08.03.2018

E-Binnenschiff: Niederlande mit elektrischem Gütermotorschiff

Elektrischer Antrieb für Binnenschiffe galt lange als nicht praktikabel. Doch jetzt bekommt die Diskussion über das E-Binnenschiff neuen Auftrieb. Nachdem in China bereits ein erster vollelektrischer Binnenfrachter in Dienst ist, ziehen jetzt die Niederlande nach. Ab August 2018 sollen erste Schiffe fahren.

Ein elektrisches Gütermotorschiff wird in den Niederlanden gebaut

Port Liner will E-Binnenschiff im August 2018 in Betrieb nehmen

Die Niederlande waren über Jahrhunderte hinweg eine führende Seefahrernation. Jetzt setzt ein niederländisches Unternehmen ein Zeichen, das in die Zukunft weist. „Port Liner“ unter Direktor Ton van Meegen ist seit 40 Jahren in der Binnenschifffahrt aktiv. Es will noch im August ein erstes E-Binnenschiff, also ein Binnenschiff mit vollelektrischem Antrieb, einsetzen. Das berichtet das Fachportal für die Binnenschifffahrt „bonapart.de“ unter Berufung auf weitere Medien.

Elf E-Binnenschiffe sollen bei der Werft Asto und Gelria gebaut werden. Der erste Stapellauf ist für diesen August vorgesehen, die übrigen dann im Jahr 2019. Entwickelt haben das Typschiff dem Bericht zufolge Omega Architects. Es soll für die niederländische GVT-Logistikgruppe auf der jeweils rund 100 Kilometer langen Strecke zwischen Rotterdam und Tilburg pendeln.

Die Europäische Union hat das Projekt mit Fördermitteln von sieben Millionen Euro unterstützt. Jedes E-Binnenschiff sei bereits vermietet an Verlader, Logistikdienstleister und Containerreedereien.

E-Binnenschiff: Austauschbare Powerboxen

Wie „bonaparte.de“ unter Berufung auf die niederländische Plattform „maritiemnieuws.nl“ schreibt, werden fünf Schiffe mit 52 Meter Länge und 6,7 Meter Breite gebaut. Eines davon soll zwischen Budel an der belgisch-niederländischen Grenze und Antwerpen eingesetzt werden. Laut „tijd.be“ soll es 24 Container oder 425 Tonnen Ladung an Bord nehmen können. Die Strecke beträgt etwa 90 Kilometer. Für dieses Projekt habe der Hafen Antwerpen 200.000 Euro beigesteuert.

Dieses E-Binnenschiff soll mit einem austauschbaren Akku-Paket bis zu 15 Stunden im Kanalgebiet fahren können. Sein großer Bruder mit sechs Einheiten misst 110 Meter Länge und 11,4 Meter Breite. Sein Einsatzgebiet soll bis Duisburg reichen.

Die Transportkapazität betrage je 270 Container, vier Containerreihen nebeneinander zu je 14 Containern in wahrscheinlich fünf Lagen. Mit vier Powerboxen mit einer Gesamtkapazität von 7,2 Megawattstunden soll das Schiff zwischen 18 und 35 Stunden lang fahren können. Am Containerterminal werden die Batterieboxen in Größe eines Containers ausgetauscht oder binnen vier Stunden aufgeladen.

Lloyds Register klassifiziert das E-Binnenschiff

Als Begleiter von Konstruktion und Bau wird die Klassifikationsgesellschaft Lloyds Register genannt. Die Schiffe sollen die Anforderungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (ADN) erfüllen.

Zudem würden alle Vorbereitungen getroffen, um auf autonomen Betrieb umrüsten zu können. Da kein großer Maschinenraum nötig sei, falle der Laderaum acht Prozent größer aus als bei vergleichbaren Schiffen. Das Antriebssystem von Werkina soll sich auch für die Umrüstung bestehender Schiffe eignen.

Die austauschbaren Container könnten anstelle von Akkus in der Zukunft beispielsweise auch Wasserstoff-Brennstoffzellen enthalten. Die Akkus verbleiben im Eigentum einer Leasing-Gesellschaft. Der Schiffsbetreiber zahlt nur die verbrauchte Kilowattstunde.

„Port Liner“ schätzt dem Bericht zufolge aufgrund einer Studie, dass die Betriebskosten einem dieselbetriebenen Schiff ähneln.

Das Unternehmen geht davon aus, dass sechs E-Binnenschiffe jährlich etwa 18.000 Tonnen Kohlendioxid weniger verursachen.

Auf welchen Strommix und welche Schiffsgrößen sich diese Aussage bezieht, ist nicht eindeutig. Die Baukosten werden auf 1,5 Millionen Euro in der Kempenaar-Schiffsgröße geschätzt – auf 3,5 Millionen Euro für das Großmotorgüterschiff inklusive Batteriecontainer.

Chinesisches E-Binnenschiff von Guangzhou Shipyard

In China hat laut „China Daily“ bereits im November ein elektrisches Binnenschiff seine Jungfernfahrt durchgeführt. Es speicherte 2,4 Megawattstunden in einer Kombination aus fest eingebauten Lithium-Akkus und Supercap-Kondensatoren. Gebaut wurde es auf der Guangzhou Shipyard International.

Das Schiff ist gemäß den Angaben 70,5 Meter lang, 13,9 Meter breit und hat bei einem Tiefgang von 3,3 Metern eine Zuladung von 2.000 Tonnen. Angetrieben wird es von zwei E-Motoren mit je 160 Kilowatt Leistung. Es soll eine Reichweite von etwa 80 Kilometern haben und zunächst Kohle auf dem Perlfluss befördern. Die Aufladung soll während des Umschlags binnen zwei Stunden erfolgen, die Maximalgeschwindigkeit 12,8 Kilometer pro Stunde betragen.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)