Allgemeine technische Vertragsbedingungen (ATV) – Geltungsbereich einfach erklärt
Die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (ATV) sind der wichtigste Bestandteil der VOB/C und regeln die technischen Details für Bauleistungen in Deutschland. Sie sorgen dafür, dass Arbeiten nach einheitlichen Standards beschrieben, ausgeführt und abgerechnet werden. Ein zentrales Element jeder ATV ist der Geltungsbereich. Dieser definiert, für welche Arbeiten die jeweilige ATV für Bauleistungen verbindlich ist und grenzt zugleich ab, wann andere Allgemeine technische Vertragsbedingungen zur Anwendung kommen. Diese klare Zuordnung schafft Rechtssicherheit für Auftraggeber und Auftragnehmer und verhindert spätere Streitigkeiten im Bauvertrag. Für Bauunternehmen, Architekten und Auftraggeber ist es daher entscheidend zu wissen, wie der Geltungsbereich in den ATV festgelegt wird und wann eine ausdrückliche Nennung der ATV in der Leistungsbeschreibung erforderlich ist.
Zuletzt aktualisiert am: 27. Oktober 2025

Geltungsbereich der Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen
In Abschnitt 1 jeder ATV für Bauleistungen wird der Geltungsbereich eindeutig festgelegt. Dabei erfolgt eine positive Beschreibung der Arbeiten, die unter diese Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen fallen. Zusätzlich gibt es häufig eine negative Abgrenzung, die klarstellt, für welche Arbeiten die jeweilige ATV nicht gilt. In solchen Fällen wird ausdrücklich auf die ATV verwiesen, die stattdessen anzuwenden ist.
Wichtig ist: Sobald die VOB als Vertragsgrundlage vereinbart wird, sind die Geltungsbereiche aller ATV bindend. Der Auftraggeber kann diese nicht verändern.
Für die Praxis bedeutet das:
- In den meisten Fällen ist es nicht notwendig, in der Leistungsbeschreibung anzugeben, welche ATV zu beachten ist.
- Eine solche Angabe würde lediglich die ohnehin bestehenden Regelungen der VOB/C wiederholen
- Ausnahmefälle bestehen jedoch dann, wenn bestimmte Leistungen mehreren ATV zugeordnet werden können. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die zutreffende ATV explizit zu benennen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Wann muss die ATV in der Leistungsbeschreibung genannt werden?
In der Regel ist es nicht erforderlich, die jeweils geltende ATV in der Leistungsbeschreibung zu erwähnen. Sobald die VOB/C Vertragsbestandteil ist, gelten die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen automatisch für alle Beteiligten.
Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen eine ausdrückliche Nennung sinnvoll oder sogar notwendig ist:
- Mehrdeutige Zuordnung: Wenn eine Leistung theoretisch mehreren ATV zugeordnet werden kann, sollte in der Ausschreibung eindeutig festgelegt werden, welche ATV gilt.
- Spezialfälle in der Praxis: Vor allem in der Vergangenheit kam es häufiger vor, dass bestimmte Arbeiten in verschiedenen ATV geregelt waren – zum Beispiel bei Erdarbeiten (siehe Praxisbeispiel unten).
- Rechtssicherheit: Durch die klare Benennung der zutreffenden ATV können spätere Streitigkeiten über Ausführung oder Abrechnung vermieden werden.
Tipp: Prüfen Sie bei jeder Ausschreibung sorgfältig, ob die Leistung eindeutig einer ATV zugeordnet ist. Falls nicht, geben Sie die korrekte ATV in der Leistungsbeschreibung an.
Praxisbeispiel: Erdarbeiten und Nassbaggerarbeiten
Nicht immer ist die Zuordnung einer Leistung zu einer bestimmten ATV eindeutig. Ein typisches Beispiel dafür sind Erdarbeiten und Nassbaggerarbeiten.
- In der ATV DIN 18300 „Erdarbeiten“ wird in Abschnitt 1.4 ausdrücklich festgelegt, dass diese ATV nicht für Nassbaggerarbeiten gilt. Dafür ist die ATV DIN 18311 „Nassbaggerarbeiten“ zuständig.
- Gleichzeitig heißt es in Abschnitt 1.1 der DIN 18300, dass die ATV auch für das Lösen von Boden und Fels unter Wasser im Grundwasser oder Uferbereich gilt, wenn die Arbeiten im Zusammenhang mit Erdarbeiten an Land stehen.
- Die ATV DIN 18311 „Nassbaggerarbeiten“ wiederum verweist zurück: Sie gilt nicht für Erdarbeiten, sondern für das Lösen von Boden und Fels im Wasser – schließt aber in Abschnitt 1.1 auch Arbeiten über Wasser im Uferbereich mit ein, wenn diese direkt mit Nassbaggerarbeiten verbunden sind.
In der Praxis kann es dadurch zu Überschneidungen im Uferbereich kommen, wenn ein Auftragnehmer sowohl an Land als auch im Wasser tätig ist. Ein Beispiel hierfür ist das Ausheben eines Grabens, der im Wasser beginnt und an Land weitergeführt wird.
Empfehlung für die Ausschreibung:
In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Regelungen der beiden ATV durch eine klare örtliche Abgrenzung zu ergänzen. So können Sie eindeutig festlegen, welche Allgemeine technische Vertragsbedingung für welche Arbeiten gilt und spätere Streitigkeiten über Zuständigkeiten oder Abrechnungen vermeiden.
Übersicht aller ATV und ihre Geltungsbereiche
Die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (ATV) sind in der VOB/C in zahlreiche Einzelnormen gegliedert. Jede ATV regelt den Geltungsbereich für ein bestimmtes Fachgebiet im Bauwesen. Für Auftraggeber und Auftragnehmer ist es hilfreich, die wichtigsten ATV im Überblick zu kennen.
| ATV DIN-Norm | Bezeichnung |
| DIN 18299 | Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art |
| DIN 18300 | Erdarbeiten |
| DIN 18301 | Bohrarbeiten |
| DIN 18302 | Spezialtiefbauarbeiten zum Ausbau von Bohrungen |
| DIN 18303 | Verbauarbeiten |
| DIN 18304 | Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten |
| DIN 18305 | Wasserhaltungsarbeiten |
| DIN 18306 | Entwässerungskanalarbeiten |
| DIN 18307 | Druckrohrleitungsarbeiten außerhalb von Gebäuden |
| DIN 18308 | Drän- und Versickerarbeiten |
| DIN 18309 | Einpressarbeiten |
| DIN 18311 | Nassbaggerarbeiten |
| DIN 18312 | Untertagebauarbeiten |
| DIN 18313 | Schlitzwandarbeiten |
| DIN 18314 | Spritzbetonarbeiten |
| DIN 18315 | Verkehrswegebauarbeiten – Oberbauschichten ohne Bindemittel |
| DIN 18316 | Verkehrswegebauarbeiten – Oberbauschichten mit hydraulischen Bindemitteln |
| DIN 18317 | Verkehrswegebauarbeiten – Oberbauschichten aus Asphalt |
| DIN 18318 | Verkehrswegebauarbeiten – Pflasterdecken und Plattenbeläge in ungebundener Ausführung, Einfassungen |
| DIN 18319 | Rohrvortriebsarbeiten |
| DIN 18320 | Landschaftsbauarbeiten |
| DIN 18321 | Düsenstrahlarbeiten |
| DIN 18322 | Kabelleitungstiefbauarbeiten |
| DIN 18323 | Kampfmittelräumarbeiten |
| DIN 18324 | Horizontalspülbohrarbeiten |
| DIN 18325 | Gleisbauarbeiten |
| DIN 18326 | Renovierungsarbeiten an Entwässerungskanälen |
| DIN 18327 | Brunnenbauarbeiten und Erdwärmesonden NEU |
| DIN 18328 | Aufbruch- und Rückbauarbeiten von Verkehrsflächen NEU |
| DIN 18329 | Verkehrssicherungsarbeiten |
| DIN 18330 | Mauerarbeiten |
| DIN 18331 | Betonarbeiten |
| DIN 18332 | Naturwerksteinarbeiten |
| DIN 18333 | Betonwerksteinarbeiten |
| DIN 18334 | Zimmer- und Holzbauarbeiten |
| DIN 18335 | Stahlbauarbeiten |
| DIN 18336 | Abdichtungsarbeiten |
| DIN 18338 | Dachdeckungsarbeiten |
| DIN 18339 | Klempnerarbeiten |
| DIN 18340 | Trockenbauarbeiten |
| DIN 18345 | Wärmedämm-Verbundsysteme |
| DIN 18349 | Betonerhaltungsarbeiten |
| DIN 18350 | Putz- und Stuckarbeiten |
| DIN 18351 | Vorgehängte hinterlüftete Fassaden |
| DIN 18352 | Fliesen- und Plattenarbeiten |
| DIN 18353 | Estricharbeiten |
| DIN 18354 | Gussasphaltarbeiten |
| DIN 18355 | Tischlerarbeiten |
| DIN 18356 | Parkettarbeiten |
| DIN 18357 | Beschlagarbeiten |
| DIN 18358 | Rollladenarbeiten |
| DIN 18360 | Metallbauarbeiten |
| DIN 18361 | Verglasungsarbeiten |
| DIN 18363 | Maler- und Lackierarbeiten – Beschichtungen |
| DIN 18364 | Korrosionsschutzarbeiten |
| DIN 18365 | Bodenbelagarbeiten |
| DIN 18366 | Tapezierarbeiten |
| DIN 18379 | Raumlufttechnische Anlagen |
| DIN 18380 | Heizanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen |
| DIN 18381 | Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden |
| DIN 18382 | Elektro-, Sicherheits- und Informationstechnische Anlagen |
| DIN 18384 | Blitzschutz-, Überspannungsschutz- und Erdungsanlagen |
| DIN 18385 | Förderanlagen, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen und Fahrsteige |
| DIN 18386 | Gebäudeautomation |
| DIN 18421 | Dämm- und Brandschutzarbeiten an technischen Anlagen |
| DIN 18448 | Arbeiten an schadstoffbelasteten baulichen und technischen Anlagen NEU |
| DIN 18451 | Gerüstarbeiten |
| DIN 18459 | Abbruch- und Rückbauarbeiten |
Fazit: Klare Regeln für mehr Rechtssicherheit im Bauvertrag
Die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen stellen sicher, dass Bauleistungen einheitlich beschrieben, ausgeführt und abgerechnet werden. Ein klar definierter Geltungsbereich verhindert Missverständnisse und sorgt für Transparenz zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern.
Für eine erfolgreiche Ausschreibung gilt daher: Prüfen Sie stets, ob eine eindeutige Zuordnung zu einer ATV gegeben ist – und ergänzen Sie die Leistungsbeschreibung nur dann, wenn mehrere ATV infrage kommen. So vermeiden Sie Konflikte und stellen sicher, dass Ihre Bauprojekte rechtssicher umgesetzt werden.
