21.06.2018

Abschleppen bei nachträglich eingerichteter Halteverbotszone?

Mit Urteil vom 24.05.2018, Az. 3 C 25.16, stellte das BVerwG klar, dass beim kostenpflichtigen Abschleppen aus einem nachträglich eingerichteten Halteverbot eine Frist von 3 vollen Tagen abzuwarten ist und nicht von 48 Stunden, wie vom OVG Münster angenommen.

Halteverbot nachträglich Abschleppen

Wie an dieser Stelle berichtet nahm das OVG Münster (Urteil vom 13.09.2016, Az. 5 A 470/14) an, dass für das rechtmäßige und kostenpflichtige Abschleppen eines Kfz aus einem nachträglich eingerichteten Halteverbot eine Frist von 48 Stunden ausreichend ist. Das Gericht stellte sich mit dieser Rechtsauffassung gegen andere Urteile der obersten Verwaltungsgerichte der Länder. Die unterlegenen Kläger riefen das BVerwG an.

Der Fall

Der Halter eines PKW parkte diesen am 19.08.2013 vor dem Nachbarhaus seiner Wohnung in Düsseldorf und flog anschließend in den Urlaub. Am Vormittag des darauffolgenden Tages (also am 20.08.) wurden in diesem Straßenabschnitt zur Vorbereitung eines privaten Umzugs zwei mobile Halteverbotsschilder für den Zeitraum vom 23. bis zum 24.08., jeweils von 7:00 bis 18:00 Uhr, aufgestellt. Am Nachmittag des 23.08.2013 beauftragte ein Mitarbeiter der Stadt ein Abschleppunternehmen mit der Entfernung des Fahrzeugs. Der Halter holte es am 05.09.2013 gegen Zahlung von 176,98 Euro ab. Die Stadt verlangte zudem noch eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 62 Euro. Die auf Erstattung der an den Abschleppunternehmer gezahlten Kosten und Aufhebung des Gebührenbescheids gerichtete Klage war in den Vorinstanzen, zuletzt vor dem OVG Münster, erfolglos geblieben.

Entscheidungsgründe

  • Der Gesetzgeber hat das Parken im öffentlichen Straßenraum grundsätzlich unbefristet zugelassen. Dennoch ist das Vertrauen in die Möglichkeit des dauerhaften Parkens an einer konkreten Stelle beschränkt.
  • Der Verantwortliche muss daher Vorsorge für den Fall einer Änderung der Verkehrslage treffen.
  • Nach der Rechtsprechung des Senats darf ein Fahrzeug aus Gründen der Verhältnismäßigkeit frühestens am vierten Tag nach dem Aufstellen des Verkehrszeichens auf Kosten des Verantwortlichen abgeschleppt werden.
  • Der vom OVG Münster vertretenen Auffassung, dass ein Vorlauf von 48 Stunden ausreichend und verhältnismäßig sei, weil die Straßenverkehrsbehörden andernfalls auf Änderungen der Verkehrslagen nicht hinreichend flexibel reagieren könnten, ist nicht zu folgen.
  • Zum einen ist die Möglichkeit, erforderliche Abschleppmaßnahmen tatsächlich durchführen zu können, nicht von der Frage abhängig, von wem die Kosten hierfür getragen werden müssen.
  • Zum anderen ist nicht erkennbar, dass die seit zwanzig Jahren in den übrigen Bundesländern praktizierte Vorlauffrist zu Funktionsdefiziten geführt hat.
  • Die Erforderlichkeit von Halteverbotsregelungen – etwa aus Anlass von Bauarbeiten, Straßenfesten oder Umzügen – ist regelmäßig auch im großstädtischen Raum vorher bekannt. Ausgehend hiervon würde die Obliegenheit, mindestens alle 48 Stunden nach dem abgestellten Fahrzeug zu schauen, die Verkehrsteilnehmer unangemessen belasten.
  • Im vorliegenden Fall sind die Verkehrszeichen mit einem Vorlauf von 72 Stunden, nicht aber von drei vollen Tagen aufgestellt worden.
  • Auf Kosten des Halters hätte das Fahrzeug frühestens am vierten Tag nach dem Aufstellen der Schilder, also am 24.08.2013, abgeschleppt werden können.

Ergebnis

Im Land Nordrhein-Westfalen dürfen sich die Ordnungsbehörden künftig keine Extrawurst braten. Wie im übrigen Bundesgebiet auch müssen zwischen dem Aufstellen eines mobilen Halteverbotsschildes und dem kostenpflichtigen Abschleppen mindestens drei volle Tage liegen. Der in den Vorinstanzen unterlegene Halter des abgeschleppten PKW bekam vor dem BVerwG recht. Seiner Klage wurde stattgegeben. Die Kosten des Abschleppens und des Verfahrens trägt die Stadt Düsseldorf.

Das Urteil ist abrufbar unter http://www.bverwg.de/pm/2018/33

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)