24.05.2023

Hinweisgeberschutzgesetz: Unternehmen müssen reagieren

Der Bundestag hat im Dezember 2022 das Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen und damit die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern (EU 2019/1937) umgesetzt. Nach einer Blockade des Bundesrates haben die Vertreterinnen und Vertreter des Vermittlungsausschusses im Mai 2023 eine Einigung gefunden – endlich wissen Unternehmen, wie sie den Hinweisgeberschutz im Unternehmen umsetzen müssen.

Symbolbild für das Hinweisgeberschutzgesetz

24Das Ziel des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes: Hinweisgeber sollen, wenn sie Missstände und Verstöße gegen Gesetze und Vorschriften (z.B. das Arbeitsschutzgesetz) anonym melden, besser als bisher vor Repressalien geschützt werden. Für die Unternehmen bedeutet dies zweierlei: Einerseits sind Meldestellen, mit denen „Whistleblower“ vor Aufdeckung und Verfolgung bewahrt werden können, zu implementieren. Und zweitens ist darauf zu achten, dass Meldungen rechtmäßig bearbeitet und abgeschlossen werden, sonst drohen Schadenersatz und Bußgelder.

Durch das neue Gesetz werden auch alle Personen geschützt, die betriebsinterne Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz oder den Gesundheitsschutz melden. Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz setzt der Gesetzgeber die EU-Richtlinie EU 2019/1937 um. Das Ziel ist es, Hinweisgeber vor Repressalien und Nachteilen wie z.B. Kündigung, Mobbing oder Blockierung von Beförderungen zu bewahren und dadurch Rechtsverstöße und Missstände schneller aufdecken zu können.

Wer ist vom Hinweisgeberschutzgesetz betroffen und wer darf melden?

Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt für alle Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten. Diese müssen eine Meldestelle für Hinweisgeber einrichten. Zusätzlich gibt es eine Liste mit Unternehmen wie z.B. Immobilienmaklern und Dienstleistern aus der Finanz- und Versicherungsbranche, die unabhängig von ihrer Größe eine interne Meldestelle einrichten müssen. Meldungen dürfen alle natürlichen Personen abgeben, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit oder in deren Vorfeld Kenntnis von Verstößen gegen Gesetze oder Vorschriften erlangt haben. Unter den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fallen also alle Informationen über den eigenen Arbeitgeber oder andere Stellen, mit denen der Hinweisgeber beruflich in Kontakt stand.

Anonyme Meldungen von Hinweisgebern können bearbeitet werden – müssen aber nicht

Viel hin und her gab es in den verschiedenen Entwürfen zur Frage, ob anonyme Meldungen möglich sein sollen oder nicht. Bis kurz vor der Verabschiedung durch den Bundestag sah der Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz vor, dass Unternehmen selbst darüber entscheiden können, ob sie anonyme Hinweise bearbeiten oder nicht. Dann grätschte der Rechtsausschuss des Bundestags dazwischen und erreichte, dass nun sowohl personalisierte als auch anonyme Hinweise bearbeitet werden müssen. Das hätte zur Folge gehabt, dass die Meldestellen eine anonyme Kommunikation hätten ermöglichen müssen. Mit der Einigung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat ist das nun vom Tisch. Anonyme Meldungen „sollen“ möglich sein. Das ist aber nicht verpflichtend. Im Klartext: Unternehmen müssen bei der Meldestelle keine anonymen Hinweise ermöglichen. Werden auf andere Weise anonyme Hinweise eingereicht, können diese bearbeitet werden – müssen aber nicht.  

Doch Vorsicht: Im neu formulierten Gesetzestext heißt es zwar, dass die interne Meldestelle gegenüber der externen Meldestelle bevorzugt genutzt werden soll. Dies ist aber für die Hinweisgeber keine Verpflichtung: Wenn sie kein Vertrauen zu der internen Meldestelle des Unternehmens haben, können sie sich ausdrücklich an das Bundesamt für Justiz wenden. Diese steht allen Hinweisgebern als externe Meldestelle zur Verfügung. Und wenn sie von dort keine Rückmeldung haben, dürfen sie sich straflos an die Öffentlichkeit wenden.

Schadenersatz und Bußgelder gemäß Hinweisgeberschutzgesetz

Wenn hinweisgebende Personen Repressalien ausgesetzt sind, können sowohl Vermögensschäden als auch immaterielle Schäden angerechnet werden. Zu Letzteren gehören Tatbestände wie Diskriminierung und Mobbing (§ 37 Abs. 1 HinSchG). Versäumen es Unternehmen ab 50 bis 249 Beschäftigte, Meldestellen bis Ende 2023 einzurichten, oder sind diese nicht nach den Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetztes ausgestaltet, drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro. Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten müssen innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes handeln. Bußgelder drohen auch für Unternehmen, die Hinweisgeber bei ihren Meldungen behindern. Fühlen sich Hinweisgeber benachteiligt und verlangen Schadenersatz, gilt die Beweislastumkehr: Beschwert sich ein Hinweisgeber wegen Repressalien, muss das Unternehmen beweisen, dass dem nicht so ist. Allerdings gilt diese Beweislastumkehr nur dann, wenn die sich benachteiligt fühlenden Hinweisgeber diese auch geltend machen.

Hier setzt das Hinweisgeberschutzgesetz den Whistleblowern Grenzen

Die Hinweisgeber werden durch das Hinweisgeberschutzgesetz umfassend geschützt, sofern sich die Informationen auf den beruflichen Kontext beziehen; doch grenzenlos ist dieser Schutz nicht. So dürfen sie zwar mit ihrem Wissen an die Öffentlichkeit treten. Dies gilt jedoch erst, wenn sich die Whistleblower an die externe Meldestelle (also das Bundesamt der Justiz) gewandt und von dort mindestens drei Monate lang keine Antwort bekommen haben. Auch kann für den Hinweisgeber eine Schadenersatzpflicht eintreten, wenn er oder sie vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen gemeldet hat.

Tipp: Aufbewahrungspflichten einhalten

Der Rechtsausschuss des Bundestags hat kurz vor der Abstimmung im Bundestag noch eine Verlängerung der Aufbewahrungspflicht in das Hinweisgeberschutzgesetz eingefügt. Demnach beträgt die Aufbewahrungspflicht von Unterlagen, die eine rechtmäßige Bearbeitung des Hinweises belegen können, drei Jahre. Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Fall abgeschlossen ist (§ 11 Abs. 5 HinSchG.).

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Autor*in: Martin Buttenmüller