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Allgemeine technische Vertragsbedingungen (ATV) – Geltungsbereich einfach erklärt

Die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (ATV) sind der wichtigste Bestandteil der VOB/C und regeln die technischen Details für Bauleistungen in Deutschland. Sie sorgen dafür, dass Arbeiten nach einheitlichen Standards beschrieben, ausgeführt und abgerechnet werden. Ein zentrales Element jeder ATV ist der Geltungsbereich. Dieser definiert, für welche Arbeiten die jeweilige ATV für Bauleistungen verbindlich ist und grenzt zugleich ab, wann andere Allgemeine technische Vertragsbedingungen zur Anwendung kommen. Diese klare Zuordnung schafft Rechtssicherheit für Auftraggeber und Auftragnehmer und verhindert spätere Streitigkeiten im Bauvertrag. Für Bauunternehmen, Architekten und Auftraggeber ist es daher entscheidend zu wissen, wie der Geltungsbereich in den ATV festgelegt wird und wann eine ausdrückliche Nennung der ATV in der Leistungsbeschreibung erforderlich ist.

Zwei Bauhelme, ein gelber und ein weißer, ruhen auf einem Felsen an einer staubigen Erdarbeiten Baustelle. Im unscharfen Hintergrund ist ein orangefarbener Bagger zu sehen.

Geltungsbereich der Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen

In Abschnitt 1 jeder ATV für Bauleistungen wird der Geltungsbereich eindeutig festgelegt. Dabei erfolgt eine positive Beschreibung der Arbeiten, die unter diese Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen fallen. Zusätzlich gibt es häufig eine negative Abgrenzung, die klarstellt, für welche Arbeiten die jeweilige ATV nicht gilt. In solchen Fällen wird ausdrücklich auf die ATV verwiesen, die stattdessen anzuwenden ist.

Wichtig ist: Sobald die VOB als Vertragsgrundlage vereinbart wird, sind die Geltungsbereiche aller ATV bindend. Der Auftraggeber kann diese nicht verändern.

Für die Praxis bedeutet das:

  • In den meisten Fällen ist es nicht notwendig, in der Leistungsbeschreibung anzugeben, welche ATV zu beachten ist.
  • Eine solche Angabe würde lediglich die ohnehin bestehenden Regelungen der VOB/C wiederholen
  • Ausnahmefälle bestehen jedoch dann, wenn bestimmte Leistungen mehreren ATV zugeordnet werden können. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die zutreffende ATV explizit zu benennen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Wann muss die ATV in der Leistungsbeschreibung genannt werden?

In der Regel ist es nicht erforderlich, die jeweils geltende ATV in der Leistungsbeschreibung zu erwähnen. Sobald die VOB/C Vertragsbestandteil ist, gelten die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen automatisch für alle Beteiligten.

Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen eine ausdrückliche Nennung sinnvoll oder sogar notwendig ist:

  • Mehrdeutige Zuordnung: Wenn eine Leistung theoretisch mehreren ATV zugeordnet werden kann, sollte in der Ausschreibung eindeutig festgelegt werden, welche ATV gilt.
  • Spezialfälle in der Praxis: Vor allem in der Vergangenheit kam es häufiger vor, dass bestimmte Arbeiten in verschiedenen ATV geregelt waren – zum Beispiel bei Erdarbeiten (siehe Praxisbeispiel unten).
  • Rechtssicherheit: Durch die klare Benennung der zutreffenden ATV können spätere Streitigkeiten über Ausführung oder Abrechnung vermieden werden.

Tipp: Prüfen Sie bei jeder Ausschreibung sorgfältig, ob die Leistung eindeutig einer ATV zugeordnet ist. Falls nicht, geben Sie die korrekte ATV in der Leistungsbeschreibung an.

Praxisbeispiel: Erdarbeiten und Nassbaggerarbeiten

Nicht immer ist die Zuordnung einer Leistung zu einer bestimmten ATV eindeutig. Ein typisches Beispiel dafür sind Erdarbeiten und Nassbaggerarbeiten.

  • In der ATV DIN 18300 „Erdarbeiten“ wird in Abschnitt 1.4 ausdrücklich festgelegt, dass diese ATV nicht für Nassbaggerarbeiten gilt. Dafür ist die ATV DIN 18311 „Nassbaggerarbeiten“ zuständig.
  • Gleichzeitig heißt es in Abschnitt 1.1 der DIN 18300, dass die ATV auch für das Lösen von Boden und Fels unter Wasser im Grundwasser oder Uferbereich gilt, wenn die Arbeiten im Zusammenhang mit Erdarbeiten an Land stehen.
  • Die ATV DIN 18311 „Nassbaggerarbeiten“ wiederum verweist zurück: Sie gilt nicht für Erdarbeiten, sondern für das Lösen von Boden und Fels im Wasser – schließt aber in Abschnitt 1.1 auch Arbeiten über Wasser im Uferbereich mit ein, wenn diese direkt mit Nassbaggerarbeiten verbunden sind.

In der Praxis kann es dadurch zu Überschneidungen im Uferbereich kommen, wenn ein Auftragnehmer sowohl an Land als auch im Wasser tätig ist. Ein Beispiel hierfür ist das Ausheben eines Grabens, der im Wasser beginnt und an Land weitergeführt wird.

Empfehlung für die Ausschreibung:

In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Regelungen der beiden ATV durch eine klare örtliche Abgrenzung zu ergänzen. So können Sie eindeutig festlegen, welche Allgemeine technische Vertragsbedingung für welche Arbeiten gilt und spätere Streitigkeiten über Zuständigkeiten oder Abrechnungen vermeiden.

Übersicht aller ATV und ihre Geltungsbereiche

Die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (ATV) sind in der VOB/C in zahlreiche Einzelnormen gegliedert. Jede ATV regelt den Geltungsbereich für ein bestimmtes Fachgebiet im Bauwesen. Für Auftraggeber und Auftragnehmer ist es hilfreich, die wichtigsten ATV im Überblick zu kennen.

ATV DIN-Norm Bezeichnung
DIN 18299 Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art
DIN 18300 Erdarbeiten
DIN 18301 Bohrarbeiten
DIN 18302 Spezialtiefbauarbeiten zum Ausbau von Bohrungen
DIN 18303 Verbauarbeiten
DIN 18304 Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten
DIN 18305 Wasserhaltungsarbeiten
DIN 18306 Entwässerungskanalarbeiten
DIN 18307 Druckrohrleitungsarbeiten außerhalb von Gebäuden
DIN 18308 Drän- und Versickerarbeiten
DIN 18309 Einpressarbeiten
DIN 18311 Nassbaggerarbeiten
DIN 18312 Untertagebauarbeiten
DIN 18313 Schlitzwandarbeiten
DIN 18314 Spritzbetonarbeiten
DIN 18315 Verkehrswegebauarbeiten – Oberbauschichten ohne Bindemittel
DIN 18316 Verkehrswegebauarbeiten – Oberbauschichten mit hydraulischen Bindemitteln
DIN 18317 Verkehrswegebauarbeiten – Oberbauschichten aus Asphalt
DIN 18318 Verkehrswegebauarbeiten – Pflasterdecken und Plattenbeläge in ungebundener Ausführung, Einfassungen
DIN 18319 Rohrvortriebsarbeiten
DIN 18320 Landschaftsbauarbeiten
DIN 18321 Düsenstrahlarbeiten
DIN 18322 Kabelleitungstiefbauarbeiten
DIN 18323 Kampfmittelräumarbeiten
DIN 18324 Horizontalspülbohrarbeiten
DIN 18325 Gleisbauarbeiten
DIN 18326 Renovierungsarbeiten an Entwässerungskanälen
DIN 18327 Brunnenbauarbeiten und Erdwärmesonden NEU
DIN 18328 Aufbruch- und Rückbauarbeiten von Verkehrsflächen NEU
DIN 18329 Verkehrssicherungsarbeiten
DIN 18330 Mauerarbeiten
DIN 18331 Betonarbeiten
DIN 18332 Naturwerksteinarbeiten
DIN 18333 Betonwerksteinarbeiten
DIN 18334 Zimmer- und Holzbauarbeiten
DIN 18335 Stahlbauarbeiten
DIN 18336 Abdichtungsarbeiten
DIN 18338 Dachdeckungsarbeiten
DIN 18339 Klempnerarbeiten
DIN 18340 Trockenbauarbeiten
DIN 18345 Wärmedämm-Verbundsysteme
DIN 18349 Betonerhaltungsarbeiten
DIN 18350 Putz- und Stuckarbeiten
DIN 18351 Vorgehängte hinterlüftete Fassaden
DIN 18352 Fliesen- und Plattenarbeiten
DIN 18353 Estricharbeiten
DIN 18354 Gussasphaltarbeiten
DIN 18355 Tischlerarbeiten
DIN 18356 Parkettarbeiten
DIN 18357 Beschlagarbeiten
DIN 18358 Rollladenarbeiten
DIN 18360 Metallbauarbeiten
DIN 18361 Verglasungsarbeiten
DIN 18363 Maler- und Lackierarbeiten – Beschichtungen
DIN 18364 Korrosionsschutzarbeiten
DIN 18365 Bodenbelagarbeiten
DIN 18366 Tapezierarbeiten
DIN 18379 Raumlufttechnische Anlagen
DIN 18380 Heizanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen
DIN 18381 Gas-, Wasser- und Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden
DIN 18382 Elektro-, Sicherheits- und Informationstechnische Anlagen
DIN 18384 Blitzschutz-, Überspannungsschutz- und Erdungsanlagen
DIN 18385 Förderanlagen, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen und Fahrsteige
DIN 18386 Gebäudeautomation
DIN 18421 Dämm- und Brandschutzarbeiten an technischen Anlagen
DIN 18448 Arbeiten an schadstoffbelasteten baulichen und technischen Anlagen NEU
DIN 18451 Gerüstarbeiten
DIN 18459 Abbruch- und Rückbauarbeiten

Fazit: Klare Regeln für mehr Rechtssicherheit im Bauvertrag

Die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen stellen sicher, dass Bauleistungen einheitlich beschrieben, ausgeführt und abgerechnet werden. Ein klar definierter Geltungsbereich verhindert Missverständnisse und sorgt für Transparenz zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern.

Für eine erfolgreiche Ausschreibung gilt daher: Prüfen Sie stets, ob eine eindeutige Zuordnung zu einer ATV gegeben ist – und ergänzen Sie die Leistungsbeschreibung nur dann, wenn mehrere ATV infrage kommen. So vermeiden Sie Konflikte und stellen sicher, dass Ihre Bauprojekte rechtssicher umgesetzt werden.

 

Autor*in: WEKA Redaktion

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