03.11.2022

Gründung einer kleinen AG

Die Idee der Aktie ist: Geld, das einem nicht gehört, für sich arbeiten lassen. Wer jetzt allerdings denkt, das falle wie Manna vom Himmel, wird enttäuscht. Um an solches Geld zu kommen, muss man erst einmal selber Geld haben. Mit diesem Grundkapital gründen Sie eine Aktiengesellschaft.

Gründung einer kleinen AG

Was beachten Sie vor der Gründung einer Aktiengesellschaft?

Am Anfang stehen hierbei zwei grundlegende Überlegungen:

  • Was soll Ihre AG? Was ist ihre Bestimmung und ihr Gegenstand?
  • Welchen Namens soll das Kind, sprich Ihre AG haben?

Was kann Gegenstand Ihrer Aktiengesellschaft sein?

Jeder legale Zweck, festgelegt in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag. Dies dient

  • im Außenverhältnis: der Unterrichtung des Rechtsverkehrs über die Tätigkeitsschwerpunkte
  • im Innenverhältnis: der Festlegung des Geschäftsführungsauftrages an den Vorstand.

Worauf kommt es beim Namen Ihrer AG an?

Sie können den Namen ihrer Aktiengesellschaft frei wählen, ergänzt mit dem Zusatz „AG“ oder „Aktiengesellschaft“ (§ 4 Aktiengesetz, AktG). Er sollte:

  • Unterscheidungskraft besitzen und kennzeichnend wirken
  • zulässig, also funktionell geeignet sein.

Die Zulässigkeit des Namens prüft das Gericht.

Wie läuft eine AG-Gründung ab?

Wenn Sie sich über Gegenstand Ihrer AG klar geworden sind, grundsätzlich wissen, woher Sie das Grundkapital nehmen können und sich zur Gründung entschlossen haben, in folgenden Schritten:

  1. Feststellung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags
  2. Aufbringen des Grundkapitals
  3. Bestellung der Organe
  4. Teileinzahlung des Kapitals zur Gründung
  5. Erstellung eines Gründungsberichts
  6. Gründungsprüfung
  7. Eintragung in das Handelsregister

Mit der Ausarbeitung und notariellen Beurkundung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags haben Sie bereits eine Voraktiengesellschaft. Satzung oder Gesellschaftsvertrag – je nachdem – enthalten die notwendigen Informationen über:

  • die Gründer,
  • den Sitz des Unternehmens,
  • die Aufteilung der Aktien sowie
  • vertragliche Bestimmungen über die Geschäftsführung.

Die Errichtung der Aktiengesellschaft erfolgt durch:

  • die Übernahme der Aktien durch die Grundaktionäre und
  • die Zahlung des Ausgabebetrags für die Aktien, welcher als Einlage in das Gesellschaftsvermögen zu leisten ist.

Einlagen können Sie als Kapital- oder als Sacheinlagen leisten. Das Gründungskapital beträgt 50.000 Euro.

Ihre AG wird zu einer rechtsfähigen Aktiengesellschaft erst, wenn sie in das Handelsregister eingetragen ist. Bevor dies geschehen kann, bestellen Sie:

  • Aufsichtsrat und
  • Abschlussprüfer.

Ferner liegt der Gründungsbericht vor. Sie als Gründer und Ihre Mitgründer verfassen ihn. Darin beschreiben Sie den Hergang der Gründung. Dieser prüfen sodann Aufsichtsrat und Vorstand (§§ 30 bis 33 AktG). Mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht die Aktiengesellschaft als juristische Person. Als solche kann sie selbständig juristisch auftreten, Verträge abschließen etc. Weiterführende Informationen zum Thema juristische Person verschiedener Gesellschaftsformen finden Sie in unserem Beitrag „Geschäftsführer“.

Tipp der Redaktion

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Als Aktiengesellschaft gehört es zu Ihren Pflichten, die Mitglieder Ihrer Aktiengesellschaft einzuberufen. Wie die Einberufung erfolgt und welche gesetzlichen Grundlagen dies regeln, lesen Sie in unserem Beitrag „Gesellschafterversammlung: Bei Einladung an Schneckenpost denken!“. Fordert die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Mehrheit für die Gesellschaftsversammlungen, muss eine qualifizierte Stimmrechtsmehrheit vorliegen, um die Organschaft zu begründen. Eine Ausnahme bilden Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien als Organgesellschaft.

Sind Mitgründer unbedingt nötig, um eine AG zu gründen?

Nein. Sie können als Einzelner eine Ein-Mann-Aktiengesellschaft gründen. Zu deren Gründung reicht eine Person. Dabei sind Sie als Existenzgründer Aktionär und Vorstand in einer Person. Lediglich für Ihren Aufsichtsrat brauchen Sie drei weitere Personen. Sie können sich als Einzelner ja wohl schlecht selber beaufsichtigen mit dem Anspruch, Ihre eigene Geschäftsführung unparteiisch und objektiv beurteilen zu können.

Können Sie eine AG nur von Grund auf neu gründen?

Nein, daneben gibt es noch die Möglichkeit, im Wege der Umwandlung eine Aktiengesellschaft zu werden. Dies erfolgt nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) grundsätzlich in folgenden Umwandlungsformen.

  • durch Formwechsel der Rechtsform von einer bestehenden Gesellschaft zur Aktiengesellschaft.
  • durch Verschmelzung bestehende Gesellschaften miteinander
  • durch Abtrennung einzelner Unternehmensteile von einer bestehenden Gesellschaft abtrennen.
  • Durch Vermögensübertragung auf dem Wege eines Verkaufes oder Ankaufes der Anteile. Hierdurch erlangen Sie das Eigentum an einer Aktiengesellschaft.

Als Aktiengesellschaft haben Sie die Pflichten eines ehrbaren Kaufmanns zu erfüllen. Wenn Sie interessiert, wie Sie als Aktiengesellschaft eventuell mit Whistleblowern umgehen sollten, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag „Ehrbarer Kaufmann: in den Kodex für Unternehmensführung aufnehmen?“. Der Gebrauch von Begriffen wie Legitimität oder „ehrbarer Kaufmann“ könnte nämlich „Spielraum für Aktionärsklagen“ eröffnen.

Man hört immer von einer Europäischen Aktiengesellschaft SE. Was hat es damit auf sich?

SE ist die Abkürzung für den lateinischen Begriff Societas Europaea, Europäische Aktiengesellschaft. Dabei handelt es sich laut „Juraforum“ um Aktiengesellschaften innerhalb der Europäischen Union wie auch im Europäischen Wirtschaftsraum. Statt SE wird oft der Begriff Europäische Aktiengesellschaft verwendet mit der Kurzform Europa-AG.

Was genau ist die Rechtsform SE?

Als Unternehmen erhalten Sie diese Rechtsform, wenn Sie in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten tätig sind. Diese Rechtsform soll es Ihnen als Unternehmen erleichtern, Kooperationen über die Grenzen hinaus einzugehen. Andere Länder, andere Sitten. So auch hier: unterschiedliche Staaten bedeuten unterschiedliches Recht. Vielmals mussten Sie als Unternehmen in den Staaten, in denen sie ebenfalls tätig werden wollten, jeweils eigene Tochtergesellschaften gründen mussten. Nur so konnten Sie das jeweils geltende Recht des anderen Landes einhalten. Diesem umständlichen Verfahren hat die Rechtsform Europäische Aktiengesellschaft eine Ende bereitet. Seither sind Sie als Europa-AG demselben Recht unterworfen.

Ersetzt die Europa-AG mithin die Rechtsform der herkömmlichen Aktiengesellschaft?

Nein, das tut sie nicht. Vielmehr sollten Sie als Unternehmen, das grenzüberschreitend tätig ist, die Möglichkeit erhalten, ihren Geschäftsverkehr zu vereinfachen. Die Wahl der Europa-AG ist also optional.

Wie gestaltet sich die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft?

Im Grunde wie bei einer inländischen AG. Die Möglichkeit dazu besteht für Sie als Unternehmen erst seit 2004. Voraussetzung für Sie zur Gründung einer deutschen Europa-AG, ist, dass sich Ihre Hauptverwaltung in Deutschland befindet. Hier lassen Sie sie in das Handelsregister eintragen.

Was zeichnet eine Europa-AG aus?

Die Europa-AG hat einige kennzeichnende Merkmale. Dazu gehört u.a.:

  • ein Mindestkapital von 120.000 Euro.
  • Das Kapital wird in Aktien zerlegt.
  • Der AG angehörige Aktionäre haften nicht unbegrenzt, sondern lediglich nur bis zur Höhe des Kapitals, das von ihnen gezeichnet wurde.

Ein weiteres Merkmal für die Europa-AG ist, dass sich ihr Sitz entweder innerhalb der Europäischen Union oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums befindet. Es besteht jedoch zu jeder Zeit die Möglichkeit, den Sitz der AG in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.

So hatte der Bundesgerichtshof 2006 über die Frage der Beschränkung für schweizerische Aktiengesellschaften mit Sitz in Deutschland zu entscheiden. Bei der Klägerin handelte es sich um eine schweizerische Aktiengesellschaft, die vor einem deutschen Gericht klagte. Es ging um Mietzahlungen für Grundstücke. Vor Gericht stellte sich die Frage, ob der Verwaltungssitz der Schweizer AG sich in Deutschland oder der Schweiz befindet. Von der Antwort hing ab, wie die Prozessführung vor deutschen Gerichten zu behandeln sei.

Hier standen sich zwei Theorien gegenüber:

  • die Sitztheorie: auf sie beriefen sich die Beklagten. Demnach verliert eine ausländische Gesellschaft ihren Status als juristische Person, wenn sie ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt. Es ist ihr somit nicht mehr möglich, deutsche Gerichte anzurufen.
  • die Gründungstheorie: sie verfolgte die AG selbst als Klägerin. Sie wollte eine Gleichstellung mit Gesellschaften, die in einem EU-Staat oder einem Staat innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums nach dem jeweils geltenden Recht gegründet sei. Gemäß der geltenden Niederlassungsfreiheit könnte eine Verlegung des Verwaltungssitzes nach Deutschland problemlos erfolgen. Ihr müsse nun hier eine Stellung als ausländische Gesellschaft zugesprochen werden.

Der BGH entschied sich für die Sitztheorie. Somit bestanden keine Ansprüche der Schweizer AG gegen die Beklagten, da ein entsprechender Mietvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist. (BGH, 27.10.2008, II ZR 290/07 und II ZR 158/06).

Darf die Mitbestimmung im Aufsichtsrat Umwandlung von AG zu SE verringert werden?

Nein. Dazu hat der Europäische Gerichtshof (EuGH, Rs. C-677/20) erst kürzlich eine Entscheidung gefällt. Danach darf sich die Umwandlung einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht in eine Europäische Gesellschaft (SE) nicht negativ auf die Beteiligung der Gewerkschaften bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats auswirken. Damit gab der EuGH den Gewerkschaften IG Metall und Ver.di Recht. Zur Begründung hieß es u.a., eine nationale Regelung, die einen getrennten Wahlgang für die Wahl der von den Gewerkschaften vorgeschlagenen Arbeitnehmervertreter vorsieht, müsse beibehalten werden. Im Streit ging es um eine Rechtsformänderung beim Softwarehersteller SAP, der sich 2014 von einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts in eine SE umgewandelt hatte. Im Zuge dessen hatte er die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats von 18 auf zwölf verringert. Zudem sollten die Gewerkschaften zwar weiterhin Kandidaten für einen Teil der Arbeitnehmervertreter vorschlagen können, diese aber – anders als zuvor – nicht mehr in einem getrennten Wahlgang gewählt werden.

Autor*in: Franz Höllriegel