13.03.2018

Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Werbefahrrädern?

Werbefahrräder prägen mittlerweile das Bild vieler Gemeinden und Städte. Eine Ordnungsbehörde ging gegen einen Taxiunternehmer vor, der an fünf verschiedenen Standorten, wo Bedarf an individueller Beförderung besteht, Fahrräder mit Werbetafeln aufgestellt hatte. Das VG Neustadt (Beschluss vom 30.01.2018, Az. 4 L 10-18.NW) musste entscheiden, ob die Verfügung zum Beseitigen der Fahrräder rechtmäßig erlassen wurde.

Werbefahrräder Sondernutzungserlaubnis Neustadt

Ein Taxiunternehmer beschaffte sich mehrere Fahrräder und ließ sie mit den Werbetafeln versehen, die auf sein Personenbeförderungsunternehmen hinweisen. Die Werbetafeln sind entweder direkt am Fahrradrahmen oder am Gepäckträger befestigt. Durch die Werbetafeln wird die Fahrtüchtigkeit der Fahrräder nicht beeinträchtigt. Ein Fahrrad steht seit mehreren Monaten an einem Gestell für den Aushang des Stadtplans und ist an diesem befestigt. Das Fahrrad rostet dort vor sich hin. Unbekannte haben zuerst den Sattel, dann den Hinterreifen entwendet.

Zwei weitere Fahrräder stehen ebenfalls seit mehreren Monaten an verschiedenen Bahnhöfen. Sie sind ständig an derselben Stelle im Fahrradständer angeschlossen, ein Sattel fehlt, und ein Hinterreifen ist platt. Ein weiteres Fahrrad steht an der öffentlichen Grünanlage neben einer Festhalle. Das fünfte Fahrrad steht auf dem Gelände einer Sporthalle.

Mit Ordnungsverfügung untersagte die Ordnungsbehörde dem Taxiunternehmer das Aufstellen von Fahrrädern zu Werbezwecken in öffentlichen Anlagen und auf öffentlichen Straßen und gab ihm auf, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Bescheids die im öffentlichen Verkehrsraum stehenden Fahrräder zu entfernen. Zudem drohte sie ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 400 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verfügung an und sprach die sofortige Vollziehung der Verfügung aus. Ihren Bescheid begründete die Ordnungsbehörde damit, die Fahrräder seien ausschließlich zu Werbezwecken aufgestellt und würden nicht bewegt. Dies sei eine straßenrechtliche Sondernutzung, die ohne Erlaubnis betrieben werde.

Gegen die Ordnungsverfügung klagte der Taxiunternehmer.

Entscheidungsgründe

  • Rechtsgrundlage für die Verfügung ist das Landesstraßengesetz. Demnach bedarf der Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Wird eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt oder kommt der Erlaubnisnehmer seinen Verpflichtungen nicht nach, so kann die Straßenbaubehörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung oder zur Erfüllung der Auflagen anordnen.
  • Eine Sondernutzung liegt vor, wenn der Rahmen des Gemeingebrauchs überschritten wird. Auch wenn die Straße nicht zum Verkehr, sondern zu gewerblichen Zwecken genutzt wird, liegt eine Sondernutzung vor. Die Fahrräder haben durch die Installation der Werbeschilder ihre Fahrtauglichkeit nicht verloren und sind daher grundsätzlich geeignet, zum Verkehr im Rahmen des Gemeingebrauchs genutzt zu werden. Dies gilt auch für den Fall, dass sie sich zum Teil in einem nicht mehr verkehrstüchtigen Zustand befinden, nachdem sie offenbar über einen längeren Zeitraum im öffentlichen Verkehrsraum dem ungehinderten Zugriff preisgegeben sowie Sattel und Räder entfernt wurden. Der Werbezweck, den sie ebenso erfüllen, ist aber ein rein gewerblicher Zweck und daher eine erlaubnispflichtige Sondernutzung, da der Schwerpunkt der Nutzung der Fahrräder im Werbezweck liegt.
  • Vorliegend geht es um abgestellte Fahrräder. Zwar gehört auch der ruhende Verkehr zum Verkehr im Sinne eines Gemeingebrauchs der öffentlichen Straßen. Ruhender Verkehr im Rahmen des Gemeingebrauchs liegt aber nur vor, wenn ein Fahrzeug betriebsbereit vorrangig zu Verkehrs- und nicht zu gewerblichen Zwecken vorübergehend abgestellt wird und dies als Unterbrechung des fließenden Verkehrs angesehen werden muss. Wird das Verkehrsmittel nicht mehr als solches benutzt, handelt es sich um eine Sondernutzung. Objektive Anhaltspunkte für die Abgrenzung von Sondernutzung und Gemeingebrauch sind u.a. Dauer, Ort und Art der Abstellung.
  • Das Nichtbewegen der Fahrräder und ihre Positionierung lassen auf ihren Werbezweck schließen. Sie sind deutlich sichtbar überall dort aufgestellt, wo viel Publikumsverkehr herrscht und Bedarf an Taxen besteht.

Ergebnis

Die Ordnungsverfügung erging rechtmäßig. Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde rechtmäßig verfügt, weil das besondere öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Taxiunternehmers an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs überwiegt. Mit der Durchsetzung der Ordnungsverfügung kann nicht bis zur Bestandskraft, deren Eintritt noch nicht abzusehen ist, abgewartet werden.

Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/7qe/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&doc.id=MWRE180000412&doc.part=L

Einen ähnlichen Fall gab es in Karlsruhe im Jahr 2016: https://www.weka.de/ordnungsamt-gewerbeamt/werbefahrrad-auf-oeffentlichem-grund-sondernutzung/

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)