08.05.2017

Parkverbot auf schmalen Straßen wegen Tiefgaragenausfahrt?

Der VGH BW hält das Verbot zum Parken auf schmalen Straßen in der Straßenverkehrsordnung für unwirksam, da die Norm nach Ansicht des Gerichts zu unbestimmt ist (VGH BW, Urteil vom 08.03.2017, Az: 5 S 1044/15).

Parkverbot schmale Straße

Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus und einer Garage bebauten Grundstücks in einem Wohngebiet. Das Grundstück grenzt an eine Gemeindestraße mit einer 5,50 m breiten Fahrbahn und einem 1,15 m breiten Gehweg. Die Garage ist vor dem Wohnhaus und etwas tiefer als dieses errichtet, so dass ihre Ausfahrt zur Straße leicht ansteigt.

Parken auf der Straßenseite gegenüber andere Autos, kann der Kläger sein Auto nur unter mehrmaligem Rangieren auf die Straße bzw. von der Straße in seine Garage fahren.

Den Antrag auf Anordnung eines Halteverbots auf der gegenüberliegenden Seite lehnte die Verkehrsbehörde ab mit dem Hinweis, dass bereits nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO das Parken an dieser Stelle verbiete, da es sich um eine „schmale“ Stelle handele. Seit einiger Zeit parkten danach gegenüber seinem Grundstück Autos eng hintereinander und nicht mehr wie bisher auf dem Gehweg, wobei dann ein Ausfahren nicht mehr möglich war oder ansonsten nur mit Mithilfe einer Person mit mehrmaligem Rangieren.

Der weitere Antrag auf ein Halteverbot wurde nach einem Fahrversuch abgelehnt, jedoch auch mit der Begründung, dass es sich „nicht um eine schmale“ Straße handele. Ein dreimaliges Rangieren beim Ausfahren sei zumutbar laut ständiger Rechtsprechung.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger erfolglos Widerspruch und auch das Verwaltungsgericht gab der entsprechenden Klage nicht statt.

Der Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung des Klägers zurück und vertrat hierzu nachfolgende grundsätzliche Auffassung zum Begriff „schmale Fahrbahn“.

Entscheidungsgründe

  • Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Nr. 3 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), die das Parken „vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber“ verbietet, ist teilweise unwirksam.
  • Aus der Vorschrift ist nicht hinreichend klar ersichtlich, was der Gesetzgeber mit dem Begriff der schmalen Fahrbahn meint. Die Norm ist daher mangels Bestimmtheit zu unbestimmt und folglich unwirksam. Der Begriff “schmal” genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Normen. Verschiedene Oberlandes- und Oberverwaltungsgerichte haben zwar als Maßstab eine maximal zulässige Zahl an Rangiervorgängen entwickelt, die für eine Ein- oder Ausfahrt im Einzelfall zumutbar sind. Die in der Rechtsprechung als zumutbar angesehene Anzahl der Rangiervorgänge variiert aber erheblich.
  • Ungeachtet dessen ist dieses einzelfallbezogene Kriterium zur Konkretisierung des Begriffs „schmal“ ohnehin untauglich. Denn der Adressat des bußgeldbewehrten Verbots, der Fahrer eines auf der gegenüberliegenden Seite einer Grundstücksein- und -ausfahrt geparkten Autos, kann selbst nicht hinreichend sicher ermitteln oder verlässlich einschätzen, wie viele Rangiervorgänge im jeweiligen Einzelfall nötig sind.
  • Der Kläger kann zwar auch unabhängig von der Gültigkeit des gesetzlichen Parkverbots nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs verlangen, wenn er bei einem Parken von Autos auf der gegenüberliegenden Straßenseite daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert würde, diese Garage zu benutzen. Diese Voraussetzungen sind hier aber bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht erfüllt.
  • Ein zu Lasten des Klägers gehender Gesichtspunkt ist insbesondere, dass er eine befestigte private Verkehrsfläche (Gehweg und Autostellplatz) neben der Garagenausfahrt auf seinem Grundstück höher als diese angelegt und mit Steinen begrenzt hat. Denn infolgedessen kann diese Fläche beim Herausfahren auf die Straße nicht mitbenutzt werden. Die dadurch bedingte höhere Anzahl von Rangiervorgängen hat der Kläger selbst zu vertreten und daher hinzunehmen. Denn es ist ihm zumutbar, die Garagenausfahrt insoweit zu verbreitern.

Hinweis

Es wird interessant sein, ob das BVerwG dieser Auffassung folgt oder gar der Verordnungsgeber eine Änderung der StVO erwägt.

Das Urteil ist abrufbar unter
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE170027304&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)