10.05.2023

Welche Ausbildungsberufe gelten als Elektrofachkraft?

„Die fachliche Qualifikation als Elektrofachkraft wird im Regelfall durch den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung, z.B. als Elektroingenieur, Elektrotechniker, Elektromeister, Elektrogeselle, nachgewiesen.“ (DGUV Vorschrift 3)

Mit welcher Ausbildung man Elektrofachkraft werden kann.

Frage aus der Praxis: Welche der folgenden Ausbildungsberufe gelten als Elektrofachkraft?

Wir beschäftigen in unserem Betrieb unter anderem:

  • Energieelektroniker
  • Industrieelektroniker
  • Kommunikationselektroniker
  • IT-Systemelektroniker
  • Mechatroniker
  • Elektroniker für Betriebstechnik
  • Elektroniker für Geräte und Systeme

Durch welche Maßnahmen und Ausbildungsinhalte kann man Elektrofachkraft werden? Wo sind die entsprechenden Bestimmungen und Normen zu finden, die dies regeln?

Hier die Antwort unseres Experten zu dieser Frage.

Die Elektrofachkraft im Berufsfeld Elektrotechnik

Grundsätzlich fallen alle oben genannten Tätigkeitsbereiche in das Berufsfeld Elektrotechnik. Daher müssen sie von Elektrofachkräften bzw. unter der Leitung und Aufsicht von Elektrofachkräften durchgeführt werden.

Befähigte Personen

Das Arbeitsschutzgesetz (§ 7) ebenso wie die Betriebssicherheitsverordnung (§ 10) fordern vom Unternehmer für die jeweilige Tätigkeit die Beauftragung „befähigter Personen“. Dies sind im Bereich Elektrotechnik für das entsprechende Gebiet speziell ausgebildete Elektrofachkräfte.

BG-Vorschrift und Norm DIN VDE 1000-10

Maßgebend für die Beschreibung der Elektrofachkraft ist neben der berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“  die DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“.

Die Elektrofachkraft nach DIN VDE 1000-10

In der Norm DIN VDE 1000 im Teil 10 heißt es unter anderem:

„Diese Norm gilt für die fachlichen Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen, die im Rahmen ihrer Aufgaben Tätigkeiten ausführen, die von Bedeutung für die elektrische Sicherheit sind, z.B. für:

a) Planen, Projektieren, Konstruieren

b) Einsetzen von Arbeitskräften

    • Organisieren der Arbeiten
    • Festlegen der Arbeitsverfahren
    • Auswählen der geeigneten Arbeits- und Aufsichtskräfte
    • Bekanntgeben und Erläutern der einschlägigen Sicherheitsfestlegungen
    • Hinweisen auf besondere Gefahren
    • Unterweisen über anzuwendende Schutzmaßnahmen
    • Festlegen der zu verwendenden Körperschutzmittel und Schutzvorrichtungen
    • Durchführen notwendiger Schulungsmaßnahmen

c) Errichten

d) Prüfen

    • Besichtigen
    • Erproben
    • Messen

e) Betreiben

    • Inbetriebsetzen
    • Betätigen/Bedienen (ausgenommen die bestimmungsgemäße Verwendung von elektrischen Betriebsmitteln, die für Laienbenutzung vorgesehen sind)
    • Arbeiten
    • Instandhalten

f) Ändern“

Als Zweck der Norm wird beschrieben:

„Zweck dieser Norm ist, Auswahlkriterien für die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen nach ihrer fachlichen Qualifikation festzulegen, sodass bei allen technischen Vorgängen und Zuständen, die mit den vorerwähnten Tätigkeiten verbunden sein können, das Risiko unter Beachtung der sicherheitstechnischen Festlegungen nicht größer als das zulässige Grenzrisiko ist.“

Definition der Elektrofachkraft nach DGUV Vorschrift 3

Die Definition der Elektrofachkraft wird seit mehr als drei Jahrzehnten durch die DGUV Vorschrift 3 in folgender Weise festgeschrieben:

„Als Elektrofachkraft im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift gilt, wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.“

In den Durchführungsanweisungen zur DGUV Vorschrift 3 heißt es ergänzend:

„Die fachliche Qualifikation als Elektrofachkraft wird im Regelfall durch den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung, z.B. als Elektroingenieur, Elektrotechniker, Elektromeister, Elektrogeselle, nachgewiesen. Sie kann auch durch eine mehrjährige Tätigkeit mit Ausbildung in Theorie und Praxis nach Überprüfung durch eine Elektrofachkraft nachgewiesen werden. Der Nachweis ist zu dokumentieren.“

Der Begriff „Elektrofachkraft“ im Vorschriftenbereich

Die Normen zum Bereich Elektrofachkraft haben diese Definitionen wörtlich oder dem Sinn nach übernommen.

Erläuterungen zur DIN VDE 1000-10

In den Erläuterungen zur Norm DIN VDE 1000-10 wird auf folgende Randbedingungen verwiesen:

Die bisherigen elektrotechnischen Normen, z.B. DIN VDE 0105-1 „Betrieb von elektrischen Anlagen“, regelten nur den Einsatz von Fachkräften vor Ort. Das immer weitere Vordringen der Elektrotechnik in allen Bereichen macht es aber erforderlich, dass nicht nur für Arbeiten vor Ort, sondern auch für die Bereiche der Planung, Organisation und Anordnung im sicherheitstechnischen Bereich entsprechende Fachkräfte für die Elektrosicherheit zuständig sind.

Für diese Bereiche gelten verschiedene Verordnungen, Vorschriften und sonstige Regelwerke, z.B.

  • Geräte- und Produktsicherheitsgesetz
  • Zweite Durchführungsverordnung zum Energiewirtschaftsgesetz
  • Verordnung über allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Energieversorgung in Niederspannung (Niederspannungsanschlussverordnung – NAV)
  • berufsgenossenschaftliche Vorschriften und dergleichen

Diese Verordnungen, Vorschriften und Regelwerke haben zum Teil unterschiedliche oder unterschiedlich interpretierbare Inhalte. Sie enthalten entweder direkte Anforderungen an die Qualifikation der handelnden Personen oder stellen allgemeine Forderungen auf, die eine bestimmte Qualifikation bei den handelnden Personen voraussetzen.

Zum Teil sind diese Festlegungen nur für bestimmte Personenkreise verbindlich. Daher ist es erforderlich, jetzt auch für diesen Bereich im elektrotechnischen Normenwerk eindeutige Festlegungen zu treffen.

Allgemeine Anforderungen an die Elektrofachkraft

Mit Rücksicht auf Gefahren bei nicht sachgemäßer Anwendung dieser Festlegungen erfordert der Umgang mit der Elektrotechnik eine im besonderen Maß qualifizierte Elektrofachkraft oder elektrotechnisch unterwiesene Person.

In Verfolgung dieser Gedanken gewinnen die Anforderungen an die verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) und die verantwortliche fachliche Leitung eines Betriebs oder eines Betriebsteils besondere Bedeutung.

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Verantwortliche Elektrofachkräfte

Welche Arbeiten durch Personen ausgeführt werden dürfen, die weder Elektrofachkraft noch elektrotechnisch unterwiesene Person sind, muss von einer verantwortlichen Elektrofachkraft entschieden werden.

Unterschiedliche Arbeitsgebiete im Berufsfeld Elektrotechnik

Die verantwortliche Elektrofachkraft muss außerdem entscheiden, wie im Sinne der Befähigung die fachliche Ausbildung für ein bestimmtes Arbeitsgebiet der Elektrotechnik zu beurteilen ist.

Ein Beispiel: Wenn im Bereich der Energietechnik Mitarbeiter aus Nachbargebieten, z.B. aus der Mechatronik, tätig werden sollen, muss unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine zusätzliche Ausbildung in Theorie und Praxis nach Vorgabe und Entscheidung der verantwortlichen Elektrofachkraft des Betriebs erfolgen. Nach entsprechender Prüfung und Dokumentation der Ergebnisse gibt die verantwortliche Elektrofachkraft auch die „Freigabe“ für die Tätigkeit im neuen Einsatzgebiet.

Bestimmte Anforderungen an die Elektrofachkraft

Um eine Elektrofachkraft zu sein, sind für das jeweilige Arbeitsgebiet bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Eine besondere Verantwortung fällt aber der verantwortlichen Elektrofachkraft zu, die die für den jeweiligen Einsatz geeigneten Personen auszuwählen hat.

Es gibt keine „Universalelektrofachkraft“

Von besonderer Bedeutung ist die nachfolgend zitierte Kommentierung der Mitglieder des Gremiums, das für die Erarbeitung der Norm DIN VDE 1000-10 zuständig ist:

„Eine Elektrofachkraft, die umfassend für alle elektrotechnischen Arbeitsgebiete ausgebildet und qualifiziert ist, gibt es nicht. So kann z.B. nicht ohne weiteres eine Elektrofachkraft für das Arbeitsgebiet Elektromaschinenbau im Arbeitsgebiet von Hochspannungsanlagen oder ein Kommunikationselektroniker im Arbeitsgebiet der Niederspannungsinstallation tätig werden, weil dazu andere Kenntnisse und Erfahrungen erforderlich sind. Die Qualifikation einer Elektrofachkraft kann auch erlöschen, wenn eine Person längere Zeit in einem berufsfremden Arbeitsgebiet tätig war, weil durch Fortschritte in Technik und Normen die aktuellen Kenntnisse und Erfahrungen dann nicht mehr vorliegen. Die fachliche Ausbildung oder auch neuerliche Erfahrungen ermöglichen es aber, diese wieder zu erwerben.“

Elektrosicherheit ist Verpflichtung bei der Arbeit an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln

Diese Auswahlkriterien sind deshalb von großer Bedeutung, weil von ihnen die Sicherheit der Betreiber und Nutzer elektrischer Anlagen und Betriebsmittel abhängt.

Unter Elektrosicherheit werden dabei in erster Linie alle Maßnahmen verstanden, die der Vermeidung der Gefahren durch elektrische Durchströmung des menschlichen Körpers (Schutz gegen gefährliche Körperströme nach DIN VDE 0100-410 [VDE 0100 Teil 410]) oder der Gefahren durch die Folgen von Störlichtbögen dienen. Hinzu kommen elektrotechnische Wirkungen, die zu Bränden oder Explosionen führen können, aber auch mittelbar zu Gefahren durch unzureichende Funktionssicherheit (z.B. Straßenverkehrssignalanlagen, sicherer Produktionsablauf, Roboterbewegungen).

DGUV Vorschrift 3, DIN VDE 0105, DIN VDE 1000-10

Dem Unternehmer kommt – wie auch in der berufsgenossenschaftlichen Vorschrift/Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (DGUV Vorschrift 3) gefordert – eine hohe Verantwortung für die Elektrosicherheit und damit für die Auswahl einer verantwortlichen Elektrofachkraft zu.

Dabei kann es in größeren Betrieben Praxis sein, sowohl für die einzelnen elektrotechnischen Arbeitsgebiete (z.B. Niederspannung, Hochspannung, MSR-Technik) jeweils verantwortliche Fachkräfte zu beauftragen als auch in den verschiedenen Ebenen geeignete Mitarbeiter mit dieser Aufgabe zu betrauen, z.B. als verantwortliche Fachkraft vor Ort, oder als verantwortliche Fachkraft auf Meister-, Techniker-, Ingenieurebene, je nach Verantwortungsbereich.

Kriterien für die Elektrofachkraft

Die Definition der Elektrofachkraft wurde in DIN VDE 1000-10 aus der geltenden Norm DIN VDE 0105-1 unverändert übernommen. Sie bezieht sich nach wie vor auf Ausbildung und Erfahrung, wobei auch – wie bisher – zur Beurteilung des fachlichen Ausbildungsstands eine mehrjährige Tätigkeit auf dem betreffenden Arbeitsgebiet herangezogen werden kann. Dabei muss sich der Einzelne auch mit den Vorschriften und Normen seines künftigen Arbeitsgebiets vertraut machen.

Neben der Praxis ist auch die Kenntnis von Vorschriften und Normen erforderlich

Unter dem Begriff der einschlägigen Normen in DIN VDE 1000-10 ist nicht nur der enge Begriff der DIN-Normen oder VDE-Normen zu verstehen, sondern es werden hier auch Vorschriften und Bestimmungen anderer Regelsetzer abhängig vom Tätigkeitsbereich erfasst – z.B. Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften oder die Bergverordnung,

Fazit

Elektrotechnik ist ein breites Berufsfeld

Zusammenfassend ist festzustellen, dass vom Berufsfeld Elektrotechnik eine größere Zahl von Berufen erfasst wird, die von Elektrofachkräften bzw. unter deren Leitung und Aufsicht ausgeübt werden müssen.

Grundsatz „geeignet für eine bestimmte Arbeit“

Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Elektrofachkraft auf jedem Gebiet der Elektrosicherheit tätig werden kann und darf. Vielmehr wird man bei der Beurteilung der Eigenschaften einer Elektrofachkraft von dem Grundsatz „geeignet für eine bestimmte Arbeit“ ausgehen. Insofern entspricht diese Tendenz den Forderungen nach der befähigten Person im Arbeitsschutzgesetz und der Betriebssicherheitsverordnung.

Entscheidung der verantwortlichen Elektrofachkraft

Die Entscheidung über Eignung, Einsatz und Abgrenzung der Tätigkeiten der einzelnen befähigten Person trifft im Betrieb in Bezug auf elektrische Anlagen und Betriebsmittel die verantwortliche Elektrofachkraft u.a. im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung.

Möglicher Nachschulungsbedarf: Wenn hinsichtlich der fachlichen Qualifikation bestimmte Lücken bestehen, muss im Einzelfall für eine Nachschulung mit zusätzlicher – auch betriebsinterner – Prüfung gesorgt werden.

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Autor*in: H.H. Egyptien