammlungsteilnehmer nur geringfügig in ihrer Versammlungsfreiheit eingeschränkt, weil in Abstimmung mit der antragstellenden Person ohnehin eine Fahrspur für Rettungsfahrzeuge frei zu halten sei. Diese könne auch für den Zu- und Abfahrtsverkehr der Anlieger genutzt werden.

Hinweis: Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des VG Koblenz

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)