12.05.2020

Inhalt des Arbeitsvertrags: Kontrollieren Sie als Betriebsrat, was zulässig ist

Der Arbeitsvertrag bildet die Grundlage des Arbeitsverhältnisses und regelt die jeweiligen Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Rechtlich handelt es sich um einen Dienstvertrag (§§ 611 bis 630 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Das Nachweisgesetz sieht vor, dass alle wichtigen Punkte eines Arbeitsvertrags schriftlich niedergelegt werden.

Betriebsrat Arbeitsvertrag

Arbeitsrecht. Wegen der grundlegenden Bedeutung des Arbeitsvertrags für die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ist es natürlich auch für den Betriebsrat von großem Interesse, die jeweiligen Bestimmungen in Grundzügen zu kennen. Das gilt umso mehr, weil praktisch jeder Arbeitgeber vor allem sogenannte Formulararbeitsverträge verwendet. Das heißt, die Verträge enthalten Formulierungen, die in allen Verträgen des Unternehmens gleich sind. Für diese Klauseln gelten besonders strenge Zulässigkeitsbestimmungen, die in den §§ 307 ff. BGB geregelt sind. Dies bedeutet, dass Punkte, die z. B. unklar oder nicht transparent genug geregelt sind oder durch die der Arbeitnehmer in unangemessener Weise benachteiligt wird, unwirksam sind und durch wirksame Regelungen ersetzt werden. Das kann für den Arbeitgeber unangenehme Folgen haben.

Betriebsrat hat grundsätzlich kein Einsichtsrecht in Verträge

Für den Betriebsrat ist es nicht leicht, Einblick in die Verträge zu bekommen, um deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Denn obwohl er nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ja nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, zu überwachen, ob der Arbeitgeber alle geltenden Vorschriften einhält, hat er nicht das Recht, den Inhalt des Arbeitsvertrages zu überprüfen. Auch einzelvertragliche Vereinbarungen kann der Betriebsrat nicht kontrollieren. Das hat das BAG mehrfach so entschieden (siehe z. B. BAG, Beschluss vom 27.10.2010, Az.: 7 ABR 36/09) – vor allem im Zusammenhang mit Einstellungen.

Hinweis: Seien Sie besonders kritisch bei Überstunden

Besonders häufig betroffen von unwirksamen Klauseln sind Regelungen zu Überstunden und deren Vergütung sowie zu Wettbewerbsverboten und damit verbundenen Entschädigungszahlungen. Hier heißt es, besonders aufzupassen und den Vertrag unbedingt vorher anwaltlich prüfen bzw. komplett aufsetzen zu lassen.

Schärfen Sie als Betriebsrat das Bewusstsein der Kollegen

Doch auch wenn Sie als Betriebsrat keinen unmittelbaren Zugriff auf die Verträge haben, ist es oft sinnvoll, die Beschäftigten darauf aufmerksam zu machen, dass durchaus nicht immer alles, was im Vertrag steht, so auch zulässig sein muss. Wenn es bei Ihnen im Unternehmen also Anlass gibt, oft verwendete Klauseln kritisch zu prüfen – etwa weil Überstunden in zu großem Ausmaß pauschal als abgegolten gelten –, dann sollten Sie dies aufgreifen und den Beschäftigten raten, die entsprechende Formulierung unter Umständen juristisch prüfen zu lassen. Denn im Zweifel müssten die betroffenen Kollegen sowieso allein gegen etwaige unzulässige Klauseln vorgehen, da es sich um einzelvertragliche Fragen handelt.

Vertragsparteien sind genau zu benennen

Erster Punkt im Arbeitsvertrag ist die genaue Bestimmung der Vertragsparteien. Diese kann vor allem dann bedeutsam werden, wenn der Arbeitgeber mehrere rechtlich eigenständige Firmen besitzt. Hier ist eine genaue Bezeichnung wichtig. So z. B. bei einer etwaigen Entlassung: Denn nur wenn auch der „richtige“ Arbeitgeber die Kündigung ausspricht, ist diese wirksam.

Der exakte Vertragsbeginn muss festgehalten werden

Das genaue Datum für den Beginn des Arbeitsverhältnisses ist maßgeblich für viele wichtige Berechnungen, z. B. im Hinblick auf die Betriebszugehörigkeit, den Kündigungsschutz, den Urlaubsanspruch etc. Wenn sich der Arbeitgeber für einen unbefristeten Vertrag entscheidet, ist kein Enddatum festgehalten, sondern (an anderer Stelle) „nur“ Kündigungsfristen. Bei einer Befristung muss die Vereinbarung entsprechend gestaltet werden – entweder ohne Sachgrund (falls das zulässig wäre) oder mit einem ordnungsgemäßen Befristungsgrund. Dann ist auch der Ablauf der Befristung und damit das Ende des Arbeitsvertrags aufzunehmen.

Besonders wichtig: Arbeitsinhalte und Tätigkeitsbeschreibung

Zentraler Punkt der Vereinbarung sind naturgemäß die Aufgaben des Beschäftigten. Wichtig: Je genauer der Arbeitgeber die Aufgaben und die Tätigkeitsbereiche des Mitarbeiters festlegt, umso mehr ist er daran gebunden. Für den Beschäftigten ist das von Vorteil, da es für ihn mehr Sicherheit bedeutet.

Arbeitsort sollte genau angegeben werden

Hat ein Unternehmen mehrere Zweigstellen, muss der genaue Arbeitsort angegeben werden. Ist nur ein Standort vorhanden, reicht die Adressangabe. Aber hier gilt Ähnliches wie bei der Arbeitsaufgabe: Es ist möglich, vertraglich festzuhalten, dass der Arbeitnehmer auch an anderen Standorten eingesetzt werden kann. Dies ist allerdings für den Beschäftigten in der Regel keine erstrebenswerte Lösung. Bei den Arbeitszeiten ist die Obergrenze durch das Arbeitszeitgesetz vorgegeben und selbstverständlich zu beachten. Denkbar ist aber auch die Einigung auf verkürzte bzw. verringerte Arbeitszeiten, etwa nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz.

Expertentipp: Falle Versetzungsklausel

Die Versetzungsklausel eröffnet dem Arbeitgeber, den Mitarbeiter an einem anderen Ort oder in einer anderen Abteilung einzusetzen. Die Klausel muss aber den Vorgaben der §§ 307 ff. BGB entsprechen. Das heißt vor allem auch: Wenn die Formulierung im Text des Vertrags „versteckt“ wird und der Arbeitgeber nicht klar auf sie hinweist, ist sie unwirksam.

Aufgepasst bei der Überstundenregelung

Das Wichtigste vorweg: Nur wenn im Arbeitsvertrag festgehalten ist, dass Überstunden unter bestimmten Voraussetzungen angeordnet bzw. geduldet werden dürfen, darf es überhaupt Überstunden geben. Fehlt diese Regelung und gibt es keinen Tarifvertrag bzw. keine Betriebsvereinbarung, worin Überstunden zugelassen sind, darf der Arbeitgeber mangels fehlender Rechtsgrundlage keine Mehrarbeit anordnen. Außerdem darf der Arbeitgeber maximal zehn Prozent der monatlich anfallenden Überstunden pauschal abgelten, es sei denn, es handelt sich um Mitarbeiter in so einer exponierten Führungsposition (und mit entsprechendem Gehalt), dass das Ableisten von Überstunden „zum guten Ton gehört“. Dies ist aber die Ausnahme.

Probezeit darf nicht länger als sechs Monate sein

Die Dauer der Probezeit ist im Arbeitsvertrag festzuhalten. Diese darf maximal sechs Monate betragen. Falls möglich, sollten sich Betriebsräte dafür einsetzen, dass dieser Zeitraum nicht voll ausgeschöpft wird. Dies lässt sich z. B. gut in einer Betriebsvereinbarung regeln.

Der Mindesturlaub ist gesetzlich vorgegeben

Das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) regelt den Mindestanspruch der Arbeitnehmer auf Erholungsurlaub, nämlich wenigstens 24 Tage bei einer 6-Tage-Woche. Ist bei einem Arbeitsverhältnis eine 5-Tage-Woche vereinbart, stehen dem Arbeitnehmer mindestens 20 Tage Urlaub zu. Insgesamt kommt man im Jahr also immer auf rund vier Wochen Urlaub. Der Urlaubsanspruch sollte im Arbeitsvertrag ebenfalls festgehalten werden, ebenso ein mögliches Urlaubsgeld. Es können aber zudem durch den Arbeitsvertrag oder Tarifverträge bzw. Betriebsvereinbarungen mehr Urlaubstage zugestanden werden.

Auch das Gehalt ist im Vertrag festzuhalten

Die Höhe des Gehalts wird regelmäßig vor Vertragsschluss festgelegt. Hierzu gehören neben dem Grundentgelt auch etwaige Zuschläge und Sonderzahlungen. Der einzig gesetzlich vorgeschriebene Zuschlag besteht für das Ableisten von Nachtarbeit. Doch auch Tarifverträge können weitere Zuschläge regeln. Zu den Sonderzahlungen zählen etwa Posten wie das Weihnachts- oder auch das Urlaubsgeld. Auch der jeweilige monatliche Zahlungstermin ist im Vertrag festgehalten.

Hinweis: Betriebsrat wacht über Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn ist vom Arbeitgeber strikt einzuhalten. Achten Sie darauf, dass aktuelle gesetzliche Anpassungen jeweils übernommen werden.

Prüfen Sie als Betriebsrat die Kündigungsfristen

Die gesetzlichen Kündigungsfristen stehen in § 622 BGB. Danach gilt zunächst eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende. Nach zwei Jahren Tätigkeit in einem Unternehmen verlängert sich die Kündigungsfrist gemäß der gesetzlichen Staffelung. Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer in keinem Fall längere Kündigungsfristen haben darf als der Arbeitgeber. Es ist dem Arbeitgeber aber erlaubt, im Zuge der Verlängerung seiner Kündigungsfrist bei immer längerem Bestehen des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer genauso lange Fristen für eine Kündigung durch den Beschäftigten zu vereinbaren. Denn eine erfahrene Kraft lässt sich oft nicht so schnell ersetzen.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)