20.06.2022

Photovoltaikanlagen und Solarkollektoren: Diese Gefährdungen gibt es im Brandfall

Brände in Dachgeschossen von Gebäuden mit Solaranlagen bedeuten zusätzliche Gefahren für die Einsatzkräfte und erschweren den Außenangriff. Die richtigen Maßnahmen erhöhen den Eigenschutz erheblich und tragen zur Schadensminderung bei.

Solarpaneel in der Sonne

Photovoltaikanlagen und Solarkollektoren sind mittlerweile auf sehr vielen Gebäuden verbaut. Über die Landesbauordnungen ist der Aufbau dieser Anlagen, obwohl diese nicht explizit erwähnt werden, genau geregelt. Je nach Gebäudeklasse kann es durchaus zu unterschiedlichen Ausführungen kommen.

Bei frei stehenden Einfamilienhäusern bestehen hierbei nur Anforderungen an die umfassenden Wände und an das Dach. Reihenhäuser sind durch Gebäudeabschlusswände getrennt, die von den Anlagen nicht überbaut werden dürfen. Bei Industriebauten ergibt sich die Fläche der Anlagen meist durch die Fläche der Brandabschnitte. Hier muss darauf geachtet werden, dass Laufwege mit einer Mindestbreite von 1 m angelegt werden.

Die Ziele des vorbeugenden Brandschutzes müssen zwingend eingehalten werden, z.B.: Die Feuerwehren müssen die Möglichkeit haben, Löscharbeiten durchzuführen.

Für alle Sonderbauten verlangt die Bauaufsichtsbehörde ein Brandschutzkonzept, das die Anlagen aus brandschutztechnischer Sicht bewertet.

Elektrische Gefahren bei einem Brand

Da Solargeneratoren auf Dächern bis 1.000 V DC bereitstellen, muss davon ausgegangen werden, dass die Spannung, die in den Leitungen bis zu den Wechselrichtern anliegt, immer größer als 120 V DC ist.

120 V Gleichspannung ist die Grenze der Spannung, bei der mit tödlichen Folgen zu rechnen ist, wenn sie am Menschen anliegt. Werden Gleichspannungsleitungen infolge Brandeinwirkung freigelegt, besteht bei Berührung Lebensgefahr für die Einsatzkräfte.

Mechanische Gefahren bei einem Brand

Die Moduloberflächen sind glatt und nur bedingt tragfähig. Ihre Aufgabe besteht lediglich darin, die darunter liegenden Solarzellen vor Umwelteinflüssen zu schützen. Die Module sind nicht begehbar und können brechen. Zudem bieten die glatten Oberflächen, insbesondere bei Nässe, keinen Halt. Unter der thermischen Belastung eines Brands kann die Moduloberfläche zerstört werden. Glassplitter können herabfallen.

Die Modulhalterungen wiederum sind dafür ausgelegt, das einzelne Modul zu befestigen. In der Regel handelt es sich um Halterungen aus Stahl/Aluminium, die auf den Dachstuhl geschraubt sind. Bei Brand eines Dachstuhls besteht die Gefahr, dass die Modulhalterungen ihren festen Sitz verlieren und die Module nicht mehr halten können. Der Verlust der Tragfähigkeit der Halterungen kann in der reinen thermischen Belastung (Metall verliert bei ca. 550 °C 50 % der Festigkeit) der Leichtmetallhalter liegen, aber auch im Abbrand der tragenden Konstruktion. Sonnenkollektoren können dann vom Dach abrutschen. Der Wärmeträger kann u.U. sehr heiß sein. Wird durch Brandeinfluss oder mechanische Einwirkung diese Flüssigkeit freigesetzt, besteht zumindest theoretisch Verbrühungsgefahr, wenn sie unmittelbar auf eine Einsatzkraft fließt.

Brände in Dachgeschossen unter Photovoltaikanlagen und Solarkollektoren

Dachstuhlbrände stellen die Einsatzkräfte immer wieder vor große Herausforderungen. Viele nachträgliche, nicht genehmigte Innenausbauten tragen in hohem Maße dazu bei. Wird eine Photovoltaikanlage oder werden Solarkollektoren installiert, sollte der vorbeugende Brandschutz unbedingt beachtet werden. Da die Anlagen meist eine Südwestausrichtung haben, sollte der Zugriff der Feuerwehr über die Nordseite möglich sein. Ist die Anlage beidseitig aufgelegt oder ist die Dachform ein Flachdach, sollten Zugänge über Giebelfenster möglich sein. Bei Industriebauten mit großen Brandabschnitten sollten Laufwege zwischen den aufgestellten Zellen mit einer Mindestbreite von 1 m möglich sein.

Ursachen für einen Dachstuhlbrand

Die verbauten Anlagen auf den Dächern sind im Normalfall nicht die Auslöser für einen Dachstuhlbrand. Als Ursache von außen könnte ein Blitzschlag infrage kommen, von innen ein defektes elektrisches Gerät oder unsachgemäßer Umgang mit offenem Feuer.

Ein Feuer im Dachstuhl bleibt meist lange unentdeckt. Die Dachstühle sind in der Regel Räume für Lagernutzung und deshalb auch nicht zwingend mit Brandrauchmeldern versorgt. Ist der Dachstuhl genehmigter Wohnraum, dann sind Brandrauchmelder vorhanden und man hofft, dass sich die Bewohner in Sicherheit bringen können.

Brandverlauf

Die Brandverlaufskurve ist immer gleich. Der Entstehungsbrand wechselt durch thermische Aufbereitung u.U. in einen Vollbrand. Dabei werden Temperaturen von über 1.000 °C erreicht. Alles brennbare Material unter der Dachhaut wird sich bei diesen Temperaturen entzünden, alles nicht brennbare Material wie die Verankerungen der Dachanlage wird die Festigkeit verlieren und so den Absturz der Anlage vom Dach begünstigen. Die Isolierung der der Gleichstromleitung kann beschädigt werden.

Einsatzmaßnahmen der Feuerwehr

Die Feuerwehren haben die Möglichkeit, Löschtaktiken im Innen- oder Außenangriff durchzuführen. Eine umfassende Erkundung im Vorfeld ist dabei lebenswichtig. Folgende Schritte können die Risiken durch Photovoltaikanlagen und Solarkollektoren senken:

Dachstuhlbrand bei Photovoltaikanlage

  • Gefahr für Menschen: Flucht- und Rettungswege sichern
  • Gefahr durch Abrutschen der Anlage oder Teile der Anlage: Trümmerschatten festlegen, Anlage permanent beobachten
  • Gefahr durch elektrischen Strom: Sind DC-Kabel außen sichtbar verlegt?
  • Brandbekämpfung von außen im Bereich der Kollektoren nur bei Einhaltung der Mindestabstände (Vollstrahl 10 m, Sprühstrahl 5 m) möglich
  • Drehleiter so aufstellen, dass der Rückzugsweg für Einsatzkräfte sichergestellt ist. Achtung: Trümmerschatten beachten
  • bei Innenangriff den Verlauf der Gleichstromleitungen im Dachbereich eruieren
  • Vorsicht bei Kabeln, wenn sich durch Wärme die Isolierung gelöst hat!
  • Informationen über die Lage der Wechselrichter, Abschalteinrichtung und Not-Aus-Schalter einholen
  • wenn der Dachstuhl geöffnet werden muss: Achtung Durchzündung möglich!
  • nach dem Dachstuhlbrand: Einsatz einer Wärmebildkamera zum Auffinden von Brandnestern

Dachstuhlbrand bei Solarkollektoren

  • Brandbekämpfung von außen im Bereich der Kollektoren nur bei Einhaltung der Mindestabstände möglich
  • mögliche Abrutschgefahr und Trümmerschatten beachten
  • Vorsicht: heiße Wärmeträgerflüssigkeit
Autor*in: Lothar Jauck