10.05.2021

Beachtung von Verkehrszeichen bei Unfall im Parkhaus

Der Regelungsgehalt eines vom Betreiber eines Parkhauses verwendeten Verkehrszeichens – hier: Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) – ist jedenfalls im Rahmen des gegenseitigen Rücksichtnahmegebots nach § 1 Abs. 2 StVO zu beachten und konkretisiert die zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen (LG Saarbrücken, Urteil vom 23.12.2020, Az. 13 S 122/20).

Unfall Parkhaus

Vorfahrt achten-Schild nicht beachtet

Der Kläger war im Parkhaus Richtung Ausfahrt unterwegs. Aus einer kreuzenden Fahrgasse bog die Beklagte von rechts in die Fahrgasse des Klägers ein, wobei es zu einer Kollision kam. Über der Fahrgasse der Beklagten war ein „Vorfahrt achten-Schild“ (Zeichen 205) angebracht, das sie nicht beachtete. Die Beklagte regulierte den Schaden zu 50 %, da sie der Meinung war, im Parkhaus gelte das Verkehrszeichen nicht.

Unfall war nicht unvermeidbar

Ein umsichtiger und vorausschauender Idealfahrer hätte in der Situation in seine Überlegung einbezogen, dass die Beklagte ihn übersehen oder sich ihm gegenüber vorfahrtsberechtigt glauben könnte. Dies war hier nicht der Fall. Der Unfall war nicht unvermeidbar. Im Rahmen der Haftungsabwägung wird der Regulierungsanspruch des Klägers somit von 50 % auf 75 % angehoben.

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Gilt in so einem Fall die StVO?

Bei dem Parkhaus handelt es sich um einen öffentlichen Verkehrsraum, unabhängig davon, ob die Geltung der StVO durch eine vorhandene Beschilderung ausdrücklich angeordnet ist.

§ 8 Abs. 1 StVO kommt in diesem Fall nicht zur Anwendung, da der Straßencharakter (z.B. angelegte Fahrspuren baulich oder durch Markierungen, Abgrenzung zu den Parkboxen, Fahrbahnbreite, Verkehrsführung) hier verneint wird.

Dienen Fahrspuren nicht dem Fließverkehr, sondern dem Suchverkehr, ist das Merkmal des Straßencharakters, wie hier, nicht gegeben. Insofern haben die Beteiligten die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 1 Abs. 1 StVO zu beachten.

Wirkung des Verkehrszeichens und Mithaftung

Das Verkehrszeichen hat im privaten Bereich keine bindende Wirkung im Sinne einer Ordnungswidrigkeit. Aber bei der Beurteilung der gegenseitigen Rücksichtnahme kann es mit bewertet werden. Die Klägerin beging einen groben Sorgfaltsverstoß, da sie durch das Verkehrszeichen gewarnt war.

Das Urteil können Sie hier nachlesen.

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)