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Größte kommunale Finanzkrise seit 1945

Mit etwa 25 Milliarden Euro haben die Kommunen in Deutschland im Jahr 2024 das größte Defizit der bundesdeutschen Geschichte verbucht. Ursachen für diese Entwicklung liegen in der hohen Inflation und in der schwachen Konjunktur. Wie der Kommunale Finanzreport 2025 der Bertelsmann-Stiftung zeigt, ist die Finanzlage der Kommunen in Deutschland im vergangenen Jahr flächendeckend eingebrochen. Die schwache Konjunktur führt zu sinkenden Steuereinnahmen und die wichtigsten Ausgabearten wie Personal, Sachaufwand oder Soziales wachsen ungebremst.

Stapel Euromünzen, Kugelschreiber und Taschenrechner

Auch der Ausblick für die kommenden Jahre lässt wenig Hoffnung aufkommen. Die strukturellen Probleme wie Sozialausgaben beispielsweise sind ungelöst, die Inflation hat das Ausgabenniveau dauerhaft erhöht und die Konjunktur bleibt insgesamt schwach. Die Bertelsmann-Vorständin Brigitte Mohn sieht in dem Defizit des Jahres 2024 eine Zeitenwende, die die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen nachhaltig infrage stelle. Kommunen schulterten über 50 Prozent der öffentlichen Investitionen und seien wichtig für den sozialen Zusammenhalt. Mohn fordert daher eine Staatsreform, weil die Kommunen diese wichtigen Aufgaben sonst nicht mehr wahrnehmen könnten. Auch Bund und Länder müssten sich für eine dauerhafte Verbesserung der kommunalen Situation engagieren. Die Aufgaben für die Kommunen seien aufgrund der bundesgesetzlichen Regelungen zu aufwendig. Es brauche die eindeutige Finanzierungsverantwortung beim Bund, wie Mohn erklärt.

Die Kommunen insgesamt erzielten in den Jahren 2015 bis 2022 noch Überschüsse. Doch bereits ab 2020 basierten diese auf Sondereffekten wie Hilfsprogrammen von Bund und Ländern. 2023 stand erstmals nach neun Jahren wieder ein Minus in den Kassenbüchern, das sich 2024 mehr als verdreifachte. Dieses Defizit traf fast alle Bundesländer, wobei es in den wirtschaftsstarken Regionen Bayern und Hessen besonders groß ausfiel. Die Ursache für die schlechte Kassenlage liegt – anders als in früheren Jahren – vorrangig in der Ausgabenentwicklung, die allein im letzten Jahr um zehn Prozent anstieg. Hinzu kommt, dass sich die Personalausgaben innerhalb von zehn Jahren verdoppelt haben, eine Folge von Stellenwachstum und hohen Tarifabschlüssen.

Darüber hinaus hat sich der laufende Sachaufwand durch die Inflation erhöht. Er stieg um ein Viertel in zwei Jahren. Davon betroffen sind u.a. die Ausgaben für Dienstleistende, Büroausstattung oder die Bewirtschaftung der Gebäude. Auch die Sozialausgaben verzeichneten nach zwei Jahren einen Zuwachs um ein Viertel auf nunmehr 85 Mrd. Euro. Die Kommunen tragen ein großes Spektrum sozialer Aufgaben, die überwiegend bundesgesetzlich geregelt, aber oft nicht ausreichend vom Bund gegenfinanziert sind. Für Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetags, bestätigen die Ergebnisse des Kommunalen Finanzreports 2025 einmal mehr eine katastrophale kommunale Finanzlage: „Wir erleben gerade die größte kommunale Finanzkrise im Nachkriegsdeutschland.“ Investitionen seien vielerorts bitter nötig, aber die Gestaltungskraft der Städte schwinde, wenn nur noch über den Mangel entschieden werden kann. Das dürfe nicht so bleiben. Wir bräuchten grundlegende Reformen gegen die strukturelle Unterfinanzierung und eine bessere Grundfinanzierung kommunaler Ausgaben. Zum einen dürften die Ausgaben nicht ungebremst weiter steigen, das gelte vor allem für die Sozialausgaben. Zum anderen bräuchten die Kommunen auch einen größeren Anteil an den Gemeinschaftssteuern, vor allem der Umsatzsteuer. Der Reformdruck wachse von Tag zu Tag.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)