08.12.2017

Diebstahl aus Lkw: Das können Sie tun

Spediteure transportieren bevorzugt auf der Straße. Internationale Räuberbanden stehlen die Transportware – auch am liebsten auf der Straße. Immer neue Tricks lassen sich die Diebe einfallen. Auf der Mitgliederkonferenz in London schlägt der Transportversicherer Tapa jetzt Alarm. Lesen Sie mehr über die Situation und nutzen Sie unsere Tipps.

Treffen Sie Vorsichtsmaßnahmen gegen Diebstahl aus dem Lkw

Diebstahl aus Lkw: Nachts, wenn die Räuber kommen

Nachts auf Deutschlands Autobahnparkplätzen. Dann kommen die Räuber. Sie wandern zwischen den parkenden Lkws,  immer auf der Suche nach Beute.

Den Bestellzettel ihrer Auftraggeber aus dem Ausland haben sie im Kopf: Elektrogeräte, Motoren, Kleidung, Lebensmittel – alles, was sich daheim irgendwie zu Geld machen lässt. Sie schlitzen Planen der Lastwagen auf oder brechen Container auf. Zwanzig bis dreißig Lkws fallen ihnen pro Nacht zum Opfer, rechnete schon 2015 die „Wirtschaftswoche“ nach.

Fast alle Routen führen durch Deutschland

Zwischen West und Ost führen fast alle Routen durch Deutschland. Im Transitland haben es die internationalen Banden besonders auf LKW-Transporte abgesehen – und mit günstigen Infrastrukturen wird es ihnen hier leicht gemacht.

„Deutschland nimmt beim Frachtdiebstahl innerhalb Europa weiterhin einen Spitzenplatz ein“, zitierte das Wirtschaftsmagazin Thorsten Neumann.

Er ist Vorsitzender der Transported Asset Protection Association (Tapa) mit europäischem Sitz im niederländischen Amstelveen. Die Tapa hat sich die Verhinderung von Frachtdiebstählen auf die Fahnen geschrieben.

Diebstahl aus Lkw: Polizei erfasst Frachtkriminalität nicht zentral

Nach Schätzungen von Tapa hat es alleine im Jahr 2014 in Deutschland rund 5.000 Fälle von ausgeräumten oder gestohlenen Lkw gegeben. Genaue Zahlen gibt es nicht, denn Fälle von Frachtkriminalität werden von den deutschen Polizeibehörden bisher nicht zentral erfasst.

Die Tapa-Statistik für Europa weist allein im September 2017 zwölf Fälle mit einem Verlust von mehr als 100.000 Euro aus. So zitiert die „dvz“ aus der kürzlich in London abgehaltenen Tapa-Mitgliederkonferenz.

In Deutschland wurden in diesem Monat unter anderem in Sande in Niedersachsen Laptops im Wert von 300.000 Euro aus einem geparkten Laster entwendet. In Viersen wurden aus zwei Lkws, die Rücken an Rücken abgestellt waren, um den Zugang zu erschweren, Musikinstrumente im Wert von 100.000 Euro gestohlen.

Über 4,6 Millionen Euro Transportschaden im Oktober 2017

Die Tapa unterhält eine Informationsdatenbank, die „Tapas Incident Information Services (IIS)“, die den Mitgliedern zur Verfügung steht. In ihr werden alle kriminellen Vorfälle gegen Tapa-Mitglieder zentral erfasst.

In der Datenbank wurde im Oktober 2017 ein Anstieg der Fälle von Transportkriminalität um 10,3 Prozent registriert – und zwar im gesamten EMEA-Raum (Europa, Mittlerer Osten und Afrika). Insgesamt waren es 246 Fälle. Bei 134 davon wurden Verlustschäden im Schnitt von 34.473 Euro je Vorfall gemeldet; das ergab einen finanziellen Gesamtschaden von über 4,6 Millionen Euro allein im Oktober.

Zusammenschluss von internationalen Organisationen für mehr Sicherheit in der internationalen Lieferkette

Die Tapa wurde 1997 von namenhaften Technologieunternehmen in den USA gegründet. Sie ist ein Zusammenschluss von internationalen Herstellern, Logistikdienstleistern, Frachtunternehmen, Strafverfolgungsbehörden und anderen Beteiligten. Sie eint das gemeinsame Ziel, Sicherheitsbedrohungen innerhalb der internationalen Lieferkette zu verringern sowie Verluste zu vermeiden und zu reduzieren.

Hier erfahren Sie mehr zum Thema Logistikvertrag: So funktioniert der Logistikvertrag in der Beschaffung.

Mehr als 600 Mitglieder in EMEA

Heute hat die Tapa laut der Zertifizierungsgesellschaft DNV/GL mehr als 600 Mitglieder in Europa, dem Mittleren Osten, Afrika, Amerika und Asien. Vor allem für Hersteller von Markenprodukten und deren Transport- und Logistikunternehmen wächst die Bedrohung durch Kriminalität in der Lieferkette ständig. Deshalb hat die Tapa folgende Sicherheitsstandards entwickelt:

  • FSR (Facility Security Requirements) für Gebäudesicherheit
  • TSR (Trucking Security Requirements) für Sicherheit während der Fahrt
  • PSR (Parking Security Requirements) für Sicherheit beim Parken
  • TACSS (Tapa Air Cargo Security Standards) für Sicherheit in der Luftfracht

Zertifizierung nach Tapa FSR

Der Tapa FSR Standard ist weltweit als industrieller Standard für Cargo-Betriebe und Transportsicherheit anerkannt und seit 2006 zertifizierbar. Aktuell ist die Version Tapa FSR 2014 gültig. Die Frachtsicherheitsstandards definieren Mindestsicherheitsanforderungen an die Transport- und Logistikbranche.

Eine Zertifizierung nach Tapa FSR weist nach, dass ein Unternehmen gemäß den speziellen Anforderungen des Standards geprüft wurde und diese erfüllt. Die Zertifizierung nach Tapa FSR erfolgt anhand einer Checkliste und umfasst folgende Bereiche:

  • Sicherheit: Kamerasysteme, Sicherheitssystem
  • LKW-Schutz
  • Administrative Sicherheitsvorgaben des Unternehmens
  • Zugriffskontrollen
  • Sicherung der Lagerflächen, Verladeanlagen sowie des gesamten Firmengeländes

Drei Tapa-Standards

Der Standard umfasst drei Levels, A, B und C. Level A entspricht dem höchsten Sicherheitsstandard und wird speziell bei hochwertigen Gütern angewendet. Level A und B sind zertifizierbar. Die Zertifizierung nach Tapa FSR wird alle drei Jahre durchgeführt. Das Unternehmen muss hierbei jährlich Selbstbewertungen durchführen.

Nicht nur Tapa-Mitglieder können sich von einer unabhängigen und zugelassenen Zertifizierungsgesellschaft wie DNV GL nach Tapa FSR zertifizieren lassen. Der Standard kann von allen Unternehmen angewendet werden.

Hier geht es zur deutschen Website der Tapa: tapaemea.org

Unsere Tipps gegen den Diebstahl aus Lkw

Die folgenden Tipps stammen aus dem Online-Werk „Einkauf – Logistik – Transport„. Das Expertenwissen für die Branche!

Diese Maßnahmen sollten Unternehmen gegen Diebstahl treffen:

  • die Bewerbungen von Mitarbeitern sorgfältig überprüfen (polizeiliches Führungszeugnis)
  • die Mitarbeiter (ggf. auch die Leiharbeitnehmer und die Mitarbeiter von Subunternehmen) in Bezug auf Sicherheitsrisiken und den Einsatz der technischen Sicherungen regelmäßig schulen
  • die Mitarbeiter der Warenannahme und der Warenausgabe nach einem den Mitarbeitern nicht bekannten Plan wechseln
  • Betriebsabläufe nicht gegenüber Betriebsfremden offenbaren
  • ihren Betrieb regelmäßig Überprüfungen in Bezug auf seine Organisation unterziehen
  • vor der Vergabe von Frachtaufträgen ihre Vertragspartner überprüfen
  • bei allen Geschäftsanbahnungen vom betreffenden Unternehmen Referenzen verlangen und andere ausführliche Informationen über dieses Unternehmen einholen (Internet, Handelskammer, andere Geschäftspartner usw.)
  • Zugangskontrollen für alle Anlieferer und Abholer einrichten
  • technische Sicherungen (Alarmanlagen, Einbruchssicherungen, Beleuchtung usw.) der Betriebsanlagen einrichten bzw. ausbauen
  • für besonders wertvolle Waren besonders gesicherte Lagermöglichkeiten schaffen,Transporte besonders wertvoller Ladungen durch Begleitpersonal schützen
  • zusätzliche technische Sicherungen in die Fahrzeuge (siehe unten) einbauen lassen
  • vorgelegte Dokumente stets auf ihre Echtheit prüfen
  • zur Anlieferung und Abholung von Waren ausnahmslos feste Zeitfenster vereinbaren und die Voranmeldung des polizeilichen Kennzeichens sowie des kompletten Namens des Fahrers verlangen
  • zur Abholung von Waren stets eine Auftragsnummer vereinbaren, die vom abholenden Fahrer dem Personal an der Beladestelle zu nennen ist (kann dieser keine gültige Auftragsnummer angeben, bekommt er die Ware nicht)
  • mit den Fahrern regelmäße Kontrollmeldungen zu möglichst festen Zeiten vereinbaren, wenn ihr Fahrzeug nicht mit entsprechenden automatischen Systemen ausgerüstet ist

Diese Maßnahmen sollten Fahrer und Beifahrer gegen Diebstahl treffen:

  • ihr Fahrzeug nie unverschlossen abstellen, auch wenn der Aufenthalt noch so kurz ist (z.B. zum Tanken, zum Kauf einer Zeitung, zur Einholung von Auskünften)
  • vor jedem Verlassen des Fahrzeugs den Zündschlüssel abziehen und alle Diebstahlsicherungen einschalten (Lenkradschloss einrasten lassen)
  • auch bei kurzen Abwesenheitszeiten alle Fenster des Fahrzeugs schließen
  • beim Verlassen des Fahrzeugs niemals Fahrzeugpapiere, Transportdokumente und mobile Navigationsgeräte bzw. Wertsachen im Fahrzeug liegen lassen
  • ihre Fahrzeuge so weit wie möglich nicht unbeaufsichtigt abstellen
  • wenig befahrene Strecken meiden
  • ihr Unternehmen stets unverzüglich über unvorhergesehene Abweichungen von der Fahrtroute informieren
  • abgelegene und unbewachte Parkplätze meiden und ihre Fahrzeuge möglichst auf bewachten und beleuchteten Parkplätzen abstellen (vorher mit dem Unternehmen die Übernahme der Kosten absprechen)
  • bei Aufenthalten an Parkplätzen und Raststätten sowie an Be- bzw. Entladestellen nicht mit fremden Personen über die Ladung, die Fahrtstrecke, Ruhepausen, Entladestellen usw. sprechen
  • auf solche Personen besonders achten, die mit ihnen über die Fahrtstrecke und die Beladung sprechen wollen, damit sie ggf. eine Personenbeschreibung abgeben können
  • unter keinen Umständen Anhalter mitnehmen
  • ihr Fahrzeug und die Ladung grundsätzlich unmittelbar vor Fahrtbeginn und nach jedem Aufenthalt auf Parkplätzen, Raststätten oder fremdem Betriebsgelände überprüfen
  • stets wichtige Telefonnummern (Polizei, Unternehmen, Empfänger der Waren usw.) bereithalten
  • auf Fahrzeuge achten, die ohne erkennbaren Anlass über einen längeren Zeitraum hinter oder neben ihnen fahren
  • vorgelegte Transportdokumente auf ihre Echtheit kontrollieren

Weitere Maßnahmen zur Sicherung von Lkws sind:

  • GPS-Systeme:
    Die meisten dieser Systeme umfassen das „Tracing“ (Ortung in Echtzeit), das „Tracking“ (Spurenverfolgung) und das „Reporting“ (Verfassen von Berichten). Je nach Ausstattung ermöglichen die Systeme:
    – die Objektortung, die den jeweiligen Standort des Fahrzeugs ermittelt und auf einer elektronischen Karte anzeigt,
    – die Tourenverfolgung, mit deren Hilfe der genaue Verlauf der Transporte einschließlich der Standzeiten festgehalten wird,
    – das Fahrtenbuch, das alle Zeiten, Fahrtstrecken, Belade- und Abladeorte usw. erfasst und deshalb die Führung eines von Hand ausgefüllten Fahrtenbuchs ersetzt,
    – die Auswertungen, aus denen die Standzeiten, der Treibstoffverbrauch usw. hervorgehen, und
    – die Anzeige von Alarmen, wenn z.B. ein Fahrer einen Zwischenstopp zu spät verlässt, von der vorgesehenen Fahrtstrecke abweicht, zu spät am Empfangsort ankommt und vieles mehr.
    – Zur Sicherung von Containern, vor allem mit hochwertiger Fracht, eignen sich GPS-Systeme besonders gut.
  • Königsbolzenschloss:
    Um den Diebstahl eines Sattelaufliegers zu verhindern, wird am Zugsattelzapfen („Königsbolzen“) in wenigen Sekunden ein spezielles Schloss aus Titan angebracht, das nahezu aufbruchsicher ist. Die Beseitigung dieses Schlosses in kurzer Zeit ist so gut wie nicht möglich, weil die Diebstahlsversuche fast immer unter erheblichem Zeitdruck erfolgen. Eine ähnliche Sicherung ist auch als Deichselsicherung für Anhänger auf dem Markt.
  • Lkw-Wegfahrsperre (Fahrzeug):
    Eine elektronische (codierte) Wegfahrsperre sollte mit einer ebenfalls codegesteuerten Dieselzufuhrunterbrechung kombiniert werden.

Verhalten nach einen Diebstahl aus Lkw oder Überfall

Sollte es trotz aller Vorkehrungen zu einem Überfall bzw. Diebstahl kommen, empfiehlt es sich,

  • sofort die Polizei und das eigene Unternehmen zu verständigen
  • ggf. unverzüglich eine Personenbeschreibung des Täters/der Täter anzufertigen (Geschlecht, Größe, Statur, geschätztes Alter, Haarfarbe, Kleidung, besondere Kennzeichen usw.)
  • ggf. Art und Kennzeichen eines eventuell verwendeten Fluchtfahrzeugs festzuhalten
  • eventuelle Zeugen ausfindig zu machen und deren Daten (Name, Anschrift, Telefonnummer) zu notieren sowie
  • bestimmte Daten sofort schriftlich festzuhalten, die den weiteren Ermittlungen dienlich sein können, wie z.B.:

a) Wann und wo war das Fahrzeug abgestellt?
b) Warum wurde die Fahrt unterbrochen?
c) Gab es irgendwelche Auffälligkeiten unmittelbar vor der Tat?
d) Haben sich fremde Personen vor der Tat auffällig verhalten?
e) Können diese Personen beschrieben werden?

Damit wünschen wir Ihnen eine gute und vor allem sichere Fahrt.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)