18.01.2022

Kein Schutzhelm hält ewig

Tatsache ist, dass Schutzhelme selbst dann, wenn sie gar nicht oft getragen werden, einem ständigen altersbedingten Verschleiß unterliegen, der sich grundsätzlich weder verhindern noch stoppen lässt. Allerdings hängt es von mehreren Faktoren ab, wie lange ein Schutzhelm wirksam schützt. Welche Einflüsse einen Schutzhelm „unsicherer machen“ und wie Sie die Haltbarkeit von Industrieschutzhelmen überprüfen können, erfahren Sie hier.

Mann hält Schutzhelm in der Hand.

Für das Jahr 2020 führt die DGUV in ihrer Statistik „Arbeitsunfallgeschehen“ 65.123 Unfälle mit Kopfverletzungen auf. Der Kopf ist eines der empfindlichsten Körperteile des Menschen. Kein Wunder also, dass ein Schutzhelm oft auch gesetzlich vorgeschrieben ist.

Überprüfen und rechtzeitig austauschen: Nur so können Schutzhelme wirksam schützen

Industrieschutzhelme sollen in erster Linie vor Gefährdungen durch herabfallende Gegenstände schützen. Darüber hinaus verhindern sie Kopfverletzungen durch:

  • Anstoßen an Gegenständen
  • pendelnde Gegenstände
  • umfallende Gegenstände
  • wegfliegende Gegenstände

Industrieschutzhelme müssen also Stöße dämpfen und durchdringungsfest sein. Diese Anforderungen erfüllen Schutzhelme, die die Anforderungen der EN 397 „Industrieschutzhelme“ erfüllen.

Schutzhelme bestehen aus Kunststoffen. Dieses Material hat den Nachteil, mit der Zeit zu altern und dabei porös und spröde zu werden. Mit anderen Worten: Je älter sie sind, desto stärker ist die Schutzfunktion von Industrieschutzhelmen eingeschränkt. Vor allem Witterungseinflüsse, UV-Strahlung, Luftverunreinigung und mechanische Beanspruchungen setzen den Kunststoffen zu.

Wichtiger Hinweis: Schon nach einem einzigen harten Schlag darf ein Helm nicht mehr weiterbenutzt, sondern muss aus dem Verkehr gezogen werden. Denn die Stabilität eines Helms kann bereits durch eine nicht sichtbare Veränderung der Molekularstruktur des Kunststoffs oder einen nicht sichtbaren Haarriss eingeschränkt sein. Bei offensichtlichen Beschädigungen liegt ein Austausch des Schutzhelms auf der Hand.

Haltbarkeit von Schutzhelmen ist sehr unterschiedlich

Auf Baustellen werden überwiegend Schutzhelme verwendet, die aus sog. thermoplastischen Kunststoffen gefertigt sind. Bei regelmäßiger und dauerhafter Nutzung sollten Helme aus diesem Material alle vier Jahre ausgetauscht werden.

Industrieschutzhelme, die aus duroplastischem Kunststoff bestehen, müssen hingegen erst nach acht Jahren ständigen Gebrauchs ausgewechselt werden.

Wie alt ein Helm ist, erkennen Sie am Herstellungsdatum, das neben den Informationen über Hersteller, Typ, Größe und Werkstoff zur Kennzeichnung des Helms gehört. Diese Hinweise finden sich in aller Regel an der Unterseite des Helmschilds.

Praxis-Tipp: Kennzeichnung des Materials

  • thermoplastischer Kunststoff: Kennzeichnung mit PE, PC, PA, ABS, PP-GF, PC-GF oder HDPE
  • duroplastischer Kunststoff: Kennzeichnung mit UP-GF oder PF-SF

Duroplastische Helme sind hitzebeständiger

Industrieschutzhelme aus thermoplastischen Kunststoffen sind nicht für den Einsatz in Heißbereichen geeignet, weil ihre Formbeständigkeit bei Wärme gering ist. Abhängig vom verwendeten Kunststoff kann die Formbeständigkeit bereits bei rund 70 °C nicht mehr gegeben sein.

Auf der anderen Seite sind Helmschalen aus thermoplastischen Kunststoffen bei Kälte sehr bruchfest. Sie kann bei bis zu – 40 °C erhalten bleiben. Gängige thermoplastische Werkstoffe für Industrieschutzhelme sind z. B. Polyethylen (PE), Polyamid (PA), Polycarbonat (PC), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) oder glasfaserverstärktes Polypropylen (PP-GF).

Duroplaste sind im Gegensatz zu thermoplastischen Kunststoffen sehr hitzebeständig. Deshalb sind Helmschalen aus duroplastischen Kunststoffen hervorragend für den Einsatz bei sehr hohen Umgebungstemperaturen geeignet. Zudem besitzen sie eine gute chemische Beständigkeit, sodass sie häufig auch in Betrieben der chemischen Industrie eingesetzt werden. Gängige duroplastische Werkstoffe für Industrieschutzhelme sind z.B. glasfaserverstärktes ungesättigtes Polyesterharz (UP-GF) oder faserverstärktes Phenol-Formaldehyd-Harz (PF-SF).

Bei diesen Tätigkeiten besteht Schutzhelmpflicht

Dem Kopfschutz dienende Industrieschutzhelme gehören zu den persönlichen Schutzausrüstungen (PSA). Nach dem TOP-Prinzip ist der Arbeitgeber erst dann verpflichtet, Beschäftigte mit PSA auszurüsten, wenn er auf der Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung festgestellte Gefährdungen nicht durch technische oder organisatorische Maßnahmen beseitigen kann. Auf der Basis einer solchen Gefährdungsbeurteilung ergibt sich, dass Industrieschutzhelme z.B. in folgenden Bereichen bzw. bei folgenden Tätigkeiten unentbehrlich sind:

  • Hoch- und Tiefbauarbeiten (einschließlich Abbruch- und Umbauarbeiten)
  • Montagearbeiten im Maschinenbau, Stahlbau und Holzbau
  • Arbeiten in ortsfesten Betrieben (z.B. Steinbrüche, Hütten- und Walzwerke, Gießereien, chemische Industrie, Fertigteilwerke)
  • Arbeiten mit Bolzenschubwerkzeugen oder Eintreibgeräten
  • Arbeiten im Bereich von Kranen, Hebezeugen, Aufzügen, Fördermitteln, Rammen
  • Sprengarbeiten
  • Arbeiten über Kopf

Zeit für Helmwechsel? Machen Sie den „Knacktest“

In der betrieblichen Praxis fällt es nicht immer leicht, zu beurteilen, ob es bereits an der Zeit ist, einen Schutzhelm auszuwechseln oder nicht. Als Entscheidungshilfe kann hier ein einfacher Trick dienen. Mit dem sog. Knacktest, den die DGUV empfiehlt, lässt sich schnell feststellen, ob ein Schutzhelm bereits versprödet ist.

Beim „Knacktest“ wird die Helmschale mit den Händen seitlich leicht eingedrückt bzw. der Schirm leicht verbogen. Ist mit angelegtem Ohr ein Knister- oder Knackgeräusch wahrzunehmen, sollte der Helm aus dem Verkehr gezogen und gegen einen neuen Schutzhelm ausgetauscht werden.

Aufkleber haben auf Schutzhelmen nichts zu suchen

Auf Baustellen sieht man immer wieder, dass Beschäftigte die Industrieschutzhelme mit Aufklebern, Bemalungen oder Beschriftungen optisch aufpeppen. Das sollten sie jedoch unterlassen, weil auf den Kopfschutz weder Anstrichstoffe noch Lösemittel oder Klebemittel aufgebracht werden dürfen. Klebeetiketten können vor allem bei Helmschalen aus Polycarbonat (PC) oder Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) zu Materialschäden führen – es sei denn, der Hersteller erklärt ausdrücklich, dass die Schutzwirkung des Helms durch Anstrichstoffe, Lösemittel und Klebemittel nicht beeinträchtigt ist.

Autor*in: Markus Horn