10.02.2023

Arbeitsschutz auf Baustellen: Das müssen Sie beachten

Sich kreuz und quer bewegende Maschinen, dazwischen Arbeiter unterschiedlichster Firmen und Gewerke. Lärm und Geräusche von allen Seiten, Staub, Schmutz und oft auch widriges Wetter – wohl kaum irgendwo sonst ist das Spektrum an möglichen Belastungen und Gefährdungen so groß wie auf einer Baustelle. Lesen Sie in diesem Beitrag, worauf es hier beim Arbeitsschutz grundsätzlich besonders ankommt, welche Vorschriften zu beachten sind – und was sich dabei aktuell geändert hat. Dabei erhalten Sie einen Überblick über die Anforderungen, um besser entscheiden zu können, in welchen Bereichen Sie sich tiefer einlesen möchten.

Mann arbeitet auf einer Baustelle und beachtet die Anforderunen im Arbeitsschutz auf Baustellen

Es sind vor allem die ständigen Veränderungen der Arbeitsumgebung infolge des Baufortschritts und gleichzeitig ablaufende Arbeitsprozesse, die den Arbeitsschutz auf Baustellen zu einer besonderen Herausforderung machen. Hinzu kommen die Witterungseinflüsse, häufig gefährliche Tätigkeiten, verbunden mit starken körperlichen Beanspruchungen sowie ein großer Termindruck.

Bei den Rechtsgrundlagen tut sich gerade etwas: Am 1. April 2023 tritt die geänderte Baustellenverordnung (BaustellV) in Kraft. Was dabei neu sein wird, ist bereits seit dem 4. Januar 2023 im Bundesgesetzblatt (BGBl.) nachzulesen.

Diese Vorschriften sind für den Arbeitsschutz auf Baustellen wichtig

Zum Schutz der Beschäftigten in der Bauwirtschaft hat der Gesetzgeber spezielle Regelungen erlassen:

  • Die Baustellenverordnung (BaustellV) dient der Verbesserung der Sicherheit durch bessere Koordination bei Planung und Ausführung von Bauvorhaben.
  • Die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB) geben den Stand der Technik bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen wieder.

Obendrein gelten auch für Beschäftigte auf Baustellen die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und der darauf basierenden Verordnungen. Teils enthalten diese Rechtstexte ergänzende oder spezielle Anforderungen für Baustellen – insbesondere die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) mit spezifischen Anforderungen und Maßnahmen für Baustellen (in Ziffer 5.2 Anhang) sowie die sie konkretisierenden Arbeitsstättenregeln (ASR), z.B.:

  • ASR V3 – Gefährdungsbeurteilung
  • ASR A1.3 – Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung
  • ASR A1.8 – Verkehrswege
  • ASR A2.1 – Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen
  • ASR A2.2 – Maßnahmen gegen Brände
  • ASR A2.3 – Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan
  • ASR A4.2 – Pausen- und Bereitschaftsräume
  • ASR A4.3 – Erste Hilfe
  • ASR A5.2 – Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr – Straßenbaustellen

Hinsichtlich der Verwendung von Arbeitsmitteln ist außerdem die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zu beachten. Für Baustellen besonders relevante Vorschriften enthält ihr Anhang 1, Nr. 2 und 3. Dort sind Vorgaben für die Verwendung von Arbeitsmitteln zum Heben von Lasten sowie Leitern und Gerüsten zu finden.

Wann ein „SiGeKo“ Pflicht ist

Gemäß der Baustellenverordnung ist mindestens ein SiGeKo Pflicht, wenn auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig sind. Die Abkürzung steht für „Sicherheits- und Gesundheitskoordinator“, also für eine Person, die alle relevanten Abläufe unter einen Hut bringt, damit der Arbeitsschutz nicht im Chaos untergeht. Je nach Größe der Baustelle können auch mehrere Koordinatoren erforderlich sein.

Die SiGeKos wiederum sind dazu verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes am Bau umzusetzen, zu koordinieren und ihre Einhaltung zu überprüfen. Ihre Tätigkeit soll auch einen ungestörten Ablauf und effektive spätere Arbeiten an der Anlage ermöglichen. Zu Ihren Aufgaben gehört daher auch, einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu erarbeiten.

Die Aufgaben eines SiGeKo können z.B. Architekten, Bauingenieure oder Sicherheitsingenieure übernehmen. Grundlage hierfür sind die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB) Nr. 30, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bekannt gegeben werden. Wenn der Bauherr über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügt, darf er den Posten auch selbst bekleiden. Wählt er aber eine andere Person, muss er ihr die Aufgaben nach § 3 BaustellV für die Planungs- und Ausführungsphase des Vorhabens übertragen. Hier sieht die aktuell geänderte Fassung der Verordnung vor, dass der Koordinator den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anzupassen oder anpassen zu lassen hat, sofern sich Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens auf die weitere Koordination auswirken (§ 3 Abs. 3 Nr. 3). In der – bis April noch geltenden bisherigen Fassung – ist von „erheblichen Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens“ die Rede. Daraus lässt sich folgern, dass dies nun also bereits bei geringfügigeren Änderungen geschehen muss.

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Sicherheitskennzeichnung auf Baustellen

Baustellen müssen ordnungsgemäß gesichert und gekennzeichnet werden, z.B. durch Warnschilder, Bauzäune und eine den Anforderungen entsprechende Beleuchtung. Um zu verhindern, dass Unbefugte die Baustelle betreten, sollten Bauzäune und Einfahrten geschlossen werden.

Außerdem braucht jede Baustelle sichere Verkehrswege und Fluchtwege, die es den Arbeitern erlauben, im Brandfall die Baustelle umgehend zu verlassen (lesen Sie hierzu auch den Beitrag „Vorbeugender Brandschutz auf Baustellen).

Sicherheitskonzept für Baustellen

Auf jeden Fall sollte auf Baustellen im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet und sollten Brandschutz- und Rettungspläne erstellt werden. Werden auf einer Baustelle Arbeiten durchgeführt, durch die eine erhöhte Brandgefahr entstehen kann, wie dies z.B. bei Löt- und Schweißarbeiten der Fall ist, so braucht es außerdem einen Erlaubnisschein für diese Arbeiten.

Arbeitsplätze im Freien brauchen geschützte Räume

Sind die Arbeitsplätze den Witterungseinflüssen, hier insbesondere Kälte, Niederschläge, Sonneneinstrahlung, ausgesetzt, so sind den Beschäftigten geeignete persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen. Es müssen vor Ort Umkleide- und Waschmöglichkeiten vorgehalten werden, die gegen Witterungseinflüsse geschützt sind. Möglichkeiten zum Wärmen sowie zum Einnehmen und ggf. Zubereiten von Mahlzeiten müssen ebenfalls vorhanden sein. Für Arbeitskleidung und Schutzkleidung muss die Möglichkeit zum Trocknen und Lüften bestehen. Trinkwasser oder andere alkoholfreie Getränke sollen zur Verfügung stehen. Geeignete Einrichtungen hierfür sind z.B. abschließbare Bauwagen oder entsprechend ausgestattete Container.

Standsicherheit und Tragfähigkeit der Arbeitsumgebung

Die Standsicherheit der Bauwerke selbst sowie aller auf der Baustelle vorhandenen Bauwerksteile, Hilfskonstruktionen, Gerüste, Laufstege und Geräte muss während aller Bauzustände jederzeit gewährleistet sein. Dabei müssen auch Gelände- und Untergrundgegebenheiten sowie Witterungseinflüsse berücksichtigt werden.

Entsprechendes gilt insbesondere auch für die Tragfähigkeit. Hierbei muss insbesondere Berücksichtigung finden, dass Bauteile wie z.B. Betondecken erst nach dem Erhärten ihre vorgesehene Tragfähigkeit erreichen können. Lehrgerüste und Schalungen müssen dabei die Belastungen durch Bewehrung, Frischbeton und eingesetztes Gerät vor Beginn des Aushärtungsvorgangs aufnehmen können.

Sicherung gegen Abstürzen

Arbeitsplätze sind ab einer Absturzhöhe von mehr als 1 m entsprechend zu sichern. Dies gilt insbesondere auch an frei liegenden Treppenläufen und -absätzen, Wandöffnungen, Bedienungsständen von Maschinen sowie für deren Zugänge. An allen übrigen Arbeitsplätzen sind Absturzsicherungen ab 2 m Absturzhöhe erforderlich. Arbeitsplätze auf Dächern sind ab 3 m Absturzhöhe zu sichern.

Fest angebrachte Absturzsicherungen auf Baustellen bestehen üblicherweise aus Handlauf-, Knie- und Fußleiste.

Abgrenzung von Arbeitsbereichen

Auf größeren Baustellen werden häufig räumliche Begrenzungen von Arbeitsplätzen, Materialien und Ausrüstungen angebracht. Diese und ganz allgemein alle Elemente, die durch Verschieben oder Versetzen die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigen können, müssen auf geeignete Weise gegen Ortsveränderung gesichert werden. Dies gilt auch für Maßnahmen zum Verhindern, dass z.B. Fahrzeuge, Erdbaumaschinen und Förderzeuge abstürzen, umstürzen, abrutschen oder einbrechen können.

Besondere Gefährdungen beim Arbeitsschutz auf Baustellen

Spezielle Sicherheitsvorkehrungen müssen getroffen werden für Arbeiten, bei denen sich besondere oder ungewöhnlich hohe Gefährdungen für die Beschäftigten ergeben können.

  • Abbrucharbeiten, Montage- oder Demontagearbeiten, insbesondere der Auf- oder Abbau von Stahl- oder Betonkonstruktionen, die Montage oder Demontage von Verbau zur Sicherung von Erd- oder Felswänden oder Senkkästen (Caissons) sind fachkundig zu planen und nur unter fachkundiger Aufsicht sowie nach schriftlicher Abbruch-, Montage- oder Demontageanweisung durchzuführen; die Abbruch-, Montage- oder Demontageanweisung muss die erforderlichen sicherheitstechnischen Angaben enthalten; auf die Schriftform kann verzichtet werden, wenn für die jeweiligen Abbruch-, Montage- oder Demontagearbeiten besondere sicherheitstechnische Angaben nicht erforderlich sind.
  • Bei Arbeiten an erhöhten oder tiefer gelegenen Standorten müssen Standsicherheit und Stabilität der Arbeitsplätze einschließlich ihrer Zugänge gewährleistet werden. Insbesondere nach Veränderungen der Höhe oder Tiefe des Arbeitsplatzes ist dies zu überprüfen.
  • Erd- oder Felswände sind bei Aushubarbeiten, Brunnenbauarbeiten, unterirdischen oder Tunnelarbeiten so abzuböschen, zu verbauen oder anderweitig zu sichern, dass deren Standsicherheit während der einzelnen Bauzustände gewährleistet ist.
  • Vor Beginn von Erdarbeiten sind Art und Lage unterirdisch verlegter Kabel sowie anderer Ver- und Entsorgungsleitungen festzustellen. Gegebenenfalls sind geeignete Maßnahmen durchzuführen, um mögliche Gefährdungen der Beschäftigten auszuschließen.
  • Können bei Arbeiten Sauerstoffmangel und/oder gefährliche Gase auftreten, sind geeignete vorbeugende Maßnahmen, wie z.B. das Mitführen von Sauerstoffselbstrettern, zu treffen. Eine wirksame und sofortige Hilfeleistung ist zu ermöglichen. Solche Arbeiten können z.B. im Abwassersystem, in Schächten oder in unterirdischen Kavernen durchzuführen sein. Sind Einzelarbeitsplätze in solchen Bereichen erforderlich, muss eine ständige Überwachung von außen erfolgen. Gegebenenfalls muss durch Vorhalten entsprechender Einrichtungen eine sofortige Hilfeleistung möglich sein.
  • Während des Auf-, Um- sowie Abbauens von Spundwänden und anderen Verbauarten von Baugruben sowie Senkkästen sind angemessene Vorrichtungen vorzusehen, damit sich die Beschäftigten beim Eindringen von Wasser und/oder Material retten können.

Muster und Vorlagen für die Arbeitssicherheit auf Baustellen

In unserem Downloadbereich finden Sie einige Checklisten, Muster-Gefährdungsbeurteilungen und Muster-Betriebsanweisungen für Baustellen, u.a. die unten unten anhängenden Beispiele.

 

Autor*innen: Renata Kasravi, Thomas Nesser, Christine Lendt