Arbeitsschutzregeln einhalten: Warum klappt das nicht immer?
Die Nichteinhaltung klarer, bewährter und sorgfältig ausgearbeiteter bestehender Arbeitsschutzregeln ist eines der größten Probleme im Arbeitsschutz überhaupt. Jeder Praktiker kann (s)ein Lied davon singen. Aber warum ist das eigentlich so? Warum wird – oft sogar in ganz eklatanter Weise – gegen unmittelbar einleuchtende, mit gesundem Menschenverstand sofort nachvollziehbare Arbeitsschutzregeln verstoßen, obwohl diese ja sogar ausdrücklich unterwiesen wurden? Lesen Sie jetzt mehr darüber.

Auch wenn es vorher natürlich weit besser wäre: Meistens stellt sich die Frage, warum Mitarbeiter Arbeitsschutzregeln nicht einhalten, erst dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen und ein Unfall oder Beinaheunfall passiert ist. Die Akteure versprechen dann, dass der Regelbruch nicht mehr vorkommen wird. Doch dieses Versprechen kann nur gehalten werden, wenn Mitarbeiter die Vorgaben auch wirklich verstanden haben. Deshalb sollten Arbeitsschutzverantwortliche genau hinterfragen, was ihre Kollegen unter einer Regel verstehen. Dieses Hinterfragen funktioniert mit einfachen W-Fragen.
Auch wenn es oft nur schwer nachzuvollziehen ist: Aber tatsächlich werden in vielen Fällen in Betriebsanweisungen festgehaltene Regeln nicht oder falsch verstanden. Bildungsdefizite, Sprachprobleme, Konzentrationsmängel und geringe Aufmerksamkeitsspannen sind mögliche Gründe dafür. Deshalb ist eine positive Fehlerkultur im Betrieb so wichtig: Die Beschäftigten sollen sich trauen können, bei Unsicherheiten jederzeit nachzufragen.
Was es bedeuten kann, wenn Mitarbeiter eine Arbeitsschutzregel „nicht kennen“
Fall 1: „Nicht kennen“ kann „Nicht mehr kennen“ heißen
Wenn Unterweisungen regelmäßig durchgeführt werden, sind die Vorschriften grundsätzlich bekannt. Doch oft genug sind nur Teile davon „hängen geblieben“, anderes geriet im Laufe der Zeit in Vergessenheit.
Fall 2: „Nicht kennen“ kann eine bloße Schutzbehauptung sein
Auf der anderen Seite sind Aussagen, man habe nichts von einer Regel gewusst, oft Schutzbehauptungen; denn wussten Mitarbeiter von der Regel und haben dagegen verstoßen, kann dies eine Abmahnung nach sich ziehen.
Deshalb sollten Arbeitsschutzverantwortliche nicht nur jene, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, befragen, sondern auch andere Teammitglieder, die üblicherweise an den gleichen Unterweisungen teilnehmen und der gleichen Führungskraft unterstehen.
Am meisten kommt bei solchen Befragungen heraus, wenn nicht nach Schuldigen gesucht wird, sondern nach Möglichkeiten, solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.
Fall 3: „Nicht kennen“ kann ein Problem der Vermittlung sein
Wenn klar wird, dass die Beteiligten wirklich nichts von der Arbeitsschutzregel wussten, ist das System der Unterweisung zu hinterfragen. Eventuell können zusätzliche Aushänge (z.B. Aufkleber an Maschinen mit Sicherheitshinweisen) eine Verbesserung bringen.
Arbeitsschutzregeln einhalten ist für Chefs immens wichtig
Mitarbeiter merken sehr schnell, wenn die Führungskräfte sicheres Arbeiten nicht unterstützen oder wenn dieses in der täglichen Praxis nicht auch tatsächlich eingefordert wird.
Wenn die Beschäftigten nur einmal erleben, dass ein Auftrag unbedingt noch raus muss, obwohl die Maschine oder das Fahrzeug nicht mehr vollständig unter Kontrolle und teilweise defekt ist, dann darf man sich nicht wundern, wenn sie auch am nächsten Tag und bei der nächsten Beladung die Arbeitsschutzregeln nicht mehr ernst nehmen.
Die Verbindlichkeit von Arbeitsschutzregeln steht und fällt mit der Führungskraft im jeweiligen Bereich. Die Führungskraft muss sicheres Arbeiten vorleben und einfordern. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz sollte deshalb regelmäßig bei Führungskräfteschulungen integriert sein.
Auch wenn es einmal Zielkonflikte zwischen reibungslosem Ablauf und bestimmten Arbeitsschutzregularien geben sollte: Nicht die Beschäftigten sollten dann Entscheidungen treffen, sondern immer die Führungskraft. Sie sollte aktiv eingreifen, wenn sie unsicheres Arbeiten bemerkt.
Das Problem mit den Unterweisungen
Die mangelnde Verbindlichkeit von Arbeitsschutzregeln im Alltag ist dann zugleich auch der Hauptgrund dafür, dass Beschäftigte in vielen Betrieben eher lustlos an Unterweisungen teilnehmen. Unterweisungen verkommen dann zu sinnentleerten Pflichtübungen ohne jeden Lernerfolg. Auch hier steht und fällt die Verbindlichkeit mit der Führungskraft, die vorleben und einfordern sollte.