27.02.2017

Ehrbarer Kaufmann: in den Kodex für Unternehmensführung aufnehmen?

Ehrbarer Kaufmann – das Attribut nimmt selbstverständlich jeder Unternehmer für sich in Anspruch. Warum es also nicht in den offiziellen Kodex für gute Unternehmensführung aufnehmen? Das dachte sich die Kodex-Kommission und erntete von einigen Konzernen Widerspruch.

Ehrbarer Kaufmann in Kodex aufgenommen

Ehrbarer Kaufmann – gute Unternehmensführung

Das Leitbild des „ehrbaren Kaufmanns“ ist künftig im deutschen Kodex für gute Unternehmensführung enthalten. Das berichtet das „Handelsblatt“. Die entsprechende Formulierung im Deutschen Corporate Governance Kodex lautet demnach jetzt:

„Gute Unternehmensführung zeichnet sich durch legales und ethisch fundiertes, eigenverantwortliches Verhalten aus (Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns).“

Schutz für Whistleblower

Mit Blick auf einflussreiche Investmentfonds wird dort außerdem auf die „besondere Bedeutung“ von institutionellen Anlegern für die Unternehmen hingewiesen: „Von ihnen wird erwartet, dass sie ihre Eigentumsrechte aktiv und verantwortungsvoll auf der Grundlage von transparenten und die Nachhaltigkeit berücksichtigenden Grundsätzen ausüben“, heißt es im Kodex.

Neu im Regelwerk sind ferner Details zu variablen Vorstandsvergütungen, Empfehlungen zur Arbeit der Aufsichtsräte und zum Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowern).

Ehrbarer Kaufmann: Konzerne protestieren

So selbstverständlich, wie sich das jetzt liest, war die Entscheidung über den Ehrbaren Kaufmann allerdings nicht. Die zuständige Kommission musste sich offenbar gegen den Widerstand einiger Konzerne durchsetzen.

Den Plan der Kodex-Kommission, das Leitbild des „ehrbaren Kaufmanns“ zum Aushängeschild zu machen, hätten einige Juristen deutscher Konzerne am liebsten verhindert.

Spielraum für Aktionärsklagen

Das Handelsblatt führt als Beispiel die Deutsche Bank an. Sie habe den im Herbst vorgestellten Plan der Kommission mit den Worten kommentiert, der Gebrauch von Begriffen wie Legitimität oder „ehrbarer Kaufmann“ eröffne „Spielraum für Aktionärsklagen“. Das Geldhaus hält es demnach für „problematisch“, solche Formulierungen aufzunehmen. Auch der Chemiekonzern BASF habe heftig protestiert.

Für die vorgeschlagene Ergänzung sehe man „keinen Bedarf“ und halte „sie angesichts ihrer Offenheit und Weite für äußerst fragwürdig und nicht geeignet, Unternehmensführung in deutschen Unternehmen zu verbessern“.

Furcht der Unternehmen unbegründet?

Der Vorsitzende der Kommission ist der ehemalige Daimler-Finanzchef Manfred Gentz. Er hält die „Furcht der Unternehmen vor Haftungs- und Anfechtungsrisiken“ für unbegründet. Der Kommission sei klar, dass der Ehrbare Kaufmann wenig konkret sei.

Gentz geht es aber darum, Managern einen „moralischen inneren Kompass“ an die Hand zu geben und unternehmerisches Handeln nicht nur an der korrekten Erfüllung von Gesetzen zu messen. Die Kommission will mit dieser Ergänzung ihrer Präambel „Bewusstsein“ schaffen.

Den juristischen Bedenkenträgern aus der Wirtschaft hält der scheidende Kommissionschef entgegen: „Wenn man Entscheidungen getroffen hat, muss man dazu auch stehen“, findet Gentz.

Gentz übergibt Vorsitz Ende des Monats

In der Kommission sitzen Vertreter von Vorständen und Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften sowie Vertreter von Investmentfonds, aus der Wissenschaft und den Gewerkschaften. Die Mitglieder werden vom Bundesjustizministerium benannt.

Ende Februar übergibt Gentz nach vier Jahren den Vorsitz der Regierungskommission an den Wirtschaftsprüfer Ralf Nonnenmacher. Nonnenmacher hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern Gentz, Klaus-Peter Müller (Commerzbank) und Gerhard Cromme (Thyssen-Krupp) kein Unternehmen geführt, sondern die Prüfungsgesellschaft KPMG. Nonnenmacher gehörte zur Gründungskommission des Kodex im Jahr 2001.

Hier geht es zur Website „Deutscher Corporate Governance Kodex“. Dort finden Sie Informationen zu den Mitgliedern und der Geschäftsstelle, die ganze Fassung des Kodex‘ als PDF sowie aktuelle Konsultationen und Entsprechenserklärungen.

Autor*in: Franz Höllriegel