24.07.2023

Korrekte Ladungssicherung rettet Leben!

„Vision Zero“ ist derzeit en vogue: die Hoffnung auf null Tote im Verkehr. Sie wird sich kaum erfüllen ohne Beachtung der Sicherung von Ladung auf Fahrzeugen. Sie ist unentbehrlich. Aber genau sie scheint in der öffentlichen Diskussion nach wie vor unter die Räder zu kommen.

Ladungssicherung

Tickende Zeitbombe auf unseren Straßen 

Unzureichend gesicherte Ladung fährt als tickende Zeitbombe auf unseren Straßen. Sie kann zu gefährlichen Situationen führen wie:  

  • Unfällen,  
  • beschädigter Ladung oder  
  • Verkehrsbehinderungen.  

Darauf macht der Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) in einer Mitteilung an die Presse aufmerksam. Um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten sei es daher wichtig, dass Ladung beim Transport ordnungsgemäß gesichert werde, heißt es darin. Die zur Sicherung der Ladung verwendeten Hilfsmittel müssten dafür  

  • geeignet und  
  • funktionstüchtig sein sowie  
  • ordnungsgemäß eingesetzt werden.  

Einschlägige VDI-Richtlinien 

Mit geeigneten Ladungssicherungsmitteln beschäftigen sich die im März und April 2023 erschienenen Richtlinien  

  • VDI 2700 Blatt 3.1: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Gebrauchsanleitung für Zurrmittel 
  • VDI 2700 Blatt 3.2: Entwurf „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Ladungssicherungsmittel – Anwendung, Prüfung und Kennzeichnung“ 

Darin finden sich Vorgaben zu deren korrekter Anwendung und Prüfung. Hinter VDI 2700 steht kein Gesetz, sondern laut Tüv Nord von den Gerichten anerkannte Regeln der Technik. Einsprüche zum Entwurf können über das elektronische Einspruchsportal oder eine E-Mail an die herausgebende Gesellschaft (fvt@vdi.de) eingereicht werden. Die Einspruchsfrist endet am 30.09.2023.

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Fehlende Ladungssicherung lebensgefährlich 

Nach Angaben des Deutschen Verkehrssicherheitsrates können mangelhafte oder fehlende Ladungssicherung bei Unfällen lebens-, gesundheits- und umweltgefährlich sein. In einigen Fällen seien sie sogar Ursache für Unfälle. Der Rat beruft sich auf das Statistische Bundesamt. Nach dessen Angaben für das Jahr 2020 war Unfallursache „unzureichend gesicherte Ladung“: 

  • bei Unfällen mit Personenschaden 537 Mal und  
  • für Unfälle mit schwerwiegendem Sachschaden 1.004 Mal.  

Die problematischen Zustände bei der Sicherung von Ladung auf Lkw zeigten sich immer wieder bei Kontrollen. Kontrolleure des Bundesamtes für Güterverkehr beanstandeten die im Jahr 2019 die Ladungssicherung bei rund 10 Prozent der 76.000 überprüften Fahrzeuge. Dabei seien die Beschleunigungskräfte beim Bremsen und in Kurven auf die Ladung enorm. Bereits bei Innerorts-Geschwindigkeiten könnten bei abrupten Brems- oder Ausweichmanövern Ladungsteile  

  • verrutschen,  
  • das Fahrzeug beschädigen und  

andere Verkehrsteilnehmende in hohem Maße gefährden.  

Defizite der Ladungssicherung 

Markus Tischendorf weist in seinem Buch „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ auf Defizite bei der Ladungssicherung hin. Sie seien keine Seltenheit. Die meisten Versäumnisse lägen im organisatorischen Bereich. Das hätten Studien gezeigt. Knapp 20 Prozent  der Hilfsmittel zur Ladungssicherung werden demnach nicht regelmäßig auf ihren arbeitssicheren Zustand hin überprüft. Mindestens jeder fünfte Mitarbeiter sei nur unzureichend unterwiesen oder verfüge nicht über die erforderlichen Kenntnisse der Ladungssicherung. Der Schutz von Menschen, Tieren, Sachgütern und der Umwelt kann laut Tischendorf nur gelingen, wenn alle am Transport beteiligten Personen eng zusammenarbeiten. Die Verwendung eines geeigneten Fahrzeuges hält er für ebenso wichtig, wie die Bereitstellung von beförderungssicheren Ladegütern. Darüber hinaus müssten geeignete Sicherungsmethoden und Zurrtechniken bekannt sein und diese angewandt werden. Regelmäßige Kontrollen könnten helfen, das erworbene Schutzniveau zu erhalten und bei Bedarf weiter zu entwickeln. Ohne entsprechende Fähigkeiten und Kenntnisse sei dies nicht zu realisieren, so Tischendorf. 

Ladungssicherung nicht aufwendig 

Dabei muss Ladungssicherung nicht immer aufwendig sein. Die Experten von Tüv Süd Trucks & Services zeigen, wie Fahrzeugführer Ihre Ladung sinnvoll, schnell, richtig und gesetzeskonform sichern. Vorbeugen lasse sich durch Sorgfalt und Wissen über die korrekte Ladungssicherung, meint auch der Tüv Nord. Dabei sei es wichtig, Antworten auf Fragen wie die folgenden zu kennen:  

  • Wer trägt in der Ladungssicherung die Verantwortung?  
  • Wer haftet im Ernstfall?  
  • Was ist bei der Delegation von Aufgaben zu beachten?  
  • Welche Vorschriften gibt es für Prüfungen von Hilfsmitteln? 

Wichtige rechtliche Grundlagen für die Ladungssicherung sind: 

  • die Straßenverkehrsordnung (StVO) 
  • Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)  
  • Das Handelsgesetzbuch (HGB).  

Ordnungsgemäße Verstauung   

Die StVO bestimmt in § 22 Absatz 1: 

„Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“ 

Außerdem sind in der StVO Verantwortlichkeiten des Fahrzeugführers geregelt. Verantwortlich für eine korrekte Ladungssicherung sind vor allem:  

  • Verlader: zuständig dafür, dass die Ladung verkehrssicher verstaut wird  
  • Fahrer: müssen Ladungssicherung nachprüfen 

Bei Unfällen haften oft beide. Außerdem kommt den Unternehmen der Verlader und Fahrer eine besondere Rolle zu. Sie stellen sicher, dass das beauftragte Personal für ihre Aufgaben ausreichend qualifiziert ist. Zusätzlich stellen sie das für eine korrekte Ladungssicherung notwendige Material bereit. Verlader und Verlademeister können dabei die sichere Verladung nur unter bestimmten Voraussetzungen komplett an die Fahrer delegieren und ihnen in der Ladungssicherung ihre Verantwortung übertragen. Auf eine Kontrolle dürfen Verlader beispielsweise nicht verzichten. 

Bußgeldkatalog: mangelnde Ladungssicherung 

Die rechtlichen Vorgaben für die Transportsicherung von Gegenständen finden sich in § 22 StVO. Die Ladungssicherung im Pkw, Anhänger, Lkw und weiteren Kfz hat demnach so zu erfolgen, dass die transportierten Gegenstände nicht:  

  • verrutschen,  
  • hin- und herrollen,  
  • um- oder herabfallen.  

Sie sind außerdem so zu sichern, dass sie keinen vermeidbaren Lärm erzeugen. Außerdem weist die Fachplattform „sos-verkehrsrecht“ auf einige konkrete Regeln bei der Ladungssicherung hin: 

  • Das Kfz darf samt Ladung nicht höher als 4 m und nicht breiter als 2,55 m sein. 
  • Land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge dürfen samt Ladung eine Breite von 3 m und eine Höhe von 4 m nicht überschreiten. 
  • Für Kühlfahrzeuge gilt eine maximale Breite von 2,60 m. 
  • Bei Fahrzeugen, die nicht höher als 2,50 m sind, darf die Ladung nicht nach vorne über jenes hinausragen. 
  • Bei höheren Fahrzeugen ist ein Überstand nach vorne von maximal 50 cm erlaubt. 
  • Wie weit die Ladung nach hinten rausragen darf, hängt von der Wegstrecke ab: Fahren Sie höchstens 100 km, ist ein Überstand nach hinten von bis zu 3 m erlaubt. Bei einer längeren Strecke darf die Ladung hingegen maximal 1,50 m nach hinten hinausragen. 
  • Insgesamt darf ein Fahrzeug (oder ein Zug) einschließlich Ladung nicht länger sein als 20,75 m. 
  • Außerdem ist hinsichtlich der Ladesicherheit zu beachten, dass Ladung, die mehr als 1 m über die Rückstrahler des Fahrzeugs hinausragt, durch eine hellrote Fahne (mind. 30 x 30 cm), ein hellrotes Schild (genauso groß wie die Fahne) sowie einen senkrecht angebrachten Zylinder (mind. 35 cm Durchmesser) gekennzeichnet werden muss. Alle drei Sicherungsmittel müssen maximal 1,50 m über der Fahrbahn angebracht sein. 
  • Eine Kennzeichnung ist zudem nötig, wenn die Ladung seitlich mehr als 40 cm über die Fahrzeugleuchten hinausragt. Dafür muss nach vorne eine weiße und nach hinten eine rote Leuchte angebracht werden – jeweils maximal 1,50 m über der Fahrbahn und maximal 40 cm seitlich vom Rand der Ladung. 
  • Gegenstände, die schlecht erkennbar sind, wie z. B. einzelne Stangen, dürfen nicht über die Fahrzeugseite hinausragen. 

Diese Vorschriften bezüglich der Ladungssicherung gelten für alle Kfz und deren Anhänger. Wird dagegen verstoßen, sieht der Bußgeldkatalog Sanktionen vor. Der Bußgeldkatalog sieht eine Reihe von Bußgelder für mangelnde Ladungssicherung vor:
 

Verstoß  Bußgeld in Euro  Punkte in Flensburg 
Ladung wurde nicht gegen vermeidbaren Lärm gesichert  10   
Überstehende Ladung ragte unzulässig nach vorne hinaus  20   
Fahrzeug war mit Ladung höher/breiter als zulässig  20   
Fahrzeug war mit Ladung länger als 20,75 m  20   
Vorschriften zur Ladesicherung bzgl. der Sicherungsmittel wurden missachtet  25   
Schlecht erkennbare Ladung ragte seitlich hinaus  25   
Fahrzeug war mit Ladung höher als 4,20 m  60  1 
Ladung im Lkw/Lkw-Anhänger wurde nicht gegen Verrutschen, Umfallen, Hin- und Herrollen und Herabfallen gesichert bzw. nicht verkehrssicher verstaut  60  1 
… mit Gefährdung  75  1 
… mit Unfall  100  1 
Ladung im Pkw/Pkw-Anhänger wurde nicht gegen Verrutschen, Umfallen, Hin- und Herrollen und Herabfallen gesichert bzw. nicht verkehrssicher verstaut  35  1 
… mit Gefährdung  60  1 
… mit Unfall  75  1 
Quelle: sos-verkehrsrecht.de, Mathis Ruff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin 

Mit der Ladungssicherung beauftragt 

Unternehmen übertragen beauftragten Personen Tätigkeiten zur eigenständigen Ausführung. Das gilt auch für Ladungssicherungsbeauftragte und, wie es in der StVO heißt, „Beauftragte Personen des Verladers“. Die Beauftragung erfolgt schriftlich. Fachleute empfehlen eine ergänzende Schulung. Pflicht ist diese zwar nicht, aber wenn etwas passiert, liegt die Nachweispflicht bei dem jeweiligen Unternehmen und dessen verantwortlicher Personen, dass die mit der Ladungssicherung beauftragten Personen die notwendige Qualifikation besaßen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. 

Zur Prüfung befähigte Personen 

Nicht nur Menschen, sondern auch die verwendeten Arbeitsmittel wie Spann- und Zurrgurte entscheiden darüber, wie sicher eine Ladungssicherung ist. Deshalb ist eine regelmäßige Prüfung dieser Arbeitsmittel vorgeschrieben. Dabei unterscheidet man zwischen:  

  • einer Inbetriebnahmeprüfung und  
  • folgenden Prüfungen. 

Durchgeführt werden beide von zur Prüfung befähigten Personen. Die Anforderungen an diese Personen sind in den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) 1203 enthalten. Den Haken daran sehen die Experten vom Tüv Nord darin, dass hier zwar festgehalten sei, dass die Person ausreichend befähigt sein muss und eine angemessene Weiterbildung erfährt. Letzteres konkretisiere die Vorschrift aber nicht. Gleichzeitig müssten zur Prüfung befähigte Personen ein breites Wissen besitzen über:  

  • rechtliche Grundlagen  
  • Richtlinien,  
  • praktische Durchführung der Prüfung  
  • andere Themen.  

Darum empfehlen die Tüv-Experten eine Schulung für sie mit Erwerb eines anerkannten Nachweises. So seien alle Beteiligten auf der sicheren Seite. 

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)