31.05.2022

Verbot des Fahrradfahrens nach Trunkenheitsfahrt ohne Fahrerlaubnis?

Ein Radfahrer, dessen Fahrerlaubnis zum Führen von Kfz vor Jahren entzogen wurde, weigerte sich nach einer Trunkenheitsfahrt ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Der VGH München hatte zu prüfen, ob das Verbot des Radfahrens rechtmäßig ergangen ist (Beschl. vom 25.04.2022, Az. 11 CS 21.2988)

Fahrradfahren Trunkenheitsfahrt ohne Fahrerlaubnis

Radeln mit 1,81 Promille

Dem Inhaber einer Fahrerlaubnis wurde diese 2013 entzogen und eine neue nicht wieder erteilt. Im Dezember 2020 stürzte er mit seinem Fahrrad und verletzte sich. Eine Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,81 Promille. Vom zuständigen Amtsgericht erhielt der Radfahrer einen Strafbefehl. Weil er sich weigerte, ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen, untersagte ihm die Fahrerlaubnisbehörde, Fahrräder auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu führen und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung an.

Der Betroffene klagte gegen den Bescheid und stellte einen Antrag auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Er begründete sein Vorgehen damit, dass nicht feststehe, ob er alkoholisiert mit dem Rad gefahren ist.

Rechtsgrundlage FeV

Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren, hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, zitierte der VGH München § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV.

Pflicht zum Beibringen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden nach § 3 Abs. 2 FeV die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV fehlt die Fahreignung in Fällen des Alkoholmissbrauchs, d.h. wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden. Nach Beendigung des Missbrauchs besteht die Fahreignung gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV erst dann wieder, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist, was durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen ist.

Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist.

Kann die Fahrerlaubnisbehörde von der Feststellung einer Trunkenheitsfahrt abweichen?

Behörden und auch Verwaltungsgerichte dürfen die in einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidung getroffenen Feststellungen regelmäßig zu Grunde legen, ohne diese selbst auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Anderes gilt nur, soweit sich gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen ergeben, insbesondere Wiederaufnahmegründe nach § 359 StPO gegeben sind, oder die Behörden und Verwaltungsgerichte den Sachverhalt ausnahmsweise besser aufklären können als die Strafverfolgungsorgane.

Für solche Überlegungen fand der VGH keine Anhaltspunkte und verwarf das Argument des angetrunkenen Radfahrers. Die vorgenannten Grundsätze geltend somit auch für die in einem Strafbefehl enthaltenen Feststellungen.

Mussten mildere Maßnahmen getroffen werden?

Solange der Betroffene ein zu Recht angeordnetes Eignungsgutachten nicht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 FeV davon ausgehen, dass seine Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen feststeht und auch eine bedingte Eignung nicht gegeben ist. Denn wenn kein Gutachten beigebracht wird, das auch dazu dient zu klären, ob Anknüpfungspunkte bestehen, dass eine Beschränkung oder Anordnung von Auflagen ausreichend sein könnten, bleibt der Fahrerlaubnisbehörde keine andere Möglichkeit, als zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ohne Einschränkung zu untersagen.

Ergebnis

Der VGH München lehnte den Antrag auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)