29.01.2016

Gesetz zum Beseitigen gefährlicher Schrottimmobilien weitgehend unbekannt

3.000 Seiten Gesetzestext muss jeder Verwaltungsmitarbeiter im Jahr verarbeiten. 2.300 Seiten davon produziert der Bund, ca. 700 jedes Bundesland. Wer liest dann schon jedes Gesetz, besonders dann, wenn es nicht den eigenen Zuständigkeitsbereich betrifft? Daher ist es kein Wunder, wenn eine für die Gemeinden wichtige Änderung des BauGB bei ihnen nicht „angekommen“ ist.

Ruine

2013 hat der Bund das BauGB geändert und den Kommunen die Befugnis eingeräumt, leer stehende und dem Verfall überlassene Gebäude zu beseitigen. Die Vorschrift lautet:

179 Rückbau- und Entsiegelungsgebot

(1) Die Gemeinde kann den Eigentümer verpflichten zu dulden, dass eine bauliche Anlage ganz oder teilweise beseitigt wird, wenn sie

den Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht entspricht und ihnen nicht angepasst werden kann oder

Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 Satz 1 aufweist, die auch durch eine Modernisierung oder Instandsetzung nicht behoben werden können.

(4) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 sind die Beseitigungskosten vom Eigentümer bis zur Höhe der ihm durch die Beseitigung entstehenden Vermögensvorteile zu tragen. Der Kostenerstattungsbetrag kann durch Bescheid geltend gemacht werden, sobald die bauliche Anlage ganz oder teilweise beseitigt ist. Der Betrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück.

Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass leer stehende und sich selbst überlassene Gebäude für die Gemeinden zu einem großen Problem werden. Im Landkreis Kassel beispielsweise gibt es rund 200 Gebäude in diesem baulichen Zustand. Jedes Jahr kommen rund 30 neue Gebäude hinzu. Herabfallende Dachziegel, bröckelnde Schornsteine und herunterhängende Dachrinnen führen die Mängelliste an.

Die Erben dieser Gebäude sind vom flachen Land in die Großstädte gezogen und kümmern sich nicht um ihr ererbtes Eigentum. Das Ergebnis ist Verfall auf dem Land und zunehmende Schandflecke in den Gemeinden.

Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis

Scheuen Sie sich nicht, die Vorschrift bei Vorliegen des Tatbestands konsequent anzuwenden. Dies spricht sich herum und beugt Nachahmungseffekten wirkungsvoll vor. Wir empfehlen, sich mit den Bauaufsichtsbehörden hinsichtlich Auslegung und praktischer Anwendung der Vorschrift abzustimmen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)